Die Tätowierung
gedauert, bis ihr ihn gefunden habt ? «
»Vier Tage. Nach dem Mord hat er sich sinnlos betrunken. Irgendwann stand er dann auf seinem Balkon und hat geschrien: ›Ich hab sie zerstückelt! Ich war’s!‹ Nachdem er das eine Stunde lang geschrien hatte, waren es die Nachbarn leid und rie f en uns an. W i r m u s sten dann nur noch hinfahren und ihn m itneh m en. Er hatte das Badezim m er nicht einmal ordentlich gewischt, und die Kleider der Schönen lagen a u ch noch auf d e m Fußboden!«
Andersson musste bei dem Gedank e n daran i mm er noch lachen.
»Aber das hier ist etwas anderes. Viel schlim m e r«, sagte er und war sofort wieder ernst.
» W ie m einst du das ? «
»Einen Menschen zu töten und dann die Leiche syste m atisch auszuweiden wie ein … Brathäh n chen. Das ist zie m lich krank!«
»Da bin ich ganz deiner Meinung. Aber schließlich wissen wir noch nicht, was eigentlich passiert ist. Ob es sich um einen Mord handelt oder um einen Nekrophilen, der einen Toten geklaut und zerstückelt hat, um si ch daran aufzugeilen …«
Irene unterbrach sich, als sie m erkte, dass Andersson stöhnte.
»Pfui Teufel. Pfui Teufel ! «, sagte er m it Nachdruck.
Irene nickte und beschloss, das The m a auf sich beruhen zu lassen. Obwohl sie und ihr Chef seit vielen Jahren m it Morden und Mördern zu tun hatten, gab es Dinge, die schlim m er waren als andere.
Aus bloß e m Zufall hatte Irene vor einigen W o chen eine Anzeige in der Göteborgs-Posten entdeckt: »Willkom m en im Friseurcenter am F r ölunda Torg! Jetzt haben wir auch Mittwoc h - und Donnerstagabend b i s 20 Uhr geöffnet!« Sofort hat t e s i e sich ans Telefon gehängt und einen Ter m in vereinbart. Endlich eine Friseuse, die begriff, wann die Kundschaft Zeit hatte, sich die Haare schneiden zu lassen! Sie hatte einen Ter m in um halb sieben bekommen, was ihr sehr gut passte. Da konnte sie vorher noch eine R unde m it Sammie drehen.
Die Zwilli n ge waren direkt nach d e r Schule wieder ausgeflogen. Jenny war sehr m usikalisch und spielte Gitarre und Flöte. Außerdem sang sie in zwei Chören. Heute war der Flötenunterricht an der R e ihe. Von Katarina glaubten alle, dass sie die sch w edische Ju n i oren m eisterschaft im Jiu-Jitsu gewinnen würde, da sie bereits im Vorjahr auf dem Siegertreppchen gestanden hatte. Irene selbst war vor bald zwanzig Jahren Europa m eisterin in diesem Sport gewesen. Da m als war sie die einzige Frau Skandinaviens m it einem s c hwarzen Gürtel, dritter Dan.
S a m m ie wartete bereits hinter der Tür und sprang freudig an ihr hoch. Das ist der Vorteil von einem Hund, dachte Irene. Er ist immer g l eich glücklich, egal wann m an nach Hause kom m t .
Sie hatte n och kaum die Jacke ausgezogen, als das Tele f on kli n gelte.
»Irene Huss.«
»Hallo, Irene. Hier ist Monika Lind. Erinnerst du dich ? « Es dauerte eine W eile, bis bei Irene der Groschen fiel, aber sc h lie ßl ich erinnerte sie sich.
»Natürlich. W i r waren doch jahrelang Nachbarn. Aber seid ihr nicht vor vier oder f ünf Jahren nach T rollhättan u m gezogen?«
»Nach Vänersborg. Vor fünf Jahren.«
Monika Li n ds Tochter Isabell war ein Jahr älter als die Zwillinge. Die Mädch e n hatten v i e l m iteinand e r ges p ielt, als s i e k l einer gewes e n waren, a ber a l s F a m ilie Lind weggezogen war und auch noch bis nach Vänersborg, war der Kontakt immer spärlicher geworden und zum Schluss ganz eingeschlafen. Irene fra g te si c h, was ihre ehe m alige Nachbarin wohl von ihr wollte.
»E s g e h t u m Isabell . Di e Polize i kümmer t sic h nicht . Ich mu s st e einf a c h mi t eine r vernün f tige n Polizisti n sprechen!«
Bei diesem letzten Satz brach Monikas Stim m e. Zu ihrem Entsetzen hörte Irene, wie sie anfing zu schluchzen. Irene ve r su c hte es m it einem beruhigenden Ton f all: » W as ist pa s si e rt? Hat Isab e ll Proble m e mit d e r Poli z ei?«
»Nein, sie ist weg! Verschwunden! Ich habe nach ihr gesucht … aber nie m anden kümmert das!«
W i eder war lautes Schluchzen zu hören.
»Monika, bitte. Versuch, von vorne anzulangen.«
Eine W eile war es still. O ff ensi c htlich be m ühte s i ch Monika L i nd um Fassung. Mit zitternder Sti mm e begann sie dann zu erzä h len: » L etzten Herb s t besuchte I s abell d i e zweite Oberstufenklasse, das sozialkundliche Program m . Aber es gefiel i h r n i cht. Sie hatte d i e ganze Zeit Proble m e, sich auf dem Gy m nas i u m zurechtzufinden. Dann gewann sie
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