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Die Tage des Regenbogens (German Edition)

Die Tage des Regenbogens (German Edition)

Titel: Die Tage des Regenbogens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonio Skármeta
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jederzeit die gute Nachricht kommen kann. »Aber auch eine schlechte!«, brüllte ich ins Telefon. Daraufhin sagte er eine halbe Minute lang nichts. »Ja, auch eine schlechte«, sagte er. Ich bat ihn um Verzeihung.
    Ich gehe die Alameda runter, vorbei am Santa-Lucía-Berg, in Richtung Parque Forestal. Dort wohnt Laura Yáñez. Sie hat mich zu sich bestellt, weil sie mir etwas sagen will. Worum es geht, weiß ich nicht.
    Aber sie hat gesagt, dass es dringend ist. Ich bin ganz froh, dass ich weder zu Hause noch in der Schule anzutreffen bin.
    Laura Yáñez sieht verdammt gut aus. In der Schule sagen wir zu dieser Art Frauen »rassig«. Sie selbst hat mir mal gesagt: Sie will das rassigste Mädchen Chiles sein. Patricia und sie sind befreundet, weil sie beide das Theater lieben. Meine Freundin sucht sich immer intellektuelle Stücke, mit einer politischen Handlung. Beckett oder Ionesco findet sie urkomisch. Absurdes Theater. Laura ist verrückt nach John Travolta. Sie kann alle Tanzschritte aus Saturday Night Fever , aber sie findet keinen Jungen in ihrem Alter, der mit ihr mithalten kann. Mit ihr und mit John Travolta. Darum geht sie mit älteren Männern.
    Von der Scuola Italiana gehen Laura und Patricia manchmal zusammen ins Kino. Sie sind so unterschiedlich. Patricia möchte nach Italien gehen, um in Florenz die Museen zu besuchen, und das Höchste für sie wäre es, Fellini persönlich kennenzulernen. Sie schwärmt für Amarcord . Laura nicht. Sie träumt davon, eines Tages auf die Titelseite von Vanidades oder Fotogramas zu kommen.
    Sie würde liebend gern in einer Fernsehserie die Femme fatale spielen. Dabei ist sie herzensgut. Wenn sie Millionärin wäre, würde sie alles unter ihren Freunden verteilen.
    Sie ist eine wunderbare Freundin, aber mit diesen Kurven wollen alle sie nur abschleppen.
    Die Jungs sind so dumm und nehmen sie nicht ernst. Darum kommt sie mit ihren Anliegen zu mir. Mit mir ist es etwas anderes, weil ich mit Patricia Bettini zusammen bin. Und ihre beste Freundin betrügen, das würde ich niemals tun.
    Am Ende habe ich ihr meine Wohnung überlassen, damit sie sich dort umziehen kann. Ich habe nicht weiter gefragt. Ich habe selbst genug am Hals, da brauche ich nicht auch noch die Schwierigkeiten der anderen.
    Und jetzt tut sie ganz geheimnisvoll und sagt, dass sie mich sehen will. Sie sagt, sie dankt mir für die Wohnung, aber sie braucht sie nicht mehr. Sie wird mir die Schlüssel zurückgeben. Dass sie jetzt eine eigene Wohnung in Mosqueto hat, in der Nähe des Palacio de Bellas Artes. »Komm mal mit Patricia vorbei. Sie mag doch Bilder.« Ihre Eltern dürfen nichts erfahren. Patricia Bettini soll bloß den Mund halten. Denn wenn sich das in der Schule herumspricht, erfahren es ihre Eltern, und die würden sie umbringen. Aber im Dezember wird sie ihnen dann wohl oder übel die Wahrheit sagen müssen. Sie geht schon einen Monat lang nicht mehr in die Schule.
    Ich drücke die Klingel. Tür 3A. Dritter Stock. Winziger Aufzug. Neubau. Zugelassen für zwei Personen. Schindler. Höchstlast 150 Kilogramm.
    Wenn …
    Ich mag gar nicht daran denken.
    Aber wenn … Wenn sie mich suchen und mich wegen meiner Rede auf dem Friedhof festnehmen wollen, könnte ich mich in der Wohnung von Laura Yáñez verstecken.
    Eine Hand wäscht die andere.
    Ob sie das machen würde?
    Nein, so weit wird es nicht kommen.
    Ich habe alles von »Uncle Bill« auf Englisch gesagt.
    Englisch, meine einzige Sieben, die Bestnote.
    Erstens höre ich gern Rock, zweitens hatte ich bei Don Rafael einen Stein im Brett. Es gefiel ihm, dass ich in der Theatergruppe war. Und jetzt haben sie ihn umgebracht. Einfach so. Obwohl Leutnant Bruna alles ihm Mögliche getan hat.
    Alles einem Mögliche tun, was heißt das dann noch?
    Ich habe die neueste Nummer von Caras im Ranzen. Laura steht auf diese Art Zeitschriften. Hochglanzpapier, Anzeigen über Anzeigen, Klatsch und Mode im Vierfarbendruck.
    »Wie schön, dass du gekommen bist!«, empfängt sie mich, drückt mir einen Kuss auf die Wange und bittet mich herein.
    »Warum diese Geheimniskrämerei?«
    »Erzähle ich dir gleich. Wie geht’s Patricia?«
    Ich sage: »Gut. Patricia geht es gut.«
    Eigentlich weiß ich nicht, wie es ihr geht. Ich habe sie nicht gefragt. Señor Paredes war auch ihr Lehrer. Ihr Vater hat mit seiner »Nein«-Kampagne einen echten Knaller gelandet. Es muss ihr also einerseits elend gehen, andererseits gut. Die »Nein«-Kampagne ist in aller Munde. Bis drei Uhr

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