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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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ihre Gaben nicht eingesetzt – oder wenn sie es taten, haben sie das streng geheimgehalten. Aus dem, was Kel und Ilene mir über die Geschichte des Roten Clans erzählten, schließe ich, daß Van von Vanima ein Musterbilder, vielleicht auch ein Zukunftsdeuter war. Aber es gibt keine Möglichkeit, das sicher zu erfahren. Selbst heute noch gibt es Gelehrte, die behaupten, diese Gaben seien bloßer Betrug oder Aberglaube.«
    Kerris dachte an Josen. »Im Norden glauben nur die sehr Unwissenden an Hexer.«
    Sefer lächelte. »Und sie haben ganz recht, wenn sie das tun. Und die Hochgelehrten irren sich.«
    Außerhalb des Raumes ging eine Tür auf und schloß sich wieder. Jemand rief etwas draußen im Gang.
    Kerris sagte: »Im Galbareth nennen sie Elath die Hexenstadt. Und sie haben Angst vor diesen Fähigkeiten.«
    Sefer seufzte. »Ich weiß es. Sogar Calwin wird nervös, wenn er hierher zu uns kommt. Manche von den Händlerkarawanen wollen hier gar nicht mehr haltmachen. Aber die Menschen fürchten sich immer vor dem Neuen. Sogar manche unter uns hier tun das.« Ein Schatten des Bedauerns huschte kurz über sein Gesicht. »Keren ist eine Musterweberin, genau wie Kel. Aber sie hat – und wieder wie Kel – es vorgezogen, den Bereich zu beschränken, auf dem sie die Gabe einsetzt, und so benutzt sie sie nur, um über staubigen Archivberichten zu brüten, genau wie Kel sich entschieden hat, seine Gabe des Musterwebens nur für den Tanz, den Kampf und nichts weiter einzusetzen.«
    »Was sollte er denn deiner Meinung nach sonst damit anfangen?« fragte Kerris.
    »Oh ...« Sefer kratzte sich am Kinn. »Forschen. Lernen. Untersuchungen anstellen! Wir wissen so wenig über diese Welt. Denk nur daran, welche Einblicke uns diese Gaben vermitteln könnten! Wir könnten mit ihnen fernreisen bis ans Ende der Welt, zu Ländern jenseits Arun, jenseits Anhard, Länder hinter dem Ozean. Es müssen dort Menschen leben. Und wir könnten mit ihnen sprechen. Wir könnten in die Zukunft blicken, sogar in die Vergangenheit. Wir könnten lernen zu heilen – nicht bloß Fieber und Wunden, sondern das Altern, den Verfall, ja sogar den Tod. Bilden die Sterne ein Muster, wie die Abergläubischen behaupten? Wir könnten es herausfinden. Je mehr wir wissen, desto tiefer wird unser Verständnis des chea wachsen, desto näher werden wir in das Herz der Harmonie hineinfinden, in die Ordnung, die allen Dingen zugrundeliegt und sie durchströmt und beseelt. Wir haben den Wächter erschaffen, damit er uns das chea weist. Aber wir wissen auch sehr wohl, daß dies noch unvollkommen ist. Die Hexengaben kommen vom chea – und wir sind gewißlich dazu bestimmt, sie einzusetzen!« Seine Stimme bebte wie ein Horn, das ein Heer in die Schlacht ruft, und wurde dann sanfter. »Wir wissen so wenig. Stell dir eine Zeit vor, in der Botschaften aus Tornor nach Kendra-im-Delta fliegen, sagen wir, so leicht und schnell, wie ich hier mit dir spreche, Zeiten, in denen die Ernten nicht ausbleiben, Flüsse nicht über die Ufer treten, Zeiten, in denen keiner hungrig bleibt ...« Er lächelte. »Kannst du dir das vorstellen?«
    »N-nicht ganz so leicht«, stammelte Kerris.
    »Nun gut. Ich kann es auch nicht immer sehen. Aber ich hoffe, daß der Tag erscheint, an dem Menschen nach Elath kommen, um diese Gaben beherrschen zu lernen, wie sie jetzt nach Tezera gehen, um das Klingenschmieden zu lernen, oder nach Kendra-im-Delta, um die Seidenwebekunst zu lernen.«
    »Teilen die anderen Lehrer hier deine Ansichten?« fragte Kerris.
    »Mehr oder weniger ja«, sagte Sefer. »Wir diskutieren. Die meisten Menschen, etwa Keren oder Kel, oder dein Onkel, befassen sich mit den praktischen Aspekten der Gaben, also wie man sie nutzbringend einsetzen kann.«
    »Und wie sind sie nutzbringend?« fragte Kerris.
    »Aber das kannst du doch sicher einsehen«, sagte Sefer. Er stützte beide Ellbogen in die Kissen. Das Haar fiel ihm rückwärts über die Schultern. »Heilen, Wettermachen, einen Gegenstand hochheben können, ohne ihn zu berühren, Wahrheitsehen ...«
    »Was ist das?«
    »Zu wissen, ob jemand die Wahrheit sagt, oder nicht. Eine Seele kann eine andere nicht belügen. Das wäre eine sehr wertvolle Gabe für einen Diplomaten. Denk doch nur, wenn der Rat der Städte oder der Rat der Häuser in Kendra-im-Delta einen Inneren Sprecher im Sold hätte – so wie Wachen oder Schreiber.«
    Das klang vernünftig. Kerris' Armstumpf juckte, er rieb ihn sacht. Unter dem Hemdärmel konnte er die

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