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Die Taeuschung

Die Taeuschung

Titel: Die Taeuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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das noch
auf dem Boden gestanden hatte. Es hatte ihr gut getan,
Christopher bei sich zu haben. Unaufdringlich und
verständnisvoll hatte er mit ihr über Peter geredet, über seine
Stärken und Schwächen, darüber, daß er ein guter Freund
gewesen war, dem er, Christopher, nicht hatte helfen können,
als sein Leben aus dem Gleichgewicht geriet.
»Wenn das mit dem Geld nicht dazugekommen wäre«, hatte
er mit unglücklicher Stimme gesagt, »dann hätte sich alles
wieder eingerenkt. Dauerhaft hätte Nadine Joly ihn nicht an
sich binden können. Er wäre zu dir zurückgekehrt, und ich
denke auch, danach wäre ähnliches nicht mehr vorgefallen.
Diese Art von Krise hat ein Mann nur einmal. Wenn sie
vorüber ist, kommt sie nicht wieder.«
Und später hatte er gesagt: »Immer wieder habe ich mit ihm
gesprochen. Du hast eine so nette Frau, habe ich gesagt, eine
so hübsche Frau! Und eine süße Tochter. Du bist wahnsinnig,
deine Familie aufs Spiel zu setzen. Ist dir nicht klar, welchen
Schatz du hast? Vielleicht müßtest du erst einmal in meine
Lage kommen, damit du dein Glück zu schätzen wüßtest. Ich
glaube, er sah durchaus ein, daß ich recht hatte. Und es war
auch ersichtlich für mich, daß er sich langsam löste. Zum
Schluß begriff ich nicht mehr, woran er eigentlich noch hing.
Jetzt ist mir klar, daß ihm seine prekäre Finanzlage den
Rückweg zu dir zu versperren schien.«
Sie hatte seinen Worten gelauscht, nicht aber echten Trost in
ihnen gefunden. Denn da gab es noch Camille Raymond und
vielleicht noch etliche andere, und der Betrug mochte weit
größere Ausmaße gehabt haben, als es selbst Christopher je
geahnt hatte.
Während sie die Asche zusammenkehrte, überlegte sie, ob es
sinnvoll für sie war, Erkundigungen über Camille Raymond
einzuziehen. Herauszufinden, in welcher Art von Beziehung
sie zu Peter gestanden hatte. War es wichtig zu wissen, ob die
beiden ein Verhältnis gehabt hatten? Es mochte sich auswirken
auf das Bild, das sie fortan von Peter haben würde. An ihrem
Kummer, an ihrer Verletztheit, an ihrem weiteren Leben jedoch
konnte es kaum etwas ändern.
Andererseits saß sie nun ohnehin für eine gewisse Zeit hier
unten fest. Sie hatte keine Ahnung, wann man ihr erlauben
würde, nach Hause zurückzukehren. Da sie irgend etwas
Sinnvolles tun mußte, hatte sie bereits beschlossen, am Montag
einen Makler aufzusuchen, der ihr sagen konnte, wieviel Geld
sie beim Verkauf des Ferienhauses erwarten durfte. Daheim
mußte sie dann jedoch noch herausfinden, wie hoch Peter das
Haus beliehen hatte. Am Ende würde ihr kaum etwas bleiben.
Vor ihr lag noch das Wochenende. In ihrem Kopf spukte
ständig ein Name herum, den der Kommissar während des
Gesprächs mit ihr in einem Nebensatz erwähnt hatte. Monique
Lafond. Das war die Frau, die Camille Raymond und ihre
kleine Tochter gefunden hatte. Monique Lafond aus La
Madrague. Madame Lafond hatte bei Camille geputzt.
Putzfrauen bekamen eine Menge mit von dem, was sich im
Privatleben ihrer Arbeitgeber abspielte. Wenn Camille ein
Verhältnis mit Peter gehabt hatte, dann wußte Monique
möglicherweise Bescheid.
Da sie auf diesen Gedanken immer wieder zurückkam, war
ihr klar, daß sie Madame Lafond irgendwann vermutlich
sowieso aufsuchen würde. Warum sollte sie es vor sich
herschieben?
Nachdem sie die Asche in die Abfalltonne in der Küche
gekippt hatte, rief sie bei der Auskunft an und erhielt Monique
Lafonds Adresse. Verblüfft, weil dies so einfach gegangen war,
starrte sie auf den Zettel, auf dem sie die Angaben notiert hatte.
Kurz entschlossen verließ sie das Haus, schloß diesmal alles
sorgfältig hinter sich ab und setzte sich in ihr Auto. Nachdem
sie am Vortag bis mittags im Bett gelegen und bis abends im
Bademantel herumgesessen hatte, erstaunte sie die Energie, die
sie heute aufzubringen in der Lage war. Sie vermutete, daß sie
noch immer auf der Flucht war vor all den Geschehnissen, aber
daß ihre Strategie wechselte: Anstatt sich die Bettdecke über
den Kopf zu ziehen, vermochte sie diesmal keine Sekunde
untätig zu sein.
Monique Lafond war nicht zu Hause. Laura hatte den
Wohnblock mit dem flachen Dach und den vielen kleinen
Baikonen, die einen besonders schönen Meeresblick bieten
mußten, rasch gefunden. Unten gab es nur eine Schwingtür, die
tagsüber nicht abgeschlossen wurde; man konnte ungehindert
ins Innere des Hauses gelangen. Laura klingelte mehrfach oben
an der Wohnung, aber

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