Die Suche nach dem Regenbogen
die Tränen aus den Augen liefen, und die Äbtissin sagte: »Pssst«, und dann sagte er: »Susanna, du hast ja keine Ahnung, wie erleichtert ich bin. Und ich dachte schon, ich würde an der ekelhaften Krankheit sterben und dir ins Grab folgen. Ohne dich ist mein Leben leer. Und nun bist du wieder da, und ich will leben und weiß gar nicht so recht, warum, außer weil du bist, wie du bist. Du weißt es, ich weiß es. Mein Gott, hast du mich seit unserer ersten Begegnung genarrt.« Er schüttelte schon wieder den Kopf, so als könnte er nicht fassen, was er sah. Er war wirklich sehr anziehend und auch ein klein wenig häßlich, so wie ich es mag, seine Nase war ein wenig schief, und er dachte auch ein wenig schief, er, der mir statt eines Silberspiegels Vögel geschenkt hatte. »Wenn ich ein Fünkchen Verstand hätte«, sagte er gerade, ohne zu begreifen, was ich in ihm sah, »würde ich dich verändern wollen. Mein Glück, daß so etwas unmöglich ist! Es hat eine Zeit gegeben, da dachte ich, du würdest mich nicht heiraten, weil du deine hohen Gönner in Frankreich und die ganze großartige Glitzerwelt nicht verlassen wolltest. Aber jetzt, wenn ich dich jetzt frage…«
»Frag ruhig, Robert, und warte ab, was ich antworte.«
»Susanna, willst du mich heiraten?«
»Ja, Robert, sehr gern und aus vollem, liebendem Herzen.«
Wir hatten englisch gesprochen, doch die Äbtissin unterbrach uns auf französisch. »Er hat Euch wohl einen Antrag gemacht. Anständig oder unanständig?«
»Anständig, heilige Mutter. Gibt es hier einen Priester, der uns trauen kann?« fragte Robert Ashford. »Ich habe eine Überfahrt im Gefolge des Herzogs und der Herzogin von Suffolk und möchte Mistress Susanna als meine Frau mit nach Haus nehmen. Wir müssen uns beeilen, wenn wir sie noch in Paris antreffen wollen.«
»Der Herzog und die Herzogin? Robert, wen hat der Herzog geheiratet?«
»Die Weiße Königin, und das heimlich, es ist erst jetzt bekanntgeworden.«
»Die Prinzessin? Dachte ich mir's doch, daß sie ein Auge auf ihn geworfen hatte. Wie hat sich das zugetragen?«
»Rothaarige Frauen, Susanna. Die setzen immer ihren Kopf durch.«
»Mein Haar ist nicht rot, Master Ashford. Es hat nur einen Stich ins Rötliche. Aber wenn wir verheiratet sind, Robert, läßt du mich dann malen?«
»Da siehst du, was ich meine. Das würde ich dir nie wegnehmen, Susanna. Es bedeutet dir zuviel. Aber eins mußt du mir schwören: keine falschen Leichen, keine posthumen Gemälde und keine nackten Evas nebst Adam mehr.«
»Ehrenwort, Robert.« Der Schwur fiel mir leicht, denn ich mache ohnedies jeden Fehler nur einmal. Außerdem wollte ich jetzt noch mehr den Tugenden des Rathgebers für das treffliche Eheweib nacheifern und auch das Rezept für Brasse noch einmal ausprobieren. Robert hatte einmal angedeutet, daß er Brasse mochte, und es war Fastenzeit.
Epilog
D ie kleine Silberglocke über der Galerietür am Pont au Change läutete, doch die Kunden gingen einfach durch die Tür hindurch. Das war ein Geflatter und Gezwitscher, als die lockenköpfigen Cherubim von ihrem Würfelspiel auf dem Ladentisch abließen und durch die Decke verschwanden.
»So, so, Hadriel, haben wir dich also doch gefunden. Nun sieh sich einer das an! Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?« Uriels Stimme war tief und grimmig. Hinter ihm stand der Erzengel Michael mit dem Flammenschwert.
»Steck das Schwert ein, Michael. Sonst setzt du noch meine objets d'art in Brand«, sagte Hadriel völlig unbußfertig.
»Wir haben Vater davon in Kenntnis gesetzt, daß du deine Pflichten vernachlässigst. Es würde mich nicht überraschen, Hadriel, wenn Er dich dafür absetzt.«
»Aber es war alles eine Erleuchtung. Sie überkam mich einfach. Du siehst aus, als hättest du seit Ewigkeiten keine Erleuchtung mehr gehabt. Da, siehst du die vielen schönen Dinge, die geschaffen wurden? Mit meiner neuen Geschäftsmethode kann ich meiner Aufgabe zehnmal schneller nachkommen. Ich habe diese ganze Stadt mit einem Gespinst von Erleuchtung überzogen, und im nächsten Monat eröffne ich mehrere Zweigstellen. Was hältst du von Amsterdam?«
»Für uns bist du ein Querulant, Hadriel. Du hast wieder einmal die ganze Welt durcheinandergebracht. Und wo finden wir dich? In einem Laden. So tief bist du gesunken. Du ziehst unseren guten Ruf in den Schmutz.«
»Geht es euch nur darum? Ich glaube, ein Engel kann getrost die Ärmel hochkrempeln und mit anpacken. Ihr seid ja noch überheblicher
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