Die Tagebücher (German Edition)
sein offenbar exzessiver Alkoholgenuss, scheint jedoch darauf hinzudeuten, dass ihm bewusst war, wie folgenschwer seine bevorstehende Entscheidung sein würde.
Schließlich rang sich Burton durch und entschied sich für Taylor. Sie hatten sich nach den Dreharbeiten zu Cleopatra im Juli 1962 getrennt, begannen sich aber einige Wochen darauf schon wieder zu treffen (Taylor hatte sich kurz zuvor ein Chalet in Gstaad zugelegt). Ihre Affäre setzte sich den Herbst und Winter über in London fort, wo sie während der Dreharbeiten zu Hotel International angrenzende Suiten im Dorchester Hotel bewohnten. Zu dieser Zeit waren Sybil, Kate und Jessica ebenfalls in London und wohnten in dem Haus, das Burton in Squire’s Mount am Rand von Hampstead Heath gekauft hatte. Erst im April 1963, als Sybil mit den Kindern nach New York abreiste, wurden klare Verhältnisse geschaffen. Am 5. Dezember wurde sie von Richard wegen Verlassens und grausamer und unmenschlicher Behandlung geschieden, erhielt das Sorgerecht für Kate und Jessica und bekam eine Abfindung von einer Million Dollar.
In der Zwischenzeit hatte Burton zwei seiner besten Filme gedreht: Becket neben Peter O’Toole in London und Die Nacht des Leguan mit Ava Gardner und Deborah Kerr in Mexiko. Taylor legte eine Karrierepause ein und wich bei beiden Produktionen nicht von seiner Seite. In Mexiko hat-ten sie in dem kleinen Ort Puerto Vallarta gewohnt. Später kauften sie das Haus, das sie dort gemietet hatten – Casa Kimberley –, und ließen es in den folgenden Monaten und Jahren renovieren und erweitern. Das Adoptionsverfahren für Maria lief weiter, mit Burton als Adoptivvater anstelle von Eddie Fisher, von dem sich Elizabeth im März 1964 scheiden ließ.
Zu dieser Zeit waren Burton und Taylor in Toronto, wo Burton für seine Rolle in einer Hamlet -Produktion unter der Regie von John Gielgud probte. Am 15. März, eine Woche nach Taylors Scheidung von Fisher, heirateten Burton und Taylor in Montreal. Anfang April kam Hamlet an den Broadway, der Beginn einer Rekordspielzeit von 17 Wochen mit enormer Publicity. Eine verfilmte Fassung – die einzige Aufzeichnung von Burton in einer Shakespeare-Aufführung – ist erhalten. Nach der Spielzeit erschienen Burton und Taylor im August 1964 in ihrem ersten Film zusammen: … die alles begehren , gedreht in Kalifornien und Paris. Das Werk warkaum der Rede wert, nun wurden jedoch auch Pläne für eine weitere Zusammenarbeit bei Wer hat Angst vor Virginia Woolf? geschmiedet.
An diesem Punkt, zwischen den beiden letztgenannten Filmen, begannen im Januar 1965 Burtons »Tagebuchjahre«. Burton stand zu dieser Zeit kurz vor einer seiner besten Filmrollen – Alec Leamas in Der Spion, der aus der Kälte kam –, gedreht in London, Dublin, Deutschland und den Niederlanden. Danach verbrachten Burton und Taylor verspätete Flitterwochen in Frankreich und der Schweiz, bevor sie in die USA reisten, um Woolf zu drehen. Die folgenden siebeneinhalb Jahre führte Burton Tagebuch, und am besten verfolgen wir seine weiteren Geschicke durch seine eigenen Worte.
URSPRUNG UND ZWECK DER TAGEBÜCHER
»Für wen, fragte er sich plötzlich, legte er dieses Tagebuch an? Für die Zukunft, für die Kommenden.«
George Orwell, 1984
»… niemand hat je ein Tagebuch nur für sich geschrieben.«
Thomas Mallon, A Book of One’s Own
Richard Burton führte Tagebücher, die vollständig oder teilweise eine Spanne von 15 Jahren seines Lebens abdecken. Sie bilden keine fortlaufende Reihe. Das erste ist ein Taschentagebuch, das Richard, damals noch Jenkins mit Nachnamen, im November 1939 im Alter von 14 geschenkt bekam und bis Ende 1940 führte. Das Nächste, das von 1960, als Burton mit seiner Frau Sybil in der Schweiz lebte, ist wenig mehr als ein unvollständiger Terminkalender mit einigen Einträgen in (ziemlich wackeligem) Französisch. Dann, 1965, beginnt das erste einer Serie von Tagebüchern, die bis zum März 1972 reichen. Die früheren sind handgeschrieben, die späteren getippt. Das Erste ist ein gebundener Band, die anderen in Ordnern oder Heftern zusammengehaltene Loseblattsammlungen. Insgesamt beläuft sich diese Sequenz auf beinahe 350 000 Wörter und bildet den zentralen Kern von Burtons Aufzeichnungen. Nach 1972 gibt es Fragmente: ein Tagebuch von 1975 geht über acht Monate, ein paar Seiten aus dem März 1977 und ein umfänglicheres Tagebuch, das die zweite Hälfte von 1980 abdeckt, sowie eines, das Aufzeichnungen vom Frühlingsanfang 1983
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