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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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doch? Er hat mir die Verantwortung übergeben.«
    Fiona lachte ihn aus, was ihm nicht gefiel. Und dann begann sie zu weinen, was noch schlimmer war. Irritiert gab er ihr sein Taschentuch, legte dann verlegen den Arm um sie und hoffte, daß keiner seiner Kumpel ihn sah.
    »Es ist aus zwischen uns … zwischen mir und Joe«, schluchzte sie.
    »Hat er Schluß gemacht?«
    »Nein, aber das wird er. Dessen bin ich mir sicher.«
    Sie erzählte ihm von Joes Brief. »Es ist eine Ewigkeit her, daß er ihn geschickt hat«, fuhr sie fort. »Ich möchte ihn sehen, aber jedesmal, wenn ich zwei Pennys gespart hab, passiert irgendwas, wir brauchen Essen, und sie sind weg. Ich weiß, daß er sich nicht mehr für mich interessiert … sonst würde er kommen …« Sie drückte das Taschentuch ans Gesicht, als sie von neuem Schluchzen geschüttelt wurde.
    »Ach, Fiona, ist das alles?« fragte er erleichtert. Er hatte schon befürchtet, daß sie tatsächlich in der Tinte saß. »Joe mag dich. Das hat er immer getan. Fahr doch einfach zu ihm und regle alles.«
    »Charlie, ich hab das Geld nicht. Hast du nicht gehört, was ich gesagt hab?«
    »Ich geb dir das Geld. Ich hab da einen kleinen Nebenjob … eine Möglichkeit, ein paar Kröten extra zu verdienen. Ich kann dir nicht sagen, was es ist, aber …«
    »Ach, ich weiß schon Bescheid.«
    Er sah sie überrascht an. »Was weißt du?«
    Sie berührte die Narbe unter seinem Auge. »Ich weiß, woher du das hast.«
    »Das hab ich mir geholt, als ich ein Faß hochgehoben hab. Es ist abgerutscht und hat mich im Gesicht getroffen.«
    Fiona lächelte spöttisch. Sie schob seinen Kragen weg und sah auf den Knutschfleck an seinem Hals. »Ist das auch von einem Bierfaß?«
    Zornig schlug er ihre Hand weg. »Also gut, ich boxe. Aber sag Ma nichts davon. Ich hab nächsten Samstag einen Kampf. Wenn ich gewinne, kriegst du das Geld für den Bus nach Covent Garden.«
    »O Charlie … wirklich?«
    »Ja.«
    Sie umarmte ihn fest. »Danke … o danke!«
    »Das reicht, Fee«, sagte er und befreite sich aus ihrer Umarmung.
    Sie schneuzte sich in sein Taschentuch und reichte es ihm zurück.
    »Ähm … ist schon gut. Du kannst es behalten«, sagte er.
    »Wo ist Seamie?« fragte sie, plötzlich besorgt.
    Er machte mit dem Kopf ein Zeichen in Richtung Flußufer. »Fast beim Limehouse unten, der kleine Schlingel. Wir wollen ihn holen. Und dann trinken wir ein Glas im Black Dog.«
    »Mit welchem Geld?«
    Er lächelte sie überlegen an. »Im Gegensatz zu dir braucht eine Person, die so gut aussieht wie ich, kein Geld. Das Barmädchen ist verknallt in mich. Sie gibt uns ein paar Drinks umsonst.«
    »Ist das dieselbe, die dir den Knutschfleck verpaßt hat? Ist sie ein Mädchen oder ein Vampir?«
    »Nein, das war eine andere Freundin.«
    »Du solltest auf dich aufpassen, Charlie.«
    Er verdrehte die Augen. Zu diesem Thema brauchte er keine Vorhaltungen von seiner Schwester.
    »Ich mein’s ernst! Es hätte uns gerade noch gefehlt, daß irgendein Mädchen mit einem rothaarigen Balg im Arm vor unserer Tür auftaucht.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das wird nie passieren.«
    »Weil du …« Sie errötete ein wenig, »…weil du aufpaßt, ja?«
    Charlie schnaubte. »Ja, weil ich ihr keinesfalls sag, wo ich wohn!«
     
    »Dreh dich um«, befahl Ada Parker, Millies Schneiderin, den Mund voller Nadeln.
    Millie gehorchte, und Ada steckte die letzten Zentimeter des mauvefarbenen Satinrocks fest. Als sie fertig war, lehnte sie sich zurück, um ihre Arbeit zu begutachten und runzelte die Stirn.
    »Was stimmt denn nicht?« fragte Millie.
    »Ich weiß nicht. Der Rock um deine Taille ist lose. Ich versteh das nicht. Bei der letzten Anprobe hat alles gepaßt. Ich weiß, daß ich alles richtig zugeschnitten habe. Ich kenne deine Maße auswendig.«
    Sie hakte den Rock auf, und Millie stieg heraus. Dann zog sie ein Maßband aus der Tasche und schlang es um ihre Taille. »Da haben wir die Lösung«, sagte sie und klopfte ihr auf den Bauch. »Du hast abgenommen! Was ist denn los? Ißt du nicht?«
    »Nichts ist los, Ada. Ich hab ein bißchen weniger Appetit, das ist alles.«
    »Du solltest zum Arzt gehen. Du willst doch nicht zu mager werden und deine schöne Figur ruinieren. Wie willst du dann einen Mann finden?«
    Millie lächelte. »Ich hab schon einen gefunden. Ich erwarte jeden Tag seinen Heiratsantrag.«
    »Das ist ja herrlich! Glückwunsch, mein Liebling«, sagte Ada und umarmte sie. Dann drohte sie mit dem Finger. »Aber du

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