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Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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war empfindlich kalt.
    »Ist das da nicht der hochnäsige Jungpfau, der neulich meine Wecken bekrittelt hat? «
    Franziska deutete auf den Knaben in seinem dunkelrotenUmhang, der sich erheblich von den Gewändern der einfachen Leute abhob. Almut folgte ihrer Geste und nickte.
    »Ah, Fredegar, der Knappe, richtig. Eigentlich ist er ein ganz netter Junge und seinem Herrn sehr zugetan.« »Wenn Ihr es sagt.«
    Fredegar bemerkte sie ebenfalls und näherte sich ihnen. Er war in Begleitung des pummeligen Novizen, den er als Lodewig vorstellte und der ihm den Rheinhafen zeigen sollte. Ritterlich wie er war, bot Fredegar den beiden Frauen seinen Geleitschutz an, was dem dicken Lodewig hingegen überhaupt nicht zu gefallen schien. Er hatte die Hände tief in den Ärmeln vergraben und starrte hingebungsvoll auf seine Füße.
    »Komm schon, Lodewig. Ein kleiner Spaziergang wird dir nicht schaden.«
    »... ich nichts mit Frauen zu tun ... «, murmelte der Novize abwehrend.
    »Also hör mal! Erstens hast du noch kein Gelübde abgelegt, und zweitens gebietet es die Höflichkeit, den ehrenwerten Damen unseren Schutz anzubieten!«
    »Doch ein arroganter Jungpfau!«, flüsterte Franziska und kicherte hinter ihrem dicken Umschlagtuch.
    »Mhmhm! «
    Verbissen schüttelte Lodewig den Kopf.
    »Na, dann geh ins Kloster zurück!«
    Eilends verzog sich Lodewig, und Fredegar machte eine kleine Verbeugung. »Entschuldigt ihn, gute Frauen, aber der Junge hat ein schreckliches Erlebnis gehabt und ist noch nicht darüber hinweg!«
    »Doch wohl nicht mit Frauen?«
    »Leider doch. Er hat eine Leiche gefunden. Unbekleidet! Und sie hatte...«
    Almut unterbrach ihn mit einer raschen Handbewegung: »Fredegar, ich bin mir sicher, die Mönche wünschen nicht, dass dieser Umstand auf den Gassen gehandelt wird.«
    Der Knappe hatte den Anstand, rot zu werden, und verstummte.
    »Verzeiht. Ihr habt ja Recht.«
    »Gut. Dann begleite uns, wenn du magst, wir gehen zum Mühlenbach. Von dort kommst du auch zum Rhein hinunter und kannst am Ufer zurückgehen.«
    Fredegar zeigte sich als angenehmer Begleiter und ließ sich gerne auf die Kirchen und Klöster, noch lieber aber auf die Märkte, die Stapellager und die Kaufmannshallen hinweisen.
    An einem Backhaus, aus dem der verlockende Duft frischen Gebäcks die kalte Winterluft durchzog, blieb er plötzlich stehen und bat: »Ach, Frau Almut, wartet einen kleinen Augenblick. Ich habe hier die Möglichkeit, meine Buße zu tun!«
    »Im Backhaus?«
    »Ich erkläre es Euch gleich!«
    Fredegar verschwand in dem schmalbrüstigen Haus, in dem einer der zahlreichen Bäcker der Stadt seinem Handwerk nachging, und kam gleich darauf mit vier noch warmen, süßen Wecken in der Hand zurück.
    »Für Euch, Frau Almut. Und auch für Euch, Frau Franziska!«
    »Nanu, welche Großzügigkeit, junger Mann. Womit haben wir das verdient?«
    »Es wurde mir zur Aufgabe gemacht, Frau Almut. Wisst Ihr, ich habe... Na ja, ich habe gebeichtet, und meine Verfehlung in meinem Benehmen Euch gegenüber wurde streng gerügt.« Ein wenig kläglich grinste derKnappe. »Als Wiedergutmachung soll ich Euch, wann immer ich Euch treffe, einen süßen Wecken schenken.«
    Almut hatte Mühe, nicht in helles Lachen auszubrechen. Sie biss sich stattdessen auf die Unterlippe und fragte dann mit beherrschter Stimme: »Wäre es möglich, dass Euer Beichtiger in diesem Falle Pater Ivo war?«
    »Ja, woher wisst Ihr das?«
    »Auch ich habe schon das eine oder andere Mal eine Beichte bei ihm abgelegt. Ich erkenne die Art seiner Bußen.«
    »Die Novizen haben mich gewarnt vor ihm, er sei ein strenger Beichtvater. Aber zu mir war er sehr gütig.«
    »Bei Sünden, die er nicht als besonders schwer einstuft, mag er Gnade walten lassen, aber täuscht Euch nicht in ihm. Er kann in der Tat sehr streng und hart sein.«
    »Das ist er wohl, aber ist es nicht seltsam – Lodewig meint, wenn sie mal ganz tief in den Dung gegriffen haben...«
    »Den was?«
    »Na ja, also, so richtig was Schlimmes angestellt haben, dann gehen sie lieber zu Pater Ivo als zu dem Novizen-Pater beichten. Versteht Ihr das?«
    »O ja, Fredegar. Ich glaube, ich verstehe das. Er lässt dann zwar ein entsetzliches Gewitter über den Sünder niedergehen. Weißt du, man fühlt sich dabei genauso wie eine erbärmliche Krätzmilbe in einem stinkenden Lumpen. Aber anschließend zieht er einen aus der Sch... äh – aus der Schwierigkeit.«
    »Ah ja. Ja, das könnte wohl stimmen. Aber mein Herr behauptet, er sei

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