Die Sünde aber gebiert den Tod
Zusammenhang bestehen.«
»Muss nicht. Aber habt Ihr etwas über die Mutter herausgefunden?«
»Nein. Oder – vielleicht doch.« Pater Ivo sah Almut zweifelnd an. Dann gab er sich einen Ruck und meinte: »Begine, es ist wahrscheinlich nicht im Sinne unseres Abts, aber ich werde Euch dennoch erzählen, was wir gestern entdeckt haben.«
Während sie das Seitenschiff auf und ab wandelten, hörte sich Almut mit Grauen den Bericht über den Fund der toten Frau an, ohne eine einzige Zwischenfrage zu stellen.
»Wir haben sie dem Vizevogt übergeben. Er war nicht sehr glücklich darüber«, schloss Pater Ivo seine Ausführungen.
»Könnte... Könnte sie die Mutter des Kindes sein?«
»Möglich ist alles. Dann wäre die Mutter, nachdem sie ihr Kind aussetzte, ermordet worden. Hier, im Kloster. Diese unangenehme Betrachtung haben wir auch schon angestellt. Aber es ergab wenig Sinn für uns.«
»Jetzt hingegen wissen wir von dem belastenden Schreiben in den Windeln des Kindes. Wenn die Frau deswegen umgebracht worden ist, würde es schon einen Sinn ergeben. Der Brief, scheint mir, könnte durchaus eine Gefahr für seinen Besitzer darstellen.«
Pater Ivo erlaubte sich ein kurzes Schnauben.
»Das kann man wohl behaupten. Warum sollte sie aber das Kind dann aussetzen?«
»Das solltet Ihr den Vater des Kindes fragen. Gegebenenfalls büßt er ja mehr als nur einen Verrat?«
»Ihr zieht bösartige Schlüsse, Begine! Der Ritter ist ein ehrenwerter Mann.«
»Wie Ihr meint, Pater. Nun, dann überlasst es unserem geschätzten Vogt, dem Wigbold Raboden, den Fall aufzuklären.«
»Der ist der festen Überzeugung, nur einer unserer Brüder könne der Mörder sein. Er höhnte etwas von Lustmord, als er glaubte, wir hörten ihn nicht mehr.«
»Die menschliche Triebnatur, Pater, soll auch diejenigen, die ein Leben in Keuschheit führen, manchmal mit Macht überfallen.«
Pater Ivo blieb stehen und baute sich vor Almut auf. »Hat Euch eigentlich noch niemand angeboten, Euch die Zunge abzuschneiden?«
»Bis zum Augenblick nicht. Wisst Ihr, Meister Krudenerhat behauptet, Mercurio in Gemini trage die Schuld an ihrem ungebärdigen Verhalten.«
»Und das gibt Euch jetzt für alle Zeit das Recht, sie hemmungslos laufen zu lassen?«
»So man mich reizt!«
»Ich habe Euch nicht gereizt!«
»Nein, Pater Ivo. Überhaupt nicht!«
»Begine!«
»Die Sonne in Taurus schenkt mir nämlich endlose Geduld, bedeutete mir Meister Krudener.«
»Mir kommen allmählich Zweifel, ob die Macht der Sterne wahrhaftig so groß ist, wie man ihnen gemeinhin unterstellt!«
»Aber Mars in Taurus fördert meine Neigung zum Jähzorn, Pater. Und ich habe heute schon mein gerüttelt Maß an Geduld verbraucht!«
Aber es war ein spitzbübisches Lächeln, das diese Worte begleitete, und es vertiefte sich, als er ihr grollend entgegensetzte: »›Die Geduld aber soll ihr Werk tun bis ans Ende, damit ihr vollkommen und unversehrt seid und kein Mangel an euch sei.‹«
»Hat Jakobus gesagt, Pater. Aber auch: ›Selig ist der Mann, der die Anfechtungen erduldet.‹ Und so könnt auch Ihr Euch ein Anrecht auf die Seligkeit erwerben.«
Der Benediktiner zog die Hände aus dem Kuttenärmel und breitete sie wie um Frieden bittend aus. Dann nahm er seine Wanderung wieder auf, und Almut folgte ihm.
»Ihr habt ja Recht«, stellte er in sachlichem Ton fest, »sollte die Frau wirklich die Mutter des Kindes sein, so kennt sie den ›edlen Freund‹. Er könnte natürlich der Vater sein, aber auch ein beliebiger anderer Mann. Wir haben nun mal keinerlei Hinweis darauf, ob es einen Zusammenhang gibt.«
»Ist die Frau jung oder alt?«
»In den mittleren Jahren, schätze ich. Kein junges Mädchen mehr, aber auch keine Greisin.«
»Hat sie Kinder geboren?«
»Ich habe sie daraufhin nicht untersucht!«, kam es etwas steif von dem Mönch.
»Man kann das am Bauch erkennen...«
»Klärt mich nicht über die Anatomie des Menschen auf.«
»Nur über die der Frauen, Pater!«
»Ihr glaubt, das sei nötig?«
»Ich dächte! Aber gut, eine Frau mittleren Alters. Wenn Ihr schon nicht den Bauch...«
»Begine!«
»...dann wenigstens die Hände oder Füße betrachtet habt, werdet Ihr wissen, ob sie eine Bauersfrau oder Handwerkerin oder eine edle Dame war.«
Er zuckte mit den Schultern. »Saubere, weiche Füße, die sicher in Schuhen und Strümpfen gesteckt haben, und gepflegte Hände.«
»So wie das Kind in feine Spitzen und weiche Wolle gekleidet war.«
»Mh. «
»Es muss
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