Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
für Käufe außerhalb des eigenen Währungsraums verwendet werden. Im Umfang der verdrängten Euro-Banknoten, die für Käufe im Ausland verwendet werden und die dann dort ihrerseits die durch Refinanzierungskredit entstandenen Banknoten verdrängen, entstünde ein Verlust für den Rest der Eurozone. Ein solcher Verlust hält sich aber in Grenzen. Wie in Kapitel 9, Abschnitt Was kostet der Konkurs Griechenlands? , schon ausgerechnet wurde, läge er im Falle eines griechischen Austritts bei maximal 3,1 Milliarden Euro für Deutschland. Für die gesamte Eurozone entspräche dies einem Betrag von etwa 11 Milliarden Euro.
Ausländische Schulden bleiben zunächst in Euro bestehen, aber das ist kein Sonderthema des Austritts. Wie schon in Kapitel 4, Abschnitt Warum offene Abwertungen leichter sind, erläutert wurde, gibt es bezüglich der Auslandsschulden keinerlei Unterschied zwischen einer inneren Abwertung durch Preissenkungen und einer äußeren Abwertung nach der Einführung einer neuen Währung. Und es sei auch noch einmal betont, dass es für die Gläubigerländer in ihrer Gesamtheit kein Nachteil ist, wenn abgewertet wird, weil dies die einzige Möglichkeit ist, das Land wieder zahlungsfähig zu machen und sicherzustellen, dass überhaupt irgendwelche Ressourcen für die früheren Kredite zurückkommen. Der Weg zu einer Rückzahlung von Auslandsschulden führt immer über eine Abwertung und insofern immer über eine anfängliche Erhöhung der Schuldenquote. Man sollte sich bei seinem Urteil zu dieser Problemlage nicht von der Optik leiten lassen.
Manchmal wird befürchtet, dass es nach der Abwertung eine Inflation gibt, die den Abwertungseffekt sofort wieder zunichtemacht. Diese Befürchtung wäre zwar gerechtfertigt, wenn die Abwertung ausgehend von gleichgewichtigen Güterpreisen stattfände, aber die liegen ja nun bei den Problemländern der Eurozone gerade nicht vor. Schließlich sind diese Länder durch den inflationären Boom, den der Euro brachte, zu teuer geworden und stecken nun mit ihren überhöhten Preisen im Euro fest. Da es eine nominale Lohn- und Preisstarrheit nach unten gibt, die Preis-Uhr also keinen Rückwärtsgang hat, führt der Weg zum Gleichgewicht zwingend über die äußere Abwertung, wenn der Rest der Eurozone nicht bereit ist zu inflationieren. Die äußere Abwertung würde nur dann zu einer Inflation führen, wenn die Abwertung zu weit ginge und die Preise insofern unter ihr Gleichgewichtsniveau gedrückt würden. Netto gerechnet käme dann aber immer noch eine effektive Preissenkung bis auf das Gleichgewichtsniveau zustande.
Wenn die Abwertung und die notwendigen Reformen stattgefunden haben, ist der Rückweg vom EWS II in die volle Euro-Mitgliedschaft relativ leicht zu bewerkstelligen, weil das Problem des Banknotenumtausches sich dann nicht mehr in ähnlicher Form stellt. Schließlich wird ja niemand seine nationale Währung verstecken wollen, wenn sie nach dem Umtausch nirgends mehr genutzt werden kann, sondern damit eilig zum Bankschalter laufen, um sie in Euros umzutauschen.
Wenn der zweite der oben beschriebenen Wege gewählt wurde, wenn also alle Banknoten des Eurogebiets abgestempelt oder in neue Noten umgetauscht werden, dann hat das Austrittsland durch die Währungsumstellung keinen Gewinn. Insofern kann man ihm erlauben, heimische Banknoten wieder in neu zu druckende Euro-Banknoten umzutauschen, ohne dafür zahlen zu müssen.
Wenn freilich der dritte Weg gewählt wurde und dem Austrittsland die beim Austritt dort noch zirkulierenden Euro-Banknoten geschenkt wurden, dann sollte die heimische Währung beim Wiedereintritt nur gegen Bezahlung mit marktfähigen Wertpapieren umgetauscht werden können, weil im Umfang des Wertes dieser Währung Euro-Banknoten für Käufe in das restliche Euroausland geflossen sind und die dort durch Refinanzierungskredit geschaffenen Euros verdrängt haben. Aber das sind Details, die von der grundsätzlichen Problematik nicht ablenken sollten.
Die Möglichkeit der offenen Abwertung ist für die Funktionsfähigkeit des Eurosystems von vitaler Bedeutung. In Kapitel 4 war im Abschnitt Marktversagen oder Staatsversagen? schon auf ein fundamentales Dilemma der Eurozone hingewiesen worden: Das Eurosystem braucht einerseits eine unbegrenzte Feuerkraft, um Zahlungsbilanzprobleme mit frischer Liquidität aus der Notenpresse bekämpfen zu können. Andererseits braucht es aber auch harte Budgetbeschränkungen und Zinsspreizungen nach der Bonität der
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