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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Wehen nicht stoppen. Es ist eine Gnade, daß er auf diese Weise gestorben ist.«
    »Es war ein Junge«, sagte Joe tonlos.
    Der Arzt nickte und legte die Hand auf Joes Schulter. »Er wurde zu früh geboren, um außerhalb des Mutterleibs überleben zu können. Er hätte nur gelitten. Sie wird noch andere Kinder bekommen. Nach einiger Zeit.«
    »Soll ich zu ihr reingehen?« fragte Joe und wollte aufstehen.
    Dr. Lyons drückte ihn auf seinen Sitz zurück. »Nein, nein«, antwortete er schnell. »Das ist keine gute Idee. Noch nicht. Mr. Peterson wird gleich rauskommen. Er wird Ihnen Bescheid sagen.« Der Arzt ging, um zu frühstücken, und sagte, er werde in etwa einer Stunde wieder nach Millie sehen.
    Joe sackte auf die Bank zurück und fühlte sich zu leer, um zu weinen. Das Baby war tot geboren worden. Wie alles in seinem Leben, wie seine Träume, seine Hoffnungen. Wie alles, was er sein wollte – gut, liebevoll, aufrecht. Ein liebender Ehemann und Vater. Seit er den Stoß des kleinen Wesens gespürt hatte, hoffte er, es in seinen Armen halten, es lieben und für es sorgen zu können. Seine kleinen, suchenden Bewegungen waren ihm wie ein Versprechen erschienen, daß aus all dem Elend etwas Gutes erwachsen würde. Aber jetzt war das Baby tot. Seinetwegen.
    Die Tür von Millies Zimmer öffnete sich, und sein Schwiegervater trat heraus.
    Joe stand auf und sah ihn an. »Will sie mich sehen?« fragte er.
    Tommy blieb bewegungslos mit geballten Fäusten stehen, auf seinem Gesicht ein Ausdruck kalter Wut. »Der einzige Grund, weshalb ich dich nicht gleich auf der Stelle umbringe, ist Millie«, sagte er schließlich. »Sie hat mir alles erzählt. Wie es zwischen euch war. Von dem Mädchen. Fiona. Ich weiß nicht, ob sie das eigentlich wollte. Sie war nicht ganz bei sich vor Schmerzen und Chloroform. Sie hat mir von der Guy-Fawkes-Nacht erzählt … und ihrem Anteil dabei. Nicht leicht, sich das anzuhören.« Er sah zu Boden, seine Kiefer mahlten, dann richtete er den Blick wieder auf Joe. »Ich will dich aus dem Haus haben. Aus unserem Leben. Nimm, was dir gehört, und geh. Es wird eine Scheidung geben, wegen Ehebruchs. Durch dich. Wenn du widersprichst, werde ich …«
    »Das werde ich nicht«, antwortete Joe. Scheidung, dachte er. Er wäre wieder frei. Sollte er sich darüber freuen? Das tat er nicht. Er empfand Mitleid und Scham. Niemand ließ sich scheiden. Das war eine häßliche, skandalöse Sache, und die Tatsache, daß Tommy sie gefordert hatte, zeigte nur, wie sehr er ihn verachtete. Der Mann, dessen Anerkennung ihm einst alles bedeutet hatte. Joe nahm seine Jacke. Er sah zur Tür. »Ich möchte ihr sagen, daß es mir leid tut«, sagte er.
    Tommy schüttelte den Kopf. »Laß sie in Ruhe.«
    Als Joe den Korridor hinunterging, rief Tommy ihm nach: »Warum? Warum, du dummer Kerl? Du hast es doch geschafft gehabt. Du hast alles gehabt – alles, was du dir je wünschen konntest.«
    Joe drehte sich um und sah ihn mit traurigem, bitterem Lächeln an. »Alles, Tommy, und doch nichts.«

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    U nd dann noch zwei Lammkoteletts … die großen da, ja … ein Pfund Perlzwiebeln, ein Bund Petersilie und ein halbes Pfund ungesalzene Butter. Sie haben doch auch Porridge, nicht?«
    »Natürlich, Mrs. Owens«, sagte Fiona und eilte ihrer Kundin nach, die sich durch den vollen Laden drängte. »Seamie, Schatz, bring noch Äpfel rauf«, rief sie ihrem Bruder zu. Er leerte gerade die Zitronen in einen Behälter und rannte in den Keller zurück.
    Jemand nahm sie am Ellbogen. »Ich möchte was von Ihrem Tee, meine Liebe. Ich habe den Coupon von einem Reklamezettel … das Viertelpfund? Er geht Ihnen doch nicht aus?« Es war Julie Reynolds, die gegenüber wohnte.
    »Miss! Miss!« rief eine andere Stimme. »Ich möchte was von dem Madeirakuchen, bevor er aus ist!«
    »Bin gleich bei Ihnen, Ma’am!« antwortete Fiona. Sie wandte sich wieder Mrs. Reynolds zu. »Keine Sorge, Mrs. Reynolds. Ich hab noch zwei Kisten im Keller. Wenn Sie noch eine Minute warten können.«
    Ein ungeduldiges Klopfen war zu hören. »Junger Mann, ich möchte Mehl, bitte!« Eine ältere Frau klopfte mit dem Knauf ihres Stocks auf die Ladentheke.
    »Sofort, meine Liebe«, antwortete Nick und drängte sich zu Fiona durch. Er wog ein Pfund Äpfel ab, während sie Perlzwiebeln aus einem Korb holte. Sie tauschten schnell ein flüchtiges Lächeln aus. »Mein Gott, der Laden brummt ja! Ich hab ein Bündel Coupons von deinen Reklamezetteln in der Tasche und noch

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