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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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Sef.« Das Haar hatte der Mann in einem langen Zopf geflochten, der ihm über den Rücken hing und der mit einer Seidenschleife gebunden war. Sein Hemd war aus rosenfarbener Seide. Die Hände wirkten plump und weich.
    »Wenn du ihn siehst, sag ihm, ich bin im Garten«, antwortete Sefer.
    »Wer war das?« fragte Kerris, als sie den Mann außer Hörweite hinter sich gelassen hatten.
    »Das ist Dorin«, sagte Sefer. »Er lehrt hier. Er ist ein Fernreisender. Er kann mit seinen Gedanken an andere Orte gehen.« Er hielt inne. »Hast du Hunger?«
    »Ein bißchen.«
    »Warte!« Zu Sefers Linken tat sich ein Türbogen auf, halb verborgen hinter einem gestreiften Vorhang. Sefer schob ihn beiseite und ging hinein. Dann kam er aus dem Gemach, oder was immer hinter der Tür liegen mochte, mit einer blütengeschmückten Platte voll fetuch zurück.
     
    Sie saßen auf dem Rasen, knapp außerhalb des Steinkreises. Kerris drehte dem Bildnis des Wächters wohlweislich den Rücken zu. Er aß die Gemüsestengel. Er begann das leichte, milde Aroma allmählich zu mögen. Sefer striegelte sich mit gespreizten Fingern das Haar aus der Stirn. Die Seide seiner Tunika blitzte wie gekräuseltes Wasser in der Sonne.
    Kerris' Magen polterte. Peinlich verlegen wegen seiner Begierde, rollte er sich auf den Bauch. Er stützte den Ellbogen ins Gras. Eine Eidechse huschte über den Boden.
    Sefer schob ihm die Platte hin. »Es gibt genug davon. Nimm noch!«
    Kerris knabberte an einem weiteren Gemüsestengel.
    »Skayin!« Ein Junge kam vom Tanjo her. Als er Sefer erreicht hatte, hockte er sich ins Gras nieder. Er war schlank und dunkel und hatte ein schmales eigenartiges Gesicht. Vorwurfsvoll sagte er: »Wo bist du gewesen? Wir haben dich überall gesucht!«
    Der Junge schloß die Finger über Sefers rechtem Ärmel. Das spitze Kinn und die hohen Wangenknochen erinnerten Kerris an den Flußotter. Sefer lächelte dem Jungen zu. »Korith, dies ist Kerris, Kels Bruder. Kerris, lerne Korith kennen. Er kann mit den Gedanken Gegenstände heben. Wie Ardith und Tazia.«
    Korith lächelte ihn an! »Hallo«, sagte er.
    Kerris erinnerte sich an die Quelle, die plötzlich in die Zypressenzweige hinaufgeschossen war. »Hallo«, gab er zurück.
    »Du bist Tazias Cousin«, erklärte ihm der fremde Junge und zog die Nase in Falten. »Als ich in das Zimmer geschaut habe, war Tazia gerade dabei, Kissen durch die Luft fliegen zu lassen.«
    »War sie allein?« fragte Sefer.
    »O nein. Tamaris war bei ihr.«
    Sefer wirkte erleichtert. »Korith ist außerdem mein Neffe – und eine ziemliche Plage«, sagte er. Er zerzauste dem Jungen das Haar. »Was willst du diesmal von mir, chelito, daß du dich veranlaßt gesehen hast, den ganzen Tanjo in Aufruhr zu versetzen?«
    »Hab' ich gar nicht«, entgegnete Korith würdevoll. »Ich war ganz still. Ich hab' dich schon gestern gesucht, aber du warst beschäftigt. Und ich habe heute den ganzen Morgen ganz allein geübt – und du bist doch jetzt nicht beschäftigt, oder?« Der Junge blickte von Sefer zu Kerris. »Ich möchte euch nicht stören!«
    »Korith übt, wie man über Entfernungen hin mit dem Geist Dinge heben kann«, erläuterte Sefer. »Nein, chelito, du siehst, wir ruhen uns nur aus. Wie weit bist du heute morgen gekommen?«
    Der Junge wedelte die Hand hin und her. »Bis zu den Bändern auf der Stange in Orils Feld!«
    »Das ist sehr gut«, sagte Sefer. »Deine Mutter wäre stolz auf dich. Korith ist Kerens zweites Kind«, erklärte er. »Als sie begriff, daß er ein Hexer ist, schickte sie ihn aus der Stadt fort hierher.«
    Kerris fragte den Jungen: »Macht es dir Spaß?«
    Der dunkelhäutige Bursche lächelte. »O ja! Aber ich vermisse die Stadt manchmal. Und meine Mutter fehlt mir.« Seine Stimme klang sehnsüchtig. »Ich würde sie gern wiedersehen.«
    Ohne es zu beabsichtigen, erhaschte Kerris das Gefühl, das aus dem Jungen hervorstrahlte – Stolz, Liebe, Verlassenheit, Furcht (hastig unterdrückt), Heimweh – und das Bild einer stillen rundlichen Frau mit dunklem Haar, die eine Schattengestalt anstrahlte, die Korith selber zu sein schien ... Anscheinend bemerkte Korith die Anwesenheit von Kerris in seinen Gedanken nicht. Aber Sefer schaute ihn an, als habe er gespürt, daß ein Kontakt hergestellt worden war. Kerris biß sich auf die Lippen. Der kleine Schmerz katapultierte ihn wieder in sein eigenes Denken zurück.
    Sefer sagte: »Die Familie ist ein Geflecht, von dem wir alle ein Teil sind. Auch mir fehlt Keren,

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