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Die Stunde des Verfuehrers

Die Stunde des Verfuehrers

Titel: Die Stunde des Verfuehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ABBY GREEN
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Welten zuteil wird. Für meinen Großvater hieß es leider nur entweder oder. Aber er war der Einzige aus meiner Familie, der sich je für mich interessiert hat. Ich konnte ihm nicht so einfach den Rücken kehren.“
    Alana schüttelte den Kopf. Es fiel ihr schwer, das Ausmaß von Pascals Opfer zu begreifen. Ihr Ehemann hätte an so etwas nicht einmal im Traum gedacht.
    „Die Wahrheit ist, dass ich, wenn ich nicht auf meinen Großvater gehört hätte, wahrscheinlich im Gefängnis gelandet wäre“, fuhr Pascal leise fort. „Die Gang, in der ich damals war, wurde immer krimineller, es waren Drogen im Spiel … wir waren die Schlimmsten der Schlimmsten, Alana. Im Vergleich dazu ist das, was die Jungs, die du hier siehst, in ihrer Freizeit treiben, eine Tee-Party für Mädchen. Lange Zeit gehörte ich nicht zum innersten Zirkel der Gang, doch das sollte sich ändern. Um meine Loyalität zu beweisen, hätte ich eine Mutprobe absolvieren müssen.“
    „Was meinst du damit?“
    „Eine Woche, nachdem ich zu meinem Großvater gezogen bin, wurde ein Mitglied einer rivalisierenden Gang erschossen. Wenn ich noch hier gewesen wäre, hätte die Gang mich für diese Aufgabe ausgewählt. Ich war an der Reihe.“
    Alana griff nach seiner Hand. „Aber du hast es nicht getan, Pascal. Du bist rechtzeitig ausgestiegen.“ Ihr war eiskalt. Sie musste ihm zeigen, dass ihr Entsetzen nicht ihm galt.
    Er hielt die andere Hand hoch, Daumen und Zeigefinger nur einen Zentimeter auseinander. „Ja. Aber ich stand so kurz davor. Und dieses Wissen ist schrecklicher, als du dir vorstellen kannst.“
    „Das kannst du nicht mit Sicherheit sagen. Du weißt nicht, was du getan hättest, wie du dich entschieden hättest, wenn du wirklich in diese Situation gekommen wärst.“
    Pascal sah sie an. Schon immer hatte er das Gefühl gehabt, dass in ihm ein wilder ungezähmter Teil von ihm existierte. Ein Teil, der fähig war, grauenhafte Dinge zu tun. Aber was war, wenn Alana recht hatte? Hätte er vielleicht wirklich eine andere Entscheidung getroffen? Hatte er all die Jahre eine Schuld für etwas mit sich herumgetragen, was er gar nicht getan hätte?
    Blitzschnell entzog er ihr seine Hand und sprang auf. Ein Rugbyball flog auf sie zu, den er mühelos auffing. Unverwandt schaute er Alana lange an, dann drehte er sich um und lief zurück aufs Feld.
    Alana fühlte sich emotional völlig erledigt. Sie konnte sich die Last, mit der Pascal all die Jahre gelebt hatte, nicht einmal ansatzweise vorstellen. Wie schmerzhaft musste es für ihn gewesen sein, seinen über alles geliebten Sport aufzugeben – für die Liebe einer Familie, die ihm erst so spät im Leben geschenkt worden war. Fortan hatte er all seine Energie in seinen Beruf gesteckt. Kein Wunder, dass er so viel erreicht hatte. Und doch war er darüber nicht verbittert, wollte anderen das zuteil werden lassen, was ihm verwehrt geblieben war.
    Erst als die Dämmerung sich über die Pariser Vorstadt senkte, fuhren sie nach Hause zurück. Glücklicherweise hatte Pascal mit den Jugendlichen geduscht und sich umgezogen. Ihre Hormone hatten sich wieder einigermaßen beruhigt. In sich spürte sie ein Gefühl, das weiter und weiter an die Oberfläche drängte. Die Dinge, die er ihr vorhin gebeichtet hatte, ließ sie an ein wachsendes Vertrauen und größer werdende Intimität glauben. Nur traute sie sich immer noch nicht zu ergründen, was diese Veränderung für sie bedeutete.
    Plötzlich müde geworden, unterdrückte sie ein Gähnen. Im Wagen herrschte freundschaftliches Schweigen. Sie fühlte sich sicher und geborgen. Unwillkürlich kuschelte sie sich tiefer in den Sitz. Und dann war sie auch schon eingeschlafen.
    Sie merkte nicht, dass Pascal zu ihr hinüberschaute. Von dem zärtlichen Ausdruck in seinen Augen bekam sie nichts mit. Und dass er eine vorwitzige Strähne hinter ihr Ohr strich, musste Teil ihres Traums sein.
    Pascal zwang sich, den Blick von der schlafenden Alana abzuwenden. Er konnte nicht fassen, dass er ihr so viel über sein Leben anvertraut hatte. Seltsamerweise war es ihm ganz leicht gefallen. Und sie hatte sich auch nicht entsetzt von ihm abgewandt; sie hatte ihn verstanden. Wie war das möglich?
    Wieder sah er zu ihr hinüber. Ihr Anblick schnürte ihm die Kehle zu. Er wusste, dass er sie nie wieder gehen lassen wollte. Irgendwie musste er ihr zeigen, dass sie etwas verband, das über die körperliche Anziehungskraft hinausging.
    Und um das zu erreichen, durfte er sie nicht mehr

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