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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Jahren immer noch dafür sorgen, dass die vermeintliche Mörderin, Gabriela Plarenzi, gehängt würde?
    Unsicherheit und Angst lähmten sie. All ihr Mut schien unter den Trümmern des eingestürzten Forts begraben worden zu sein. Stundenlang stand sie in Gregorius’ Kammer am Fenster und starrte auf den Exerzierplatz vor der Kommandantur. Oft dachte sie dabei an ihren Onkel in Olmütz. Wie es ihm wohl ergangen war?
    Der Feuerwerker hatte ihr eine neue Husarenuniform schneidern lassen, doch zum ersten Mal fühlte sie sich in den engen Hosen unwohl. Ein einfaches Kleid, mit dem sie, ohne Aufsehen zu erregen, das Zimmer hätte verlassen können, wäre ihr lieber gewesen. Ach, Gregorius … Unablässig bemühte er sich um sie. Jede freie Stunde verbrachte er mit ihr. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen, doch konnte sie sich nicht vorstellen, sein Weib zu werden. Vor Gott war sie noch immer die Frau von Janosch Plarenzi. Aus einer Affäre mit einem anderen Mann hätte sie sich kein Gewissen gemacht … Aber heiraten … Das wäre eine Sünde, die ihr nicht vergeben werden würde!
    Manchmal gab sie sich seinen Zärtlichkeiten hin. Es tat gut, in seinen Armen zu liegen … Aber war das Liebe?
    Die Monate verstrichen. Im Februar 1763 wurde in Hubertusburg ein Friedensvertrag geschlossen. Der große Krieg war damit beendet. Tausende waren dafür gestorben, dass sich am Grenzverlauf zwischen Preußen und Österreich nichts änderte. Friedrich durfte Schlesien behalten!
    Die Regimenter wurden in ihre Stammquartiere zurückgeführt. Mit dem Frieden kehrten geordnete Verhältnisse ein. Gabriela aber wagte noch immer nicht, die Kammer in Schweidnitz zu verlassen. Geordnete Verhältnisse, das bedeutete für sie, dass man sich in Österreich nun auf jeden Fall mit dem Oberlieutenant aus den 9. Husarenregiment befassen würde. In den Wirren des Krieges hätte sie vielleicht noch entkommen können …
    Es war an einem Morgen im Mai, als sie von ihrem Platz am Fenster zwei Offiziere in der grünblauen Uniform der Nádasdy-Husaren auf den Exerzierplatz vor der Kommandantur reiten sah. Nun waren sie also gekommen, sie zu holen!
    Sie trat in die Kammer zurück und stellte sich neben den Tisch, auf dem der aufgeschlagene Simplicissimus lag. Sie hatte noch einmal begonnen in dem Buch zu lesen … Hier würde sie ihre Gefangeneneskorte erwarten. In stummer Würde, so wie es sich für einen Offizier geziemte!
    Es dauerte lange, bis sie Schritte auf dem Flur vor dem Zimmer hörte und das wohlvertraute Klirren von Sporen. Sie nahm Haltung an. Die Tür flog auf. Gregorius war der Erste, der eintrat. Ihm folgten Sir und Branko! Gabriela schluckte. Warum hatte man ausgerechnet diese beiden ausgewählt, um sie in Gefangenschaft zu führen!
    »Bei Sankt Patrick!« Der Schotte stürmte quer durch die Kammer und schloss sie in seine Arme. »Es tut gut, dich wiederzusehen … « Er drückte sie so fest, dass sie kaum noch atmen konnte.
    »Sollt ihr mich holen?«, fragte sie leise.
    »Dich holen?« Sir trat einen Schritt zurück. »Naja, vielleicht … Es gibt Gerüchte, die Preußen hätten einen Husarenoffizier gefangen, der sich als Frau entpuppte. Aber niemand weiß, aus welchem Regiment der Offizier war. Und es gibt verdammt viele gefangene Husarenoffiziere … «
    »Du meinst, … ich könnte zurückkehren?«
    »Deshalb sind wir hier! Falls du allerdings lieber bleiben möchtest … « Er sah zum Fenster. »Wir haben ein Packpferd mitgebracht und alles eingesammelt, was von dir beim Regiment zurückgeblieben ist. Vor allem dieses kleine Kistchen mit den Elfenbeinschnitzereien auf dem Deckel.« Er lächelte verschwörerisch. »Bei der Aussteuer würde ich dich sofort heiraten … «
    Gabriela errötete. Sie hatte in dem Kistchen die Geschenke Halimes verwahrt. Allein von der Rose mit den Rubinen könnte man sich schon einen kleinen Gutshof kaufen. Sir und seine Späße! Sie lächelte den Schotten an. »Du meinst also, du könntest sesshaft werden?«
    Gregorius räusperte sich. »Also bevor ihr heiratet, muss ich erst noch die Entlassungspapiere aufsetzen und einen Passierschein ausstellen.«
    Der Feuerwerker wirkte seltsam bedrückt. Hatte er den Spaß seines Freundes etwa ernst genommen? Sie dachte an den Gregorius, den sie vor acht Jahren kennengelernt hatte. Den ausgelassenen jungen Feuerwerker, dem es ein höllisches Vergnügen war, sich mit jedem Pfaffen anzulegen. Der Krieg hatte ihn sehr verändert. Er war still und traurig geworden. Statt

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