Die Sünderinnen (German Edition)
Dann ging der Mann weiter nach hinten. Er brauchte nicht lange zu suchen, bis er das Schild mit der Nummer eins fand.
Eilig öffnete er seine Aktentasche und holte die Gummischürze hervor. Noch einmal hielt er inne und blickte sich kontrollierend um. Von seiner Position aus konnte er den gläsernen Eingang nicht sehen. Also konnte er hier hinten sein Werk ungestört vollenden. Als er die Tür zur Sauna eins aufzog, lächelte er höhnisch. Trockene Hitze strömte ihm entgegen. Für einen Moment mussten sich seine Pupillen an die relative Dunkelheit in der Kabine gewöhnen, doch dann sah er Susanne Milton.
Erschrocken hielt sie ein Handtuch vor ihren eben noch nackten Körper. Sie wirkte überrascht, schien den tödlichen Ernst der Lage aber noch nicht zu erkennen. Nun, die Zeit würde er ihr mit Vergnügen gönnen.
»Herr Grundstein?«, fragte sie plötzlich. »Ich dachte, es wäre schon jemand vom Reinigungsdienst.«
Verwirrt starrte sie auf die Gummischürze, dann erkannte sie den Dolch in seiner Hand. Während sie um Hilfe rief, weidete er sich an ihrer einsetzenden Angst. Ihre geweiteten Augen erinnerten ihn an das Bild »Der Schrei« von Edvard Munch.
Er spürte förmlich, wie sich hinter ihrer Stirn die Ereignisse zu einem logischen Zusammenhang verknüpften. Schweiß tropfte nun aus allen seinen Poren, aber er spürte nichts als Triumph. Niemand konnte ihn jetzt noch aufhalten. Seine Mission war so gut wie vollendet.
Mit zwei Schritten stand er vor ihr und riss das Badetuch aus ihren Händen. Seltsamerweise erregte ihn ihr nackter Körper, anders als bei den anderen Frauen. Trotzdem durfte er sich jetzt keine sexuellen Gefühle gestatten. Als er den Dolch hob, schlug sie mit den Fäusten auf ihn ein, die Klinge drang in ihren Unterarm. Blut durchtränkte das weiße Badetuch, das neben ihr auf dem Boden lag. Plötzlich konnte er sie nicht mehr erkennen. Der Schweiß brannte in seinen Augen. Während er versuchte, ihn herauszureiben, stürmte Susanne an ihm vorbei zur Tür. Ehe sie jedoch die Klinke berühren konnte, zog er sie an den nassen Haaren zurück. So leicht würde sie ihm nicht entkommen.
Mit rekordverdächtiger Geschwindigkeit raste Mark zu seinen Schwiegereltern. Inzwischen ergab die aufgeschlagene Seite des Telefonbuchs von Essen einen Sinn. Er war ganz sicher, dass Burgmeister noch heute Kontakt zu Susanne aufnehmen wollte. Als Mark darüber nachgrübelte, wie dieser Kontakt aussehen konnte, krampfte sich sein Magen zusammen. Automatisch trat sein Fuß das Gaspedal durch. Er konnte nur hoffen, dass Burgmeister Susanne zusammen mit ihren Eltern und nicht allein antreffen würde.
Zusätzliche Panik stieg in ihm hoch, als er an Jens und Lena dachte. Burgmeister würde keine Rücksicht auf die Kinder nehmen. In seinem blinden Hass würde er nur an Rache denken. Dabei wusste Mark nur zu gut, dass Burgmeister mit seiner letzten Tat auch ihn selbst strafen wollte. Doch was nützte jetzt alles Wissen um die Motive, wenn der dichte Verkehr ihn nicht schneller vorankommen ließ? Als er endlich vor dem Grundstück seiner Schwiegereltern aus dem Auto stieg, fühlte er sich wie am Rand eines tiefen Abgrunds. Er rannte die lange Einfahrt hoch und hämmerte gegen den Klingelknopf.
»Mark hier«, schrie er in die Gegensprechanlage, »mach auf, schnell!«
»Was hast du?«, fragte seine Schwiegermutter, als sie ihm öffnete, und sah ihn leicht strafend an. »Hartmut ist mit den Kindern zum Abenteuerspielplatz gefahren.«
Gott sei Dank!, die Kinder waren in Sicherheit!
»Ich muss sofort Susanne sprechen«, stieß er hervor.
»Susanne ist auch nicht hier«, erwiderte sie leicht beunruhigt. »Sie ist in der Sauna. Das habe ich vorhin schon diesem Herrn erzählt, der es genauso eilig hatte wie du.«
»Nein!«, schrie Mark. »Nein, das ist nicht wahr. Sie ist in großer Gefahr. Dieser Mann ist der gesuchte Serienmörder. Ich muss sofort zu ihr. Und du rufst die Polizei und schickst sie zur Sauna.«
Kopflos wollte er zu seinem Wagen stürmen, doch dann drehte er sich noch einmal um. »Du meinst doch Sauna und Wellness ?«
Hannah Evelyn schien unter Schock zu stehen. Bleich lehnte sie an der Haustür und reagierte nicht.
»Hier im Wellnessclub?«, rief er noch einmal.
Endlich nickte sie, und er rannte weiter zu seinem Auto. Die wenigen Minuten, bis er sein Ziel erreicht hatte, kamen ihm vor wie eine kleine Ewigkeit. Er stürmte die Stufen zum Eingang hoch. Wieso war die Tür verschlossen? Irritiert sah
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