Die Sünde aber gebiert den Tod
Herr. Er pflegt sein Abendbier in diesem Wirtshaus da zu trinken.« Die Männer deuteten über ihre Schulter auf ein Haus, das schon bessere Tage gesehen hatte, und nahmen den Knappen fürsorglich in ihre Mitte.
Die Schenke war stark besucht, laut und nur wenig beleuchtet, doch der warme Wein kam dem fröstelnden Fredegar sehr entgegen. Seine Begleiter vertrösteten ihn damit, Pitter würde sicher bald eintreffen, und verhalfenihm zu einem weiteren, gut gefüllten Becher schweren Weines. Er hätte auch gerne etwas zu essen gehabt, aber die Schankmaid war offensichtlich zu beschäftigt, seinen Wunsch zu erfüllen. So versank er bald darauf in Wärme und Weindunst und bemerkte von den Machenschaften seiner Kumpane nichts mehr.
30. Kapitel
A ls Almut das Kloster verließ, hatte die Glocke bereits zur Vesper gerufen, aber Fredegar war noch nicht zurückgekehrt, und Gero von Bachem befand sich in gewisser Unruhe. Sie selbst machte sich jedoch viel mehr Sorgen um Pater Ivo. Er fieberte hoch, als sie ihn verlassen hatte. Bruder Markus war ein gewissenhafter Pfleger, aber der Kranke wurde von Träumen – oder Dämonen – geplagt, die der gutmütige Mönch mit Sicherheit nicht vertreiben konnte. Daher, so argwöhnte sie, könnte Pater Ivo, wenn er wieder zu sprechen begann, Bruder Markus in beträchtliche Verwirrung versetzen. Doch ihr selbst war es verwehrt, auch über Nacht bei ihm zu bleiben. Es war schon ausnehmend großzügig von Abt Theo doricus, ihr zu erlauben, sich tagsüber im Kloster aufzuhalten.
Tief in Gedanken versunken ging sie neben der Magd her, die sie begleitete. Doch dann kam ihr plötzlich eine Idee.
»Lys, ich muss noch mal zum Neuen Markt.«
»Aber Frau Almut! Das ist so ein Umweg. Ich hab schon ganz erfrorene Füße!«, jammerte ihre Begleiterin.
»Dann gehen wir eben etwas schneller, dann wird dir warm. Und von Meister Krudener aus kannst du dann gleich nach Hause gehen. Von dort hast du es nicht mehr weit.«
»Aber im Konvent werden sie Euch vermissen!«
»Ich gehe später noch zurück!«
»Aber doch nicht im Dunkeln und alleine!«
»Wird schon nicht so schlimm sein, Lys. Auf, beweg dich!«
Immer einen halben Schritt hinter der Begine, schlurfte Lys also gottergeben durch die Schildergasse und wurde vor der Apotheke dann kurz und bündig verabschiedet.
Almut musste mehrere Male heftig an die Tür klopfen, bis Meister Krudener ihr öffnete.
»Oh! Ihr seid es, Frau Almut. Kommt herein. Ich bin mit einigen heiklen Experimenten beschäftigt, aber Ihr werdet Euch nicht daran stören.«
»Ich hoffe, Ihr braut gerade das Elixier des Lebens zusammen, Meister Apotheker. Es könnte benötigt werden.«
»Was ist geschehen, Frau Almut? Ihr wirkt bedrückt. Ist Eure Gertrud doch schlimmer krank als erwartet?« »Nein, es betrifft keine von uns. Es ist...«
»Nun kommt doch erst einmal in die Wärme. Ich werde einen heißen Wein für Euch eingießen, und dann berichtet mir.«
In einem Kessel blubberte es, Tiegel standen dampfend auf dem Kaminsims, und seltsame Gerüche durchwebten den Raum. Trine rührte in einer Mischung, die streng nach Ammoniak roch. Offensichtlich wurde hier nichts Essbares gekocht, sondern alchimistische Rezepturen ausprobiert. Das Mädchen winkte Almut kurz zu, beugte sich dann aber wieder mit höchster Konzentration über das, was sie gerade zu beaufsichtigen hatte.
Resolut schob Meister Krudener ein aufgeschlagenes Buch, Feder, Tintenfass und auch die graue Katze beiseite,die mit einem unwilligen Maunzen vom Tisch sprang und dann um Almuts Beine strich.
»Hier ist der Wein, Frau Almut. Trinkt erst und sprecht dann.«
Dankbar umfasste Almut mit ihren kalten Händen den warmen Becher und schlürfte das heiße Getränk. Es half ihr, ihre innere Erstarrung etwas zu lösen und mit Bedacht ihre Worte zu wählen. Denn was für eine Beziehung zwischen Meister Krudener und Pater Ivo herrschte, war ihr noch immer nicht recht klar geworden. Der Apotheker hatte ihn zuzeiten mit abgrundtiefer Verachtung gestraft, und doch musste einmal eine enge Freundschaft zwischen ihnen bestanden haben, die einen schmerzhaften Bruch erfahren hatte, als Ivo vom Spiegel in das Kloster eintrat.
»Was kann man gegen hohes Fieber tun, Meister Krudener?«
»Verschiedenes. Es hängt davon ab, wodurch es verursacht wurde.«
»Durch Tortur – Verletzungen, Hunger, Durst und Kälte!«
»Ihr habt wieder einen Flüchtling...?«
»Nein, nein.«
»Nun, ist der Kranke in Sicherheit?«
»Ja,
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