Die Sumpfloch-Saga Bd. 3 - Nixengold und Finsterblau
beruhigt.
„Leider haben nicht alle Mächtigen in dieser Welt aufgehört, nach der Anti-Magikalie zu suchen“, fuhr Estephaga fort. „Sie hat viele Namen, diese angebliche Wunderkraft. Es gibt Zauberer und Crudas, die vor nichts zurückschrecken würden, um hinter das Geheimnis zu kommen. Ein Geheimnis, das vielleicht von Natur aus unergründlich ist. Wer weiß das schon?“
Pollux hatte keine Lust mehr, gekrault zu werden. Er stieß Thunas Hand sehr plötzlich mit einer Tatze zur Seite, sprang wieder auf den Boden und gab ein ausdauerndes Gezeter von sich, das schrill in den Ohren quietschte. Bei diesem Krach ein Gespräch zu führen, war unmöglich.
„Oh, diese Ausgeburt!“, schimpfte Estephaga und rannte aus dem Zimmer. Kurze Zeit später kam sie mit einer Konserve zurück, deren Deckel sie mit einem magikalischen Klatscher aus der Fassung sprengte, und dann stülpte sie den Inhalt in einen Spucknapf, der im Waschbecken herumstand. Das Ganze stellte sie vor Pollux auf den Boden.
„Da, du Nervensäge!“
Die Nervensäge hörte auf zu zetern und stürzte sich auf die geschredderten Vampirmäuse mit frisch aufgeschlagenen Flugwurmeiern, wie Thuna dem Etikett der Dose entnahm.
„Also, wo waren wir?“, fragte Estephaga.
„Böse Zauberer und Crudas sind hinter mir her … wenn ich es richtig verstanden habe.“
„Hast du, mein Kind. Wahrscheinlich bist du sogar nur zu diesem einen Zweck in unsere Welt geholt worden: Irgendjemand hat es darauf abgesehen, deine Kräfte zu erforschen!“
Ja, damit lag Estephaga Glazard wahrscheinlich richtig. Der Irgendjemand war eine uralte, böse Cruda. Im letzten Schuljahr war die Cruda in die Flucht geschlagen worden, doch es war zu befürchten, dass sie eines Tages wieder auftauchte.
„Deswegen wollte ich auch unbedingt mit dir sprechen“, fuhr Estephaga fort. „Mit einem Erdenkind allein lässt sich nicht viel machen. Ganz bestimmt hat sie mehrere von euch geholt. Ich wette, du bist nicht das einzige Erdenkind, das sich gerade in Amuylett herumtreibt!“
Thuna versuchte, erstaunt auszusehen. Dabei erzählte ihr die Lehrerin nichts Neues. Maria und Lisandra waren auch Erdenkinder. Gerald war eins und sein Vater, der Ritter Gangwolf war auch eins. Aber das sollte niemand erfahren, schon gar nicht eine Vertraute der Regierung!
„Du musst ganz ehrlich zu mir sein, Thuna! Dann passiert dir auch ganz bestimmt nichts.“
Thuna nickte.
„Kennst du noch andere Erdenkinder?“
„Hier in Amuylett?“
„Wo sonst?“
„Nein.“
Estephaga kam näher und starrte Thuna dabei unverwandt an. Ihre Augenlider bewegten sich nicht und ihre Pupillen waren so schmal wie Striche.
„Bist du dir ganz sicher?“
Thuna spürte, wie dieser Blick sie drängte, die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit und nur die Wahrheit. Wie war die Frage gewesen? Estephaga wollte wissen, ob sie noch andere Erdenkinder kannte. Aber wen kannte man schon so richtig? Wusste Thuna, was Maria heimlich dachte? Was sie hinter den Spiegeln anstellte, durch die sie hindurchklettern konnte? Was ging Lisandra durch den Kopf, wenn sie sich in einen Vogel verwandelte? Thuna wusste es nicht. Sie hatte Gerald auch nie gefragt, wie sich das anfühlte, wenn er unsichtbar war. Und Ritter Gangwolf hatte sie auch nie kennengelernt. Sie hatte ihn nur mal von Weitem gesehen, auf einem Fledermaus-Segler. Nein, Thuna konnte nun nicht behaupten, dass sie die anderen Erdenkinder wirklich kannte.
„Ich bin mir sicher!“, sagte Thuna fest und erwiderte Estephagas Blick.
Estephaga starrte so angestrengt, dass sich ihre Stirn in Falten legte. Dann entspannte sie sich und atmete tief durch.
„Gut“, sagte sie und entließ Thuna aus ihrem Blick. Die Pupillen in Estephagas Augen wurden wieder runder und entdeckten auf dem Boden die Sauerei, die Pollux veranstaltet hatte. Rund um den leer gefressenen Napf klebten geschredderte Vampirmausreste auf den Dielen.
„Ich beneide dich nicht, Thuna. Es gibt zu viele Wesen in unserer Welt, die sich für die merkwürdigen Kräfte von Erdenkindern interessieren.“
Ja, und dazu gehörte bestimmt auch eine gewisse Lehrerin für Heilmittelkunde.
„Es ist daher sehr wichtig, dass wir beiden gut zusammenarbeiten! Du kommst ab jetzt einmal die Woche zu mir und wir reden über dein Talent und wie du es am besten zu deinem Schutz anwendest. Offiziell bilde ich dich wegen deiner Sanftmütigkeit und deines Talents zur Aushilfskrankenschwester aus. Einverstanden?“
Estephaga sagte es,
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