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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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habe!«
    »Hätten Sie es gern geliefert?«
    »Geliefert? Liefert Finnegan’s jetzt?«
    »Ja, Ma’am. Am Samstag und während der Woche am Nachmittag, wenn meine Lieferkräfte aus der Schule kommen.«
    »Was kostet das?«
    »Für Sie nichts, Mrs. Owens.« Niemand mußte dafür bezahlen, aber das brauchte ja nicht erwähnt zu werden.
    »Also gut, schön!« sagte die Frau geschmeichelt. »Und geben Sie mir noch ein Bund von diesen hübschen Narzissen. Die nehm ich gleich mit, weil ich ja sonst nichts tragen muß. Und die Jungs sollen auf meinen Milchkrug aufpassen!«
    Mrs. Owens bezahlte und ging. Sofort wandte sich Fiona ihrer nächsten Kundin zu. »Also, Mrs. Reynolds, danke für Ihre Geduld. Was hätten Sie denn gern?« Und nachdem Mrs. Reynolds bedient war, gab es immer noch eine lange Schlange von Frauen, um die sie sich kümmern mußte. Fiona wurde ständig in Trab gehalten, aber sie war begeistert. Die Leute kauften! Sie kauften Milch, Brot und Mehl – in Mengen –, aber auch die teureren Artikel: frische Blumensträuße, Marys Plätzchen und das frische Frühlingsgemüse aus der Auslage.
    Wegen des Schaufensters hatte sich Fiona endlos den Kopf zerbrochen. Bis zur letzten Minute hatte sie gewartet und war erst am Morgen damit fertig geworden. Noch nie hatte sie ein Schaufenster dekoriert und wußte nicht, wo sie beginnen sollte, aber sie wußte, daß es auffallend und attraktiv sein sollte, um die Passanten anzuziehen. Als die ersten Sonnenstrahlen auf die Straße fielen, begann sie, in Panik zu geraten. Dann erinnerte sie sich plötzlich an Joes Rat: »Es ist alles eine Frage der Präsentation, Fee. Das verlockt die Kunden zum Kaufen.« Ihr Blick fiel auf eine Kiste Spargel – den sie eigentlich gar nicht hatte kaufen wollen, weil er so teuer war –, aber der Gemüsehändler überzeugte sie, als er sagte, daß sich die Leute nach dem langen Winter nach frischem Gemüse sehnten und viel dafür ausgeben würden. Und ihr Blick schweifte über die zarten neuen Kartoffeln … die goldenen Brotlaibe, die der Bäckerjunge lieferte … die Narzissen, die Alec gezogen hatte … und die braunen, gesprenkelten Enteneier in dem Korb, an dem noch Heu klebte … und dann hatte sie eine Idee.
    Sie lief nach oben und nahm ein weißes Tischtuch aus Mollys Wäscheschrank. Aus dem Wohnzimmer holte sie eine grüne Vase und aus der Küche eine blauweiß gesprenkelte Emailleschüssel. Aus dem Keller kehrte sie mit einer leeren Obstkiste, einer großen runden Plätzchendose und ein paar Körben zurück, kletterte ins Schaufenster und machte sich an die Arbeit. Als sie fertig war, ging sie nach draußen und sah sich das Ergebnis an.
    Was sie geschaffen hatte, war ein perfektes Bild des Frühlings. Ihr kleines Arrangement kündete von den warmen, fruchtbaren Tagen, die bevorstanden. Es war herzerfrischend und fröhlich und erfreute die Passanten, die von Wintergemüse und alten Kartoffeln genug hatten.
    Das Schaufenster verkörperte für Fiona die erste und wichtigste Handelsregel, die sie von Joe, von den Märkten und Auslagen in Whitechapel gelernt und sofort begriffen hatte: Erzeuge einen Wunsch in den Menschen, und sie werden kaufen.
    Eine Frau, die ins Fenster gesehen hatte, kam herein, gefolgt von einem atemlosen Ian. Fiona deutete auf Mrs. Owens’ Einkäufe und gab ihm die Adresse. Schnell packte er die Ware in eine Kiste und lief los. Danach kam Robbie herein, und sie gab ihm Mrs. Reynolds Waren zur Auslieferung. Ärgerlich dachte sie, welche Hilfe ihr Onkel sein könnte, wenn er mitarbeiten würde anstatt sich bei Whelan’s zu betrinken. Gestern hatte sie ihn gezwungen herunterzukommen, um die klemmende Kassenschublade zu reparieren und ihr zu zeigen, wie man die Markise ausrollte. Das hatte sie einen weiteren Dollar gekostet. Und während er im Laden war, hatte er viele ihrer Einkäufe kritisiert.
    Einige Lieferanten hätten ihr das Doppelte von dem verkauft, was er für eine Woche bestellt hätte, und ihre Unerfahrenheit ausgenutzt. Er schlug ein Ei auf, stieß den Finger in den Dotter und erklärte ihr, daß es nicht frisch sei. Dann steckte er die Hand ins Mehlfaß, ließ es durch die Finger rieseln und fand Mehlwürmer darin. Er entdeckte drei Kisten Tee von Millard’s, meinte, daß sie viel zuviel gekauft habe und daß er verderben würde, bevor sie ihn an den Mann gebracht hätte. Er untersuchte die Kiemen eines Fischs und erklärte ihr, daß er verdorben sei. Wütend erwiderte sie, daß nichts davon

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