Die Sumpfloch-Saga Bd. 3 - Nixengold und Finsterblau
Thuna länger als ihre Freundin. Denn mit jedem Kleidungsstück, das sie in ihrer kleinen Tasche verstaute, sank ihr Herz tiefer.
Als der Flugwurm vor der Brücke der Festung Sumpfloch landete, dämmerte es schon und an den Ufern des Sumpfwassers machten behäbige Schatten glucksende und gurgelnde Geräusche. Die Schule, die in den Sommerferien nur sehr wenige Bewohner hatte, war fast dunkel. Einzig an der Kutschdurchfahrt in den Innenhof brannte ein gelbes Licht hinter einem kleinen, vergitterten Fenster. Grazia von Montelago Fenestra konnte sich nicht entschließen, unter diesen Voraussetzungen die Kabine des Flugwurms zu verlassen. Sie verabschiedete sich von ihrem Liebling Maria und unterdrückte dabei tapfer die Tränen. Auch Thuna streichelte sie liebevoll über den Kopf.
„Pass gut auf Maria auf, Thuna! Ich bin ja so froh, dass Maria eine so vernünftige und kluge Freundin hat wie dich. Achtest du bitte darauf, dass Maria jeden Abend ihre Stärkungsmedizin einnimmt? Und sie soll nicht auf die Idee kommen, in diesen Sümpfen zu schwimmen!“
„Mama!“, rief Maria. „Das würde ich sowieso nicht tun!“
„Sie soll auch nicht in den Wald gehen!“
„Ja, Frau Montelago Fenestra.“
„Und immer schön ihre Hausaufgaben machen, damit man sie nicht wieder von der Schule wirft!“
Alban von Montelago Fenestra versuchte unterdessen herauszufinden, wie viel er dem Flugwurmkutscher zahlen musste, damit dieser bereit wäre, Marias Koffer ins Innere der Festung zu schleppen. Sie einigten sich auf eine Summe, die vermutlich dem Monatslohn eines Bankangestellten mittleren Ranges entsprach.
Thuna und Maria stiegen die Treppe hinab, die der Flugwurmkutscher aus der Flugwurmkabine geklappt hatte und traten von der letzten Stufe aus in tiefen Matsch. Hier musste es in den letzten Tagen heftig geregnet haben – der Untergrund war weich und schmierig und überall standen tiefe Pfützen. Die Luft war dampfig und es roch modrig.
„Gehen wir“, sagte Thuna, die endlich der Gefahr begegnen wollte, vor der sie sich den ganzen Tag lang gefürchtet hatte.
Gemeinsam schritten sie über die Brücke und dann durch die Kutschdurchfahrt, die in den Innenhof führte. Je weiter sie gingen, desto düsterer wurde es, und ihre Schritte hallten wie in einer von Menschen verlassenen Straße. Dann erreichten sie endlich den Innenhof, wo ein Mädchen mit schwarzer Haarmähne auf sie zugesprungen kam. Ihr gefährlicher Blick aus giftig grünen Augen brachte vielen Schülern das Fürchten bei, doch Thuna und Maria hatten überhaupt keine Angst vor ihr.
„Scarlett!“, riefen sie.
„Thuna! Maria! Wo kommt ihr denn her?“
„Papa hat uns gerade mit dem Flugwurm gebracht“, antwortete Maria.
„Ich muss zu Estephaga“, sagte Thuna und dabei versagte ihr fast die Stimme. „Sie hat mich per Eilbrief herkommandiert.“
„Was will sie von dir?“, fragte Scarlett.
„Das wissen wir nicht“, sagte Maria. „Du hast auch keine Ahnung, was los sein könnte?“
Scarlett schüttelte den Kopf.
„Estephaga kam erst gestern hier an. Seitdem räumt sie die Krankenstation auf, vor allem ihr Medizinlabor. Ab und zu macht sie die Fenster auf und dann kommen sehr komische Wolken raus. Aber wenigstens seid ihr wieder da! Es war so öde und ausgestorben hier. Bis auf die Bauarbeiten, die waren laut und nervig. Es gab in den ganzen Ferien eigentlich nur einen interessanten Tag und das war, als sie den Teppichklopfer geholt haben.“
Die Mädchen gingen an der umgestürzten Trümmersäule vorüber, die eingezäunt und mit Schutzzaubern versehen worden war. Nur für den Fall, dass der gefährliche General Kreutz-Fortmann tatsächlich darunter begraben lag und Lust bekam, einen Ausflug zu machen. Hinter sich hörten die Mädchen den Flugwurmkutscher grummeln und keuchen, da er einen von Marias Koffern auf dem Rücken schleppte. Vor ihnen ging ein Licht an. In der Tür, die ins Innere des Gebäudes führte, stand eine lange, schmale Person mit einer magikalischen Laterne in der Hand. Es war Estephaga Glazard, die stellvertretende Direktorin und Lehrerin für Heilmittelkunde. Estephaga sah meistens wie ein normaler Mensch aus. Nur wenn ihre Pupillen plötzlich schmal wurden, die Augen rundlich hervortraten und ihre blaue, gespaltene Zunge hervorschnellte, wurde offensichtlich, dass sei ein Tiermensch war, und zwar einer mit Reptilien-Verwandten.
„Meine lieben Kinder!“, begrüßte sie nun Thuna und Maria. „Geht schnell in den
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