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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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ihnen.«
    »Wie denn?«
    Fiona erklärte ihren Plan, Burton Tea zu übernehmen, und erzählte von ihrem bevorstehenden Prozeß gegen Elgin. Roddy verstand nicht ganz, wie die Börse funktionierte, aber er wußte, daß jemandem, der einundfünfzig Prozent der Firmenaktien besaß, die Firma gehörte.
    »Also, sobald du die Aktien hast, gehört dir Burton Tea? Was meint Pearson? Wie lange wird das dauern?«
    »Er weiß es nicht. Mein New Yorker Anwalt meinte, es dauert Jahre.«
    » Jahre? Gütiger Himmel.«
    »Und daß es sich nicht nur hinschleppen würde, sondern möglicherweise auch ein sehr häßlicher Prozeß werden könnte.«
    »Was meinst du damit?«
    Fiona war auf die wahre Natur ihrer Ehe mit Nick noch nicht eingegangen, jetzt erzählte sie ihm die ganze Geschichte. Sie erklärte, daß Randolph Elgin die Homosexualität seines Sohnes benutzen würde, um ihre Ehe als Schwindel hinzustellen. Der daraus resultierende Skandal könnte ihr Geschäft schädigen – ja sogar ruinieren.
    »Wirklich?« fragte Roddy.
    »Ja«, antwortete Fiona. Sie erzählte ihm von der New Yorker Presse und ihrem unstillbaren Bedürfnis nach Klatsch. »Ich hab geheiratet, um einen Skandal zu vermeiden, aber tatsächlich ist mir im Moment ein Skandal völlig gleichgültig. Ich bin bereit, mein Geschäft zu verlieren, wenn ich dafür die Aktien bekomme, aber selbst, wenn es mir gelingt, Burton zu ruinieren, was ist mit Sheehan?«
    Roddy hob einen Stock auf, spielte damit herum und dachte über Fionas Geschichte nach. »Wir müssen eine Ratte gegen die andere ausspielen. Aber ich weiß nicht, wie. Zumindest noch nicht. Aber eines weiß ich: Ich hab noch keinen Anwalt erlebt, der irgendwas schnell machen würde. Es muß eine Möglichkeit geben, die Sache zu beschleunigen und gleichzeitig Sheehan festzunageln, nur welche?«
    Fiona seufzte. »Das weiß ich auch nicht.«
    Schweigend blickten sie beide in die zunehmende Dunkelheit, als die Glocken einer nahe gelegenen Kirche Roddy daran erinnerten, daß sie zu Grace und den Kindern zurückgehen sollten. Sie standen auf. Fiona sah sehr blaß und niedergeschlagen aus. Ihm wurde bewußt, daß sie dieses Geheimnis zehn Jahre lang allein mit sich herumgetragen hatte. Und daß er der erste – der einzige – Mensch war, dem sie es erzählt hatte. Als er sie jetzt ansah, tat ihm das Herz weh. Wegen des Kummers und der Angst, die sie ausgestanden hatte, und daß sie sich, trotz allem, was geschehen war, nicht von Bitterkeit und Zorn hatte überwältigen lassen. Ja, es stand etwas Dunkles in ihren Augen, aber es war auch Licht darin. Das gleiche starke, klare Licht wie damals, als sie ein Mädchen war.
    Wortlos zog er sie an sich. Sie hatte keinen Vater, keine Mutter. Selbst der Ehemann, den sie geliebt hatte, war tot. Aber sie hatte ihn. Er liebte sie wie seine Tochter und würde alles tun, um ihr zu helfen. Sie könnten die Vergangenheit nicht ungeschehen machen, aber vielleicht könnten sie die Zukunft beeinflussen. »Du bist nicht allein, Mädchen«, flüsterte er eindringlich. »Wir kriegen sie. Wir beide zusammen.»

   72   
    F iona runzelte die Stirn und versuchte, sich an die Adresse der Werbefirma zu erinnern, bei der sie in zehn Minuten einen Termin hatte. »Tavistock Street dreiundzwanzig?« sagte sie laut, als sie an der Kreuzung Savoy Street und Strand stand. »Und die Tavistock geht von der Southampton ab, die vom Strand abzweigt. Oder war es Nummer zweiunddreißig?« Sie seufzte. »Ich rede ja vor mich hin«, flüsterte sie und suchte in ihrer Tasche nach der Adresse. Sie zog einen Zettel heraus. »Nummer zweiunddreißig. Richtig. Also los. Und keine Selbstgespräche mehr.«
    Mit zusammengepreßten Lippen ging sie nach Westen den Strand hinunter. Sie würde nicht wieder vor ich hin murmeln. Sie haßte diese Angewohnheit. Gewöhnlich gelang es ihr, sie zu unterdrücken, aber heute war sie so abwesend, daß sie wieder damit begonnen hatte.
    Eine ganze Woche war vergangen, seit sie sich mit Neville Pearson getroffen hatte, und noch immer hatte er sich nicht bei ihr gemeldet. Vermutlich standen die Dinge schlechter, als er erwartet hatte. Welche Taktiken dachten sich Elgins Anwälte aus? Was würde mit diesen Aktien geschehen? Und wann?
    Auch von Roddy hatte sie nichts gehört. Zwei Tage waren seit ihrem Wiedersehen verstrichen, und sie hatte keine Nachricht, keinen Besuch und nichts erhalten, was darauf hinwies, daß ihm eine Möglichkeit eingefallen war, Sheehan zu fassen.
    Wenn sie

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