Die Templerin
zum Vorschein.
Es dauerte einen Moment, bevor sie es überhaupt erkannte. Die beidseitige Schneide war sorgsam poliert und geschärft worden, hatte aber jetzt einen sonderbaren, bläulichen Schimmer. Die Parierstange glänzte in einem Farbton wie Kupfer und Gold, und der Griff war mit feinstem Leder neu umwickelt worden.
»Aber das ist doch…«
»Ich war in deinem Dorf«, sagte Salim. Er hob die Schultern. »Es hat eine Weile gedauert, bis ich es gefunden hatte, und es ist auch nicht mehr ganz so wie früher. Es hat im Feuer gelegen, weißt du? Der Schild ist völlig verbrannt, fürchte ich. Aber wenigstens hast du jetzt das Schwert deines Vaters zurück.«
Es war tatsächlich das Schwert des englischen Soldaten, des Mannes, der ihr Vater gewesen sein sollte. Robin hatte die Waffe noch nie in einem solchen Zustand gesehen, trotz der blauen Verfärbung, die das Feuer darauf hinterlassen hatte. Es hatte zeit ihres Lebens an der Wand über ihrem Bett gehangen, im Laufe der Jahre aber Staub und Flecken angesetzt, so daß es nach und nach unansehnlich geworden war, und obwohl Robins Mutter eine sehr reinliche Frau gewesen war, hatte sie das Schwert niemals sauber gemacht, und Robin hatte auch irgendwann begriffen, warum. Sie hatte nicht gewagt, es zu berühren.
»Probier es aus«, sagte Salim. »Nur keine Angst. Es ist vollkommen in Ordnung. Das Feuer hat es nur härter gemacht.«
Robin warf das Tuch zu Boden und ergriff das Schwert fest mit der rechten Hand. Es war viel schmaler und damit leichter als die wuchtigen Breitschwerter der Tempelritter, mit denen sie bisher geübt hatte, und es fühlte sich… besser an. Robin ließ die Klinge ein paarmal prüfend durch die Luft sausen. Sie spürte ihr Gewicht kaum.
»Besser?« fragte Salim.
Ob es besser war? Robin war im ersten Moment nicht einmal in der Lage zu antworten. Sie war einfach überglücklich. Gewiß nicht, weil dieses Schwert um so vieles besser in ihrer Hand lag. Salim hatte ihr einen Teil ihrer Vergangenheit zurückgebracht, alles, was ihr von ihrem Leben überhaupt noch geblieben war. Für sie war dieses Schwert niemals eine Waffe gewesen, sondern ein Gegenstand, der zu einer vollkommen anderen, fremden Welt gehörte, und für ihre Mutter zugleich ein Symbol für etwas, das Robin nie verstanden hatte, das für sie aber von ungeheurem Wert gewesen war. Nun aber war es zu etwas anderem geworden; zu einem Erbe, von dem sie niemals geahnt hatte, daß es ihr zuteil werden würde.
»Eigentlich ist es kein Wunder, daß du so bist, wie du nun einmal bist«, sagte Salim. »Immerhin bist du unter dem Schwert geboren und aufgewachsen.«
Er lachte, aber Robin ließen seine Worte erschaudern. Sie drehte die Waffe noch ein paarmal bewundernd in den Händen, aber dann legte sie sie beinahe sacht zu Boden, richtete sich wieder auf und schlang die Arme um Salims Hals, um ihn zu küssen.
Im ersten Moment war er so überrascht, daß er einfach nur stocksteif dastand, aber dann umschlang er sie mit den Armen, erwiderte ihren Kuß und drückte sie mit sanfter Gewalt zu Boden.
Robin wehrte sich nicht, auch nicht, als ihr klar wurde, daß er es diesmal nicht bei einem Kuß bewenden lassen würde. Im Gegenteil. Diesmal gab sie ihm, was er wollte.
KAPITEL 29
Das Sonnenlicht streichelte ihre Haut wie eine warme, wohltuende Hand, und Robin mußte ein paarmal blinzeln, als eine leichte Windböe die Zweige über ihr bewegte, so daß die Sonne ihr direkt ins Gesicht schien. Sie fühlte sich… sonderbar, zugleich sehr aufgeregt wie auch schläfrig. Ihr Herz klopfte noch immer bis zum Hals, aber gleichzeitig fühlten sich ihre Glieder auf seltsam wohltuende Weise schwer an. Und sie war verwirrt, vollkommen und zutiefst verwirrt.
Neben ihr regte sich Salim. Sie hatten bestimmt eine halbe Stunde in vertrautem Schweigen nebeneinander im Gras gelegen. Als er sich jetzt aufsetzte, strich das Sonnenlicht über seine nackte Haut und verlieh ihr einen Herzschlag lang tatsächlich die Farbe von polierter Bronze. Er bewegte die Schultern, und Robin bewunderte das Spiel seiner Muskeln. Wie schön er war. Trotz seines schlanken Wuchses strahlte er eine Kraft aus, die sie beinahe körperlich spüren konnte, obwohl sie ihn im Moment nicht einmal berührte. Aber sie hatte es getan, und allein die Erinnerung daran ließ sie schon wieder erschauern. Ob sie die Berührung seiner starken Arme jemals wieder vergessen würde, und erst recht die seiner sanften, forschenden Hände, die sie
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