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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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könntest.«
    »Aber ich bin nicht ...« Kerris dachte an all das, was er nicht war: nicht angenehm, nicht erfahren, nicht unversehrt ...
    Sefer sagte: »Kerris, du bist weder ein Narr noch ein Schwächling. Die Leute auf Tornor haben dir ein Unrecht angetan, wenn sie dich dazu brachten, das von dir zu denken. Du bist fähig und gescheit – und du bist anziehend. Wenn du mir nicht glauben willst ...« – in seinem Grinsen steckte eine Spur reinster, aber harmloser Bosheit –, »dann frag doch deinen Bruder!« Er koppelte sich ein, es war eine leichte feste Berührung, die Kerris wahrnahm, und fächelte eine Bilderfolge durch das Gehirn Kerris': Kel lächelnd, Kel nackt, Kel, wie er durch ein Zimmer schreitet, sein Haar wie eine feurige Mantilla über den glatten Rücken fallend ...
    Kerris schauderte. »Nicht!«
    Die Bilder verschwanden. »Es tut mir leid«, sagte Sefer ernst, doch die Augen blitzten noch immer amüsiert. »Ich sollte dich wohl nicht necken ...«
    Das Sonnenlicht, das durch die gelbe Glasscheibe strömte, malte einen gelben Fleck auf die weiße Wand. Kerris überlegte sich, ob Sefer das eben absichtlich getan hatte, um ihn in Verlegenheit zu bringen. Grimmig entschlossen nahm er ein Kissen und legte es über seinen Schoß. »Kann ich sowas auch?« fragte er.
    »Bilder in das Denken eines anderen hineindenken? Mit einiger Übung kannst du es. Was aber den Inneren Sprechern am leichtesten zu fallen scheint, ist die Sensitivität für die Gefühle anderer, und eine Art wachsame Bewußtheit, die wir als ›Abtasten‹ bezeichnen. Es ist, wie wenn du deine Hand über Stoffe gleiten läßt, über Material, Seide und Holz und Staub, und dabei ihre Verschiedenheit wahrnimmst, während der Rest deines Denkens draußen bleibt, ganz losgelöst – nur, anstatt Seide oder Staub zu berühren, betastest du in Wirklichkeit mit deinen Gedanken das Denken eines anderen.«
    »Darf ich es versuchen?«
    »Dazu sitzen wir beide hier«, sagte Sefer und machte eine einladende Bewegung mit der linken Hand. »Fang an!«
    Kerris streckte sein Denken aus.
    Sefer begegnete ihm. Laß dein Denken leicht bleiben! dirigierte er. Kerris berührte die kühle helle Außenfläche der Seele des Lehrers. Behutsam begann er den Kontakt, zog sich zurück, berührte erneut – wie eine Wasserspinne auf einer Regenlache, dachte er – und fühlte Sefers Lachen. Es zog ihn hinein. Er verspürte das altvertraute Ausblenden seiner Sinneswahrnehmungen.
    Ist es so richtig?
    Nein, antwortete Sefer. Zieh dich zurück!
    Kerris gehorchte. »Was habe ich falsch gemacht?« fragte er.
    Sefer rieb sich die Wange. »Es war eigentlich nicht falsch, um genau zu sein«, sagte er. »Deine Sensitivität ist scharf. Sie zieht dich in das Denken und Fühlen anderer sofort hinein. Kannst du eine Barriere aufbauen?«
    Kerris brauchte nicht erst zu fragen, was das sei. »Ich hab' es noch nie versucht«, sagte er.
    »Dann versuch es jetzt!«
    »Wie mache ich das?«
    »Stell dir eine Wand vor, eine unendliche Wand zwischen uns. Ohne Risse. Es kann Stein sein oder Ziegel, alles, was du willst. Die Mauer kann nicht zertrümmert werden, und sie kann nicht überwunden werden. Denke diese Mauer!«
    Kerris schloß die Augen. Er stellte sich eine Mauer vor, aus grauem Stein wie die Wälle von Tornor. Das Bild schwankte in seinem Hirn, als blickte er durch Wasser darauf. Die Anstrengung ließ seinen Kopf schmerzen. Er brach ab.
    »Warte!« befahl Sefer. »Ruh dich ein bißchen aus! Du bekommst es schon hin. Es ist nicht so schwer.«
    Kerris wartete, bis sein Kopf aufhörte zu schmerzen. Dann versuchte er es erneut. Das Bild schmolz kristallisierend zusammen und zersprang. Er verspürte einen plötzlichen harten Schmerz. »Aahnn!«
    Halt! Sefers Befehl dröhnte in seinem Schädel. Er verkrampfte sich. Der Schmerz hatte ihm Furcht eingejagt. Er öffnete die Augen. Die Seidenflecken in dem Papier der Wand tanzten vor seinen Augen.
    Er rieb sich die Lider. »Das ist falschgelaufen.«
    »Es dürfte nicht wehtun«, sagte Sefer. »Nichts, was du tust, sollte dir wehtun.« Er erhob sich. »Komm!«
    »Wohin?«
    »Wir werden hinausgehen und eine Weile im Garten sitzen.« Sefer begann die Kissen ordentlich in einer Reihe hinzulegen. »Wir können beide eine Ruhepause brauchen.«
    Kerris schob das Kissen von seinem Schoß und stand auf. Als er den ersten Schritt tat, knackten ihm die Knie.
    Im Gang stand wartend ein untersetzter Mann mit einem breiten Gesicht. »Korith sucht dich,

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