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Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zurück, straffte seine Gestalt und wollte sich umwenden, blieb dann aber mitten in der Bewegung noch einmal stehen und sah zu Robin hin. Für alle anderen mochte es den Anschein haben, daß sein Blick noch einmal prüfend über die Gesichter der versammelten Menge glitt, aber Robin spürte genau, daß er nur ihr galt, und sie verstand auch die Drohung, die darin geschrieben stand, so deutlich, als stünde Bruder Abbé neben ihr und flüstere ihr die Worte ins Ohr. Sie antwortete mit einem fast unmerklichen Nicken darauf, und so sacht die Bewegung auch gewesen war, der Tempelritter hatte sie gesehen, denn etwas in seinen Augen änderte sich, und er führte die begonnene Drehung zu Ende und ging dann langsam und ohne Hast auf die beiden Pferde zu, die er ein Stück abseits angebunden hatte. Beide waren bereits gesattelt und aufgezäumt.
    Anders als gestern abend trug das Pferd des Tempelritters nun eine prachtvolle weiße Schabracke, auf der das rote Kreuzsymbol prangte. Sie sah nun, daß Abbés Tier tatsächlich viel größer und kräftiger als das seines Knappen war; ein muskulöses, breitbrüstiges Schlachtroß, dessen Bewegungen pure Kraft, aber auch damit gepaartes großes Geschick ausdrückten, während das Pferd, das Jan geritten hatte, fast noch ein Pony zu sein schien: Es hatte ein schwarzweiß und ein wenig braun geschecktes Fell, eine weiße Mähne und schlanke, ebenfalls weiße Fesseln, und es tänzelte nervös auf der Stelle, als Abbé sich in den Sattel seines eigenen Tieres schwang und nach seinen Zügeln griff. Der Anblick des Tieres ließ sie wieder an Jan denken, und sie spürte, wie sich ihre Augen schon wieder mit heißen Tränen füllten. Diesmal kämpfte sie sie nieder, wenn auch nicht mit so großem Erfolg, wie sie es sich gewünscht hätte. Aber immerhin brach sie nicht mehr in lautes Schluchzen aus, und nachdem er sein Pferd gewendet hatte und endgültig losgeritten war, hob sie unauffällig den Arm und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
    Niemand sprach. Eine sonderbare Art von Beklemmung hatte von den Menschen Besitz ergriffen, eine Mischung aus Trauer, Furcht und einer vagen Hoffnung, die so empfindlich schien, daß sie sie sich vielleicht nicht einmal selbst einzugestehen wagten, aus Angst, sie allein dadurch zunichte zu machen.
    Robin erwartete, daß ihre Mutter jetzt wieder etwas zu ihr sagte, vielleicht ihre Warnung wiederholen oder das, was sie über Bruder Abbé gesagt hatte, bekräftigen würde, aber das geschah nicht. Als sie aufsah und ins Gesicht ihrer Mutter blickte, stellte sie fest, daß auch diese mit den Tränen kämpfte, und erst jetzt, zum ersten Mal seit Beginn dieser schrecklichen Ereignisse, wurde ihr klar, daß sie nicht die einzige hier war, die einen Verlust erlitten hatte. Es war schon so, wie Gero gestern abend gesagt hatte: Niemand trauerte wirklich um Olof. Er war ein gewalttätiger, brutaler Mann gewesen, mit dem fast jeder im Dorf schon einmal in Streit geraten war, vor dem viele Angst gehabt hatten und den niemand wirklich vermissen würde. Doch dafür hatte sich seine Frau um so größerer Beliebtheit erfreut; am Anfang aus Mitleid, weil natürlich jeder wußte, wie Olof sie behandelte, später aber, weil die Menschen im Dorf ihr fröhliches Wesen und ihr ansteckendes Lachen mochten. Ein Lachen, das nicht einmal die jahrelangen Demütigungen und Schläge Olofs ganz zum Verstummen hatte bringen können. Ihre Mutter und Helle waren gute Freundinnen gewesen, bessere vielleicht, als Robin bis zu diesem Moment überhaupt bewußt gewesen war.
    Alle blieben schweigend stehen, während die Männer drei schlichte Holzkreuze aufstellten, die sie wohl während der Nacht angefertigt hatten. Es standen keinen Namen darauf. Sie unterschieden sich weder in Größe noch Form voneinander, aber Robin war auch fast sofort klar, daß das Absicht war - ebenso, wie sie mit einem Male begriff, warum Bruder Abbé darauf bestanden hatte, diese drei hier und nebeneinander zu beerdigen, statt auf dem kleinen Friedhof des Dorfes. Bei aller Grausamkeit, die das Schicksal ihnen zugefugt hatte, waren sie nun doch im Tode vereint worden. Sie würden nun für die Ewigkeit nebeneinander ruhen, und vielleicht fanden ihre Seelen auf diese Weise Zeit, einander zu vergeben.
    Und sie selbst? Würde sie sich jemals selbst vergeben? Ganz egal, was ihre Mutter - oder irgendein anderer aus dem Dorf - auch sagte, sie fühlte sich schuldig, und sei es nur, weil sie irgendwie an dieser furchtbaren

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