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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Maud ebenfalls findet. Sie hält sie für brillant. Sie geben dem Ort ein ganz einzigartiges Flair von Luxus und Exklusivität.«
    »Mein Gott, Joe, das ist doch ein Laden, kein Museum.«
    Joe hielt abwehrend die Hände hoch. »Ich weiß, ich weiß … wart einfach ab, bis du sie gesehen hast, Cathy. Sie sind einfach sensationell und ungewöhnlich und genau das, was uns von den andern abheben wird.«
    »Und was ist verkehrt an weißen Wänden?« fragte Cathy.
    »Ach, die sehen ja nach Schlachthaus aus.«
    »Und die Böden?«
    »Gefliest. Nicht weiß, sondern blau und grün. Mit unsichtbaren Drainagen. Deine Mädchen können sie einfach mit Seifenwasser abwaschen«, sagte Joe. Cathy wirkte erleichtert. Sie war für ihre penible Sauberkeit bekannt und warf Leute wegen verschmierter Fenster oder schmutziger Böden auf der Stelle raus.
    »Und im ersten Stock? Und im Restaurant?« fragte sie.
    »Pfauen«, antwortete Jimmy.
    » Pfauen! Die überall rumscheißen? Seid ihr verrückt?«
    »Keine echten Vögel, nur Gemälde«, sagte Jimmy hastig.
    Cathy sah von Jimmy auf Joe. »Ich kann es gar nicht erwarten, das Geschäft zu sehen. Ist es fertig?«
    »Fast«, antwortete Joe. »Maud arbeitet rund um die Uhr, um vor ihrer Reise alles fertig zu kriegen. Sie fährt nächste Woche nach China.«
    »Ich weiß. Sie kam letzte Woche in dem Laden in Chelsea vorbei, um die Maler auszuschimpfen. Sie haben die Fensterumrahmungen in der falschen Farbe gestrichen.« Sie nahm einen Stift und hielt ihn wie eine Zigarette. »Aubergine, mein Lieber«, sagte sie mit dramatischer Stimme. »Ich hab Aubergine gesagt, und Sie liefern mir ein abscheuliches, grelles Purpur!« Sie berührte mit dem Handrücken die Stirn und sank wie ohnmächtig zu Boden.
    »Steh auf, du albernes Ding. Sie ist nicht so«, sagte Joe.
    »Doch! Du hättest ihr Haar sehen sollen! Es ist kurz!«
    »Ich hab’s schon gesehen. Können wir gehen?«
    »Ist das alles, was du gesehen hast?« fragte Cathy hinterhältig.
    Joe sah seine Schwester verständnislos an. »Wie bitte?«
    Cathy zuckte die Achseln. »Ach, nur so«, antwortete sie und stand auf. »Maud hat gesagt, sie könne es gar nicht erwarten, nach China zu kommen. Offensichtlich will sie einem blauäugigen Teufel entkommen. Namen hat sie keine genannt. Vielleicht weißt du, um wen es sich handeln könnte?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte er unwirsch und griff nach seinem Jackett. »Kommt, wir wollen gehen.«
    »Gut! Da bin ich aber froh«, sagte Cathy und hielt ihren Bruder fest, um seine Krawatte zurechtzurücken. »Weil ich jemanden im Sinn hab für dich. Sie kommt zu Jimmys Hochzeit. Ein nettes Mädchen aus Stepney …«
    Joe nahm seine Schwester beim Kinn. »Laß das. Sofort«, sagte er ernst. »Ich bin nicht auf der Suche nach einer Frau. Ich bin mit meiner Arbeit verheiratet, und so gefällt’s mir, ja?«
    »Schon gut, schon gut«, antwortete Cathy und schlug seine Hand weg. »Ich sag ja nichts.«
    »Das bezweifle ich«, warf Jimmy ein.
    »Wenigstens jetzt. Kommt, beeilt euch. Ich will den Laden sehen. Zeit ist Geld, und ihr zwei vergeudet beides.« Mit einem Lied auf den Lippen marschierte sie aus Joes Büro.
    Joe sah Jimmy an und Jimmy Joe. Er zuckte die Achseln. »Es war deine Idee, sie das Flaggschiff führen zu lassen«, sagte er. »Viel Glück, alter Junge.«

   64   
    N ick lag im Bett und sah das Mondlicht durchs Fenster strömen. Er war aufgewühlt, konnte nicht schlafen und hatte das Gefühl, eine Zentnerlast drücke ihm auf die Brust, so daß er kaum atmen konnte. Es war so anstrengend, die Luft einzuziehen und wieder auszustoßen. Es ermüdete ihn entsetzlich.
    Er setzte sich auf und versuchte, den Druck auf seinen Lungen zu verringern. Es klappte nicht. Statt dessen schoß ihm ein peinigender Schmerz durch die Brust und den linken Arm, der taub wurde.
    Nick wußte, daß er starb, und er hatte Angst.
    Wieder durchzuckte ihn ein Schmerz. Er stöhnte leise auf. Die Krankheit quälte ihn, und er wünschte sich, von ihr befreit zu sein, dennoch hatte er Angst loszulassen. Er rang nach Luft, versuchte, die Pein in seiner Brust zu ertragen, die halb verloschene Glut seines Lebens am Glimmen zu halten.
    Der Schmerz ließ ein wenig nach, und ein tröstliches Bild erschien vor seinen Augen – das Gesicht seiner alten Liebe. Henri zu sehen beruhigte ihn. Wo immer er auch hinging, vielleicht wür-de Henri dort auf ihn warten. Und vielleicht wäre es nicht so schrecklich, wie er es sich vorstellte. Vielleicht

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