Die Sünde aber gebiert den Tod
nicht zitiert.«
»Gewiss nicht, denn Euer Prior sieht das völlig anders. Er fuhr mir prächtig über den Mund, als ich ihn darauf hinwies, der Erzbischof verstünde bedauerlich wenig davon, wie die Bürger leben und arbeiten. Das aber ist notwendiges Wissen für einen Herrscher, der das Recht in einer Stadt personifiziert, die von Handel und Handwerk lebt.« Der Ritter seufzte tief. »Außerdem verhält er sich in dem Streit um die Schöffen ausgesprochen ungeschickt. Und mit dieser Meinung stehe ich nicht ganz alleine! Aber Prior Rudgerus sähe gerneseine Stellung gestärkt. Seiner Ansicht nach tut das auch der gesamte Kölner Klerus!«
»Dem Klerus ist es unter dem Rat der Stadt bislang nicht schlecht ergangen«, stellte der Pater trocken fest. »Die Geistlichen stehen unter seinem Schutz und können ihren Aufgaben nachkommen.«
»Eine Tatsache, die dem Erzbischof selbstredend ein Dorn im Auge ist.«
»Sicher. Genauso wie es ihn verärgert hat, dass die Zünfte und die Gaffeln ihre eigenen Rechte beanspruchen. Es hat viel Streit wegen der weltlichen Gerichtsbarkeit gegeben, denn die Kaufleute und Handwerker sehen nicht ein, warum ihre Streitfälle vor einem geistlichen Gericht verhandelt werden müssen.«
»Es mag für die Bürgerschaft ein erstrebenswertes Ziel sein, auch die Gerichtsbarkeit den weltlichen Herren zu unterstellen. Aber vergesst nicht, es gibt auch Bestrebungen, die alte Richerzeche, die nur aus den Mitgliedern des städtischen Patriziats besteht, wieder zu stärken. Prior Rudgerus beispielsweise hängt dieser Richtung an. «
Pater Ivo nickte nur. »Natürlich. Die Patrizier würden gerne ihren alten Einfluss wiedererlangen und den Erzbischof vermutlich als Marionette nach ihren Weisen tanzen lassen. Aber ich frage mich, ob sie sich noch einmal durchsetzen werden. Die Weber sind trotz ihrer Niederlage vor einigen Jahren immer noch mächtig, und sie haben Geld und Einfluss. Die anderen Zünfte auch, und sie verlangen nach ihrem Stimmrecht.«
»Mit Recht, Pater. Mit Recht!«
Almut wurde unbehaglich zumute, dieses Gespräch verlief hart am Rande des Hochverrats. Sie richtete sich auf und hüstelte leise.
»Was war das?«, zischte der Ritter, und geistesgegenwärtig hatte der Benediktiner ihm die Hand auf den linken Arm gelegt.
Almut trat aus ihrer Nische hervor.
»Ich bin es, Pater Ivo. Ich hatte Euch Nachricht geschickt. Ich muss mit Euch sprechen.«
»Ah, Begine! Eure Nachricht erhielt ich nicht. Worum geht es?«
»Um das Kind. Und etwas, was damit im Zusammenhang steht.«
»Gut, ich will Euch gleich meine Zeit widmen.« Er wandte sich an seinen Begleiter und meinte: »Wir können unsere Unterhaltung später fortsetzen, denke ich. Die Beginen vom Eigelstein haben sich eines dringenden Problems angenommen, um das ich mich zu kümmern habe.«
Der Ritter verneigte sich achtungsvoll.
»Meinen ehrerbietigsten Gruß, Schwester!«
»Ich grüße Euch auch, doch der Titel Schwester gebührt mir nicht. Ich bin keine Klosterfrau.«
Pater Ivo nickte und wies auf den Ritter.
»Dies ist Gero von Bachem, ein Gast unseres Klosters, Begine. «
Sie sah sich einem ausnehmend gut aussehenden Mann gegenüber, von gleicher Größe wie der Pater und ebenso kräftig, aber mit Mitte der Dreißig sicher um die zehn Jahre jünger als der Mönch.
»Ich hoffe, Euer Knappe, der junge Fredegar, hat Euch gefunden, Herr Gero. Ich hatte das Vergnügen, ihn zum Kloster zu geleiten.« Verwundert bemerkte Almut, wie der Ritter die Lippen zu einem missbilligenden, schmalen Strich zusammenpresste. »Er war ein ausgesprochen höflicher Begleiter, grollt ihm nicht.«
»Schon gut. Er ist ein wenig geschwätzig, der Junge.«
»Die Begine hat zwar häufig eine scharfe Zunge, mit der sie die Menschheit gnadenlos geißelt, doch ich habe sie schon als durchaus vertrauenswürdige Person kennen gelernt.«
»Wenn Ihr es behauptet, werde ich mich darauf verlassen müssen.«
»Tut das, Ritter!« Er wandte sich an Almut und fragte: »Sagt, Begine, habt Ihr uns belauscht?«
»Nicht wissentlich, Pater. Aber ich konnte nicht umhin, einige Gesprächsfetzen mitzubekommen.«
»Aha. Und nun, welche Schlüsse habt Ihr daraus gezogen?«
Pater Ivo sah fragend auf Almut herab. Die Fältchen um seine Augen hatten sich vertieft, was sie als Zeichen eines gewissen Amüsements zu deuten gelernt hatte.
»Dass man sich durchaus fragen kann, ob der Herr Gero ein Mann des Erzbischofs oder ein Freund der Stadt ist.«
»Die Frage, Ritter,
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