Die Sünde der Brüder
Angenehmeres, als sich mit vollem Bauch im Warmen aufzuhalten, wenn draußen die Elemente toben. Findet Ihr nicht?«
»Oh, doch.« Wainwrights Lider waren schwer geworden, und er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Seine klare Haut sah im Kerzenschein errötet aus. »Wirklich… angenehm.« Seine langen Finger fassten kurz an seine Halsbinde, als fände er sie zu eng.
Das Wissen, dass es noch andere - noch angenehmere - Arten gab, sich warm zu halten, hing zwischen ihnen in der Luft, berauschend wie die Düfte von Zimt und Wein. Hal und Sir George schienen allmählich aufbrechen zu wollen und drückten sich gegenseitig ihre Anerkennung aus.
Percy ließ die langen, dunklen Wimpern einen Moment auf seiner Wange ruhen, dann hob er sie, und sein Blick traf Grey.
»Vielleicht habt Ihr Interesse daran, mich in Lady Jonas’ Salon zu begleiten - Diderot wird dort sein. Samstagnachmittag, falls Ihr Zeit habt?«
Dann wollen wir also Geliebte sein ?
»Oh, ja«, sagte Grey und betupfte sich den Mund mit der Leinenserviette. Seine Fingerspitzen pulsierten. »Ich glaube schon.«
Nun ja , dachte er, Inzest ist das ja eigentlich nicht , und schob seinen Stuhl zurück, um sich zu erheben.
Tom Byrd, Greys Kammerdiener, rieb mit einem Stück Brot über die Goldbiesen an Greys Paradeuniform, um sie aufzuhellen, und hörte mit lebhaftem Interesse zu, während ihm Grey von dem Essen mit General Stanley und seinem Stiefsohn berichtete.
»Dann hat der General also vor, hier einzuziehen, Mylord?« Grey konnte sehen, wie sich Tom ausrechnete, was diese Veränderung möglicherweise für seine eigene Welt bedeutete; der General würde zweifellos einige seiner eigenen Bediensteten
mitbringen, darunter einen Kammerdiener oder eine Ordonnanz. »Wird ihn sein Sohn ebenfalls begleiten, dieser Mr. Wainwright?«
»Oh, das glaube ich nicht.« Darauf war Grey noch gar nicht gekommen, und er dachte einen Moment darüber nach. Wainwright hatte gesagt, er hätte eine eigene Wohnung, irgendwo in Camden Town. Angesichts der Tatsache, dass Sir George und sein Stiefsohn ein sehr herzliches Verhältnis zu haben schienen, war er davon ausgegangen, dass der General entweder derzeit eine sehr beengte Unterkunft hatte - oder dass Wainwright seine Zurückgezogenheit schätzte.
»Ich weiß es nicht. Vielleicht.« Es war ein Gedanke, der ihn beunruhigte, selbst wenn ihm die Vorstellung nicht unangenehm war. Grey lächelte Tom zu und hüllte sich dichter in seinen Morgenrock, um sich zu wärmen; trotz des Feuers war es kalt im Zimmer. »Aber wenn das der Fall sein sollte, glaube ich nicht, dass er einen Kammerdiener mitbringt.«
»Ah«, sagte Byrd nachdenklich. »Sollte ich mich dann auch um ihn kümmern, Mylord? Es würde mir nichts ausmachen«, fügte er rasch hinzu. »Aber würdet Ihr sagen, dass er ein Dandy ist?«
Der Tonfall dieser Frage war so hoffnungsvoll, dass Grey lachte.
»Das ist sehr gütig, Tom. Er kleidet sich adrett, aber er ist kein Schönling. Ich glaube allerdings, dass er vorhat, ein Offizierspatent zu erwerben. Das würde dann nur noch mehr Uniformen für Euch bedeuten, fürchte ich.«
Byrd gab keine hörbare Antwort auf diese Worte, doch der Blick, den er auf Greys Stiefel warf, die mit Schlamm, Stroh und Pferdemist beschmutzt am Kamin standen, sagte alles. Er schüttelte den Kopf, blinzelte den Uniformrock in seiner Hand an, befand ihn für passabel und stand auf. Dabei fegte er einige Brotkrumen ins Feuer.
»Sehr wohl, Mylord«, sagte er resigniert. »Aber bei der Hochzeit werdet Ihr anständig aussehen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue. Apropos, wenn wir im März nach Frankreich reisen,
solltet Ihr besser noch in dieser Woche Euren Schneider aufsuchen.«
»Oh? Richtig. Dann schreibt mir eine Liste mit allem, was ich brauche. Mit Sicherheit Unterwäsche.«
»Ja, Mylord.« Tom bückte sich, um Holzkohle in die Wärmepfanne zu schaufeln. »Und eine Reithose.«
»Habe ich denn keine?«, fragte Grey überrascht.
»Doch«, sagte Byrd und richtete sich auf, »und der Himmel allein weiß, worauf Ihr Euch gesetzt habt, als Ihr sie das letzte Mal anhattet.« Er warf Grey einen tadelnden Blick zu; Tom war ungefähr achtzehn und hatte ein rundes Gesicht wie ein Pfannkuchen, doch seine missbilligenden Blicke hätten sogar einem alten Knacker von achtzig alle Ehre gemacht.
»Ich habe getan, was ich konnte, Mylord, aber vergesst trotzdem nicht, Euren Rock anzulassen, wenn Ihr mit dieser Hose unterwegs seid, sonst wird jeder
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