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Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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von sich, die sie zu ergreifen drohten, und ließ ihre Erinnerung laut werden: »Meine Meisterin wusste zu berichten, man habe auch Pater Ivo für das Amt in Betracht gezogen, als die Wahl des Priors vor gut einem Jahr anstand.«
    »Er wäre ein prächtiger Prior geworden, denke ich. Aber höllisch unbequem für den einen oder anderen. Bedauerlich,dass er es nicht geworden ist. Er hat das Zeug dazu, einer großen Gemeinschaft vorzustehen.«
    »Er hat es abgelehnt, heißt es.«
    Nach kurzem Nachdenken nickte der Ritter.
    »Ja, verstehen kann ich das. Er ist in seinem Herzen ein Ketzer. Ich frage mich, warum er überhaupt in einem Orden lebt.«
    »Ihr schätzt ihn sehr?«
    »Sehr, Frau Almut. Zu sehr, um ihm, auf welche Weise auch immer, zu schaden.«
    »Dann werdet Ihr es für Euch behalten. Das mit dem Ketzer.«
    »Selbstredend. Ich war nur der Meinung, Ihr wüsstet es auch.«
    »Ich weiß es. Ich fürchte aber, Rudgerus ahnt es ebenfalls und ist deshalb so unbarmherzig mit ihm umgesprungen. Die Vorwürfe der Unkeuschheit sind nur Vorwand gewesen.«
    »Die beiden sind grundverschieden, Frau Almut. Pater Ivos Denken kennt kaum Grenzen, er stellt in Frage und sucht nach den Hintergründen. Rudgerus anerkennt nur die Grenzen, die ihm gesetzt wurden, und beharrt auf den Formen, die ihm Halt geben. Ein Mann wie Ivo macht ihm Angst, weil er ihm die Krücken wegzutreten droht. Aber mich verwundert, warum der Prior seinem Hass in so gewalttätiger Form nachgibt. Er hat Pater Ivo, seit ich hier im Kloster bin, beinahe täglich gequält, immer viel mehr als die anderen Brüder. Es wird dringend notwendig sein, dass der Abt wieder die Geschäfte übernimmt. Er hat für einen Ausgleich zwischen den beiden gesorgt.«
    »Was für dunkle Dämonen müssen an der Seele dieses Priors nagen!«
    »Dämonen, ja. So könnte man es ausdrücken.«
    »So ähnlich hat unsere Aushilfsköchin es ausgedrückt. Sie meinte damit die Geister der Vergangenheit, die sie im Schlaf und manchmal auch im Wachen peinigten. Aber es sind eigentlich Erinnerungen an schreckliche Ereignisse. Glaubt Ihr, sie werden von Dämonen verursacht, Herr Gero?«
    »Eine interessante Frage, die Ihr da aufwerft. Ihr solltet sie bei Gelegenheit mit dem Pater diskutieren. Ich bin auf dem Gebiet nicht besonders bewandert. Wenngleich ich die These kenne, Dämonen könnten, wenn sie einen Menschen heimsuchen, ihn in die Besessenheit treiben. Vor allem unterstellt man ihnen, sie verursachten die Alpträume, könnten aber auch die Begierde wecken und den Menschen zur Buhlschaft verleiten. Aber das tun Erinnerungen und Wünsche auch.«
    »Dann fragt sich also, welche Erinnerungen und Wünsche an der Seele des Priors nagen. Na ja, das soll meine Sorge jetzt nicht sein. Damit oder mit den Dämonen wird sich der ehrwürdige Vater Abt herumschlagen müssen. Herr Gero, darf ich Euch jetzt verlassen, ich möchte zu Pater Ivo gehen und sehen, wie es ihm geht. Lasst mich rufen, wenn Fredegar wieder zurück ist und Nachrichten für uns hat.«
    »Ich begleite Euch zur Krankenstube, Frau Almut.« Er reichte ihr den Umhang, und sie gingen nebeneinander her über den Innenhof.
     
    »Er schläft noch immer unruhig, Frau Begine!«, erklärte Bruder Markus.
    »Habt Ihr ihm etwas einflößen können?«
    »Wir haben es mit Mohnsaft versucht, aber er ist ein unwilliger Patient. Dennoch, geht hinein und setzt Euchzu ihm. Vielleicht vertreibt Eure Gegenwart die schlimmen Fieberträume.«
    »Oder Dämonen!«, flüsterte Gero so leise, dass nur Almut es verstehen konnte. »Seit ich Euch gestern mit Fackel und Geißel in den Kellern wüten sah, habe ich großes Vertrauen in Eure Macht über die Dämonen jeglicher Art, Frau Begine.«
    »Psst!«
    Pater Ivo ruhte nach wie vor auf dem Bauch, doch selbst das frische weiße Hemd zeigte neue Blutflecken, dort, wo die Wunden durch seine heftigen Bewegungen wieder aufgebrochen waren. Im Augenblick lag er still, doch sein Atem ging schwer, und Schweißtröpfchen hatten sich auf seiner Stirn gebildet.
    »Wenn er aufwacht, Frau Begine – hier ist der Mohntrank. Versucht ihn zu überreden, etwas davon zu sich zu nehmen. Ich würde gerne nach ein paar anderen Kranken schauen. Der feuchte Winter hat uns viele Schnupfnasen und schmerzende Hälse beschert, die versorgt werden wollen. Ruft mich, wenn Ihr mich braucht, ich bin in der Nähe.«
    Almut setzte sich, wie schon am Tag zuvor, an das Krankenlager, doch solange der Ritter noch neben ihr stand, wagte sie es nicht,

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