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Die Suende der Engel

Die Suende der Engel

Titel: Die Suende der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Tonic?«
    »Immer noch.« Sie sah sich im Wohnzimmer um, während er sich in der Küche zu schaffen machte. Genauso hatte sie sich eine von ihm eingerichtete Wohnung immer vorgestellt: hell, sachlich, viele Bücher. Auf dem Fensterbrett stand eine gerahmte Photographie. Janet trat näher. Ein Junge und ein Mädchen, beide zwischen zehn und zwölf Jahre alt.
    »Meine Kinder«, erklärte Andrew hinter ihr. Er war unbemerkt ins Zimmer gekommen, zwei Gläser in den Händen. »Pamela und Nicolas. Sie leben mit ihrer Mutter in New York.«
    »Du bist...«
    »Ich war verheiratet. Wir haben uns vor drei Jahren scheiden lassen.«
    »Oh...« Sie betrachtete ihn forschend.
    »Clare ist Amerikanerin«, sagte Andrew, »sie wollte
nach unserer Trennung in ihre Heimat zurück. Sie hat das Sorgerecht, und so nahm sie die Kinder mit.«
    »Dann hast du kaum noch etwas von ihnen.«
    »Nein.« Einen Moment lang glitt ein Ausdruck von Traurigkeit über sein Gesicht, dann hatte er sich wieder völlig im Griff. Er reichte ihr ein Glas.
    »Hier. Laß uns auf unser Wiedersehen anstoßen.«
    Sie plauderten eine Weile, wobei Janet allerdings sorgfältig den ursprünglichen Anlaß für ihre Englandreise unterschlug. Sie habe einfach Sehnsucht nach zu Hause gehabt, erklärte sie, und daher beschlossen, für ein paar Tage auf die Insel zu reisen.
    »Dann willst du sicher auch nach Cambridge?« fragte Andrew.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht. Es muß nicht sein.«
    Später gingen sie zum Essen in ein chinesisches Restaurant, und Andrew erzählte von seiner Arbeit. Er hatte als junger Mann vorgehabt, Rechtsanwalt zu werden, hatte jedoch nach seinem Studium und einigen Jahren praktischer Arbeit umgesattelt und war zu Scotland Yard gegangen. Er hatte Janet damals brieflich darüber unterrichtet, und sie hatte sich verwirrt gefragt, was der Grund für diesen Sinneswandel gewesen sein mochte. Sie hatte es nie verstanden, wollte aber auch jetzt nicht gleich danach fragen. Er arbeitete als Inspektor, aber Janet hörte aus der Art, wie er davon erzählte, heraus, daß ihm dies keineswegs genügte. Er war nicht zufrieden - weder mit seinem Dienstgrad noch mit seiner Arbeit.
    »Immer wieder habe ich es mit wirklich scheußlichen Verbrechen zu tun. Mit Menschen, die widerliche Dinge tun, die aber teilweise selbst eine Vorgeschichte haben, bei der man den Eindruck gewinnt, sie konnten kaum anders, als auf die schiefe Bahn geraten. Und im Grunde steht man unendlich hilflos daneben.«

    »Bereust du es, dich nicht doch für die Justiz entschieden zu haben?« fragte Janet. »Würdest du heute wieder diesen Weg einschlagen?«
    Andrew überlegte kurz, nickte dann. »Ja. Ich jammere viel, aber letzten Endes würde ich dasselbe wieder tun.« Über den Tisch griff er nach Janets Hand. »Erzähle von dir. Wie geht es deinen Jungen?«
    »Gut. Alles in Ordnung«, sagte Janet nervös.
    Andrew musterte sie. »Stimmt etwas nicht?«
    »Nein. Es ist wirklich alles okay.«
    »Und... wie geht es Phillip?«
    Janet sah Andrew nicht an. »Er weiß nicht, wo ich bin.«
    »Er weiß nicht, daß du in England bist? Du bist durchgebrannt?«
    »Er weiß, daß ich in England bin. Aber ich habe mich von hier dann nicht mehr gemeldet. Vermutlich telefoniert er bei meinen Verwandten herum, um herauszufinden, wo genau ich mich herumtreibe.«
    »Willst du...?«
    Sie erriet, was er fragen wollte, und unterbrach ihn. »Nein. Ich will nicht darüber sprechen. Nicht jetzt. Ich weiß nicht, wie lange ich in England bleibe, vielleicht ein paar Tage, vielleicht ein paar Wochen. Und in der Zeit möchte ich einfach nicht über daheim nachdenken.«
    »In Ordnung. Können wir uns ein paarmal sehen, solange du hier bist?«
    »Natürlich. Wenn du Zeit hast.«
    Andrew lachte. »Ich habe so viele durchgearbeitete Abende hinter mir, ich habe mir ein paar Stunden mit dir wirklich verdient.«

SAMSTAG, 27. MAI 1995
    Am Samstag nahm Andrew sie mit zu der Geburtstagsparty eines befreundeten Kollegen. Niemand behelligte sie dort mit Fragen, jeder hielt sie einfach für Andrews neue Freundin und begrüßte sie mit großer Herzlichkeit.
    Natürlich, dachte Janet, sieht man mir nicht an, daß ich verheiratet bin und meinen Mann, meine Söhne im Stich gelassen habe. Ob sie mich, wenn sie das wüßten, auch noch so reizvoll finden würden?
    Während der Party hatte Janet einige Male Gelegenheit, Andrew aus der Distanz zu beobachten, während er mit anderen Leuten sprach. Er gehörte zu den größten Männern im Raum,

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