Die Tagebücher (German Edition)
pro Woche), ein winziger, überhitzter Raum, ein Multi-Milliarden-Dollar-Film und dann habe ich, weil ich besoffen war, Scheiße durch die Hotellobby gebrüllt, Pasta (nicht besonders gut), Geschrei und völlig benebelter Sarkasmus, Suff-Erinnerungen an Felder, Höfe und Dörfer in Frankreich und Italien, das tiefblaue Meer, Scham und Schnaps und Angst und neun Kinder und Lass-mich-in Ruhe und Gaston, der erzählt, er habe Cecile erklärt, dass er sie nicht heiraten könne, weil sie keine Kinder bekommen kann, August ist der übelsteMonat und E., die nach Ausreden sucht – was nicht schwer ist, weil man sie (die Ausreden) ihr praktisch auf dem Tablett serviert –, den Film nicht am Montag beginnen zu müssen, und J. Losey, der sich bisher als arroganter Dummkopf entpuppt hat, sich aber selbst für ein Genie hält, aber man kann wohl kaum in seinem krüppeligen Alter sein, ohne dass es sich je zuvor gezeigt hat, ein schrecklicher Tag, ich hoffe, ich werde so was nie wieder erleben, aber ich werd’s schon morgen wieder und danach wieder und danach wieder. 185
Dass ich in der Lobby »Scheiße« gebrüllt habe, war die einzig richtige Reaktion auf diesen beschissenen Tag.
Mittwoch, 16. 8., Hotel Capo Caccia, Alghero, Sardinien Unser Schiff ist immer noch nicht da. Jeder von uns, ob alt oder jung, verdreht pausenlos den Kopf und hält am Horizont Ausschau. […]
Losey ist ein ziemlicher Knallkopf und Pedant, der sich in jeden Mist einmischt. Der glaubt, er müsse mich die ganze Zeit auf Trab halten. Idiot!
Wir haben ihm am ersten Abend so viel Angst eingejagt, das haben uns jedenfalls die Heymans erzählt, dass er später geheult hat. Ob nun aus Angst oder weil er so genervt war oder aus Enttäuschung, das wissen wir natürlich nicht.
[…] How und Mara wohnen mit allen Kindern in drei Zimmern, weil unser dämliches Boot immer noch nicht hier ist. Scheint aber, sie kommen – wenn auch mit Hilfe von zwei Assistenten und einem Kindermädchen – ganz gut klar. […]
Heute, spät am Abend, kam unser Boot. Ich ging an Bord und fand einen Besoffenen, der ohnmächtig in Lizas Bett lag. Man sollte Barbosa nicht trauen, und der Koch hat ein bisschen Aufsehen erregt. Das Boot sieht aber sehr schön aus.
Donnerstag, 17. 8., Sardinien Als ich heute Morgen runter kam, traf ich auf Dick Hanley. Wenn der doch bloß zurück nach Kalifornien fahren würde. Er ist Halb-Invalide, und ich traue mich nicht, ihn irgendwie anzugehen, weil ich Angst habe, er bekommt einen Herzinfarkt. John Lee soll jetzt auf Dick aufpassen, Jane Swanson hilft den beiden, und jetzt haben die auch noch einen Mann angestellt, der so lange ihre Arbeit macht. Wir haben noch nicht mal ein Kindermädchen.
Gaston hat seine neue Freundin (eine 41 Jahre alte Frau) und deren Tochter mit hierher gebracht. Ich war kurz davor, ihm zu sagen, er solle sie zurück zu ihrer Arbeit in die Schweiz schicken, als uns die Nachricht erreichte, dass sein Bruder gestorben sei. Das Telegramm kam mit vier Tagen Verspätung hier an, so dass die Beerdigung schon vorbei ist. Jetzt muss der Rüffel eben warten.
Ich bin mit Howard losgefahren, um die Drehorte anzugucken. Mit dem Boot. Dem Speedboot. Lustig, wenn er aufgeregt ist – er fängt dann an zu kreischen, fast wie ein Mädchen. […] Wo E. auf eine passive Art leidenschaftlich ist, dreht er richtig durch. […]
[Bis Anfang September gibt es keine weiteren Einträge im Tagebuch. Möglicherweise sind einige Eintragungen aus dieser Zeit verloren gegangen. In dieser Zeit begannen auch die Dreharbeiten zu Bran-dung. ]
SEPTEMBER
Donnerstag, 7. 9.
[An dieser Stelle fehlen wahrscheinlich einige Seiten. Das Tagebuch wurde in Venedig geschrieben, wohin ein Teil der Truppe gemäß der Verabredung mit John Heyman und Joseph Losey gereist war, um einen Ball zu besuchen.]
[…] Nachdem wir die Erlaubnis bekommen hatten, brach die Hölle los. Evan Roberts Tiziani musste E.’s Kabuki-Kleid aus Rom bringen, ihr Kabuki-Kopfschmuck wurde mit dem »Lear«-Jet und Jeanette als Aufpasserin, aus Sardinien eingeflogen. 186 Alexandre Mara und How sind Rollkragenpullover für Howard und mich kaufen gegangen. Wir haben sie am Abend mit Ketten zu unseren Smokings getragen! Überall war Presse. […] Aber das war’s wert, denn Mara hatte den Auftritt ihres Lebens. Und siehe da, am nächsten Tag war der meist gedruckte Schnappschuss das Foto, auf dem E., Mara und Prinzessin Gracia Patricia alle nebeneinander sitzen und umwerfend aussehen. Am
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