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Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war vielleicht doch näher, als sie im allerersten Moment geglaubt hatte. Vielleicht nahe genug, daß man sie hören würde, wenn sie nur laut genug schrie. Sie verwarf den Gedanken fast sofort wieder; ebenso wie den, alles auf eine Karte zu setzen und einfach loszurennen. Beides hätte ihren sicheren Tod bedeutet. Wie wenig diesen Männern ein Menschenleben bedeutete, hatte sie ja mit eigenen Augen gesehen.
    Die Männer stritten noch eine Weile miteinander, dann wandten sich zwei von ihnen um und kamen mit gemächlichen Schritten auf sie zu - es waren Otto und Gernot, der Sohn des Lehnsherren. Er trug die linke Hand jetzt in einer improvisierten Schlinge. Ein durchgebluteter Verband zierte seinen Oberarm, und als er näher kam, sah Robin, daß sein Gesicht noch immer kreidebleich war.
    »Nun zu dir«, begann er übergangslos. »Wie ist dein Name?«
    »Robin«, antwortete sie. Sie senkte den Blick und fugte hinzu: »Herr.«
    »Robin, so.« Gernot runzelte die Stirn. »Ein ungewöhnlicher Name … aber sei’s drum. Und sieh mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede!« Robin hob gehorsam den Kopf und sah Gernot ins Gesicht. Sie hatte Angst, aber es fiel ihr kein bißchen schwer, Gernots Blick standzuhalten. In den dunklen Augen des Ritters war etwas, das ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigte. Sie wußte, daß dieser Mann sie töten würde. »Ich weiß nicht genau, was ich mit dir anfangen soll, Robin«, fuhr Gernot fort. »Du hast uns belauscht, nicht wahr? Ich meine: Du warst draußen bei der kleinen Kirche, als wir uns dort getroffen haben. Du kannst es ruhig zugeben - wir wissen es sowieso. Du hattest Gundolfs Pferd, als du ins Dorf gekommen bist.«
    Robin nickte stumm.
    »Du mußt keine Angst haben«, fuhr Gernot fort, aber der Ausdruck in seinen Augen sagte das genaue Gegenteil. »Es ist nicht schlimm, daß du uns belauscht hast. Kinder sind nun einmal neugierig.«
    »Was hattest du dort draußen zu suchen?« fragte Otto.
    »Ich… ich habe nur Blumen auf Helles Grab gelegt«, antwortete Robin stockend. »Ich wollte euch nicht belauschen, wirklich. Ich wollte gerade wieder gehen, aber dann habe ich euch gesehen und… und Angst bekommen. Ich habe mich in der Kapelle versteckt.«
    »Und uns ausspioniert«, fügte Otto hinzu. Er senkte die Hand auf das Schwert und trat einen halben Schritt auf sie zu, aber Gernot hob rasch die Hand.
    »Nicht, Otto«, sagte er. »Du erschreckst ihn nur. Ich glaube nicht, daß das nötig ist. Robin scheint mir ein ganz vernünftiger Bursche zu sein.« Er sah Robin durchdringend an, und für einen kurzen Moment erschien sogar so etwas wie ein Lächeln auf seinem Gesicht. Es hätte Robin nicht einmal überzeugt, wenn sie nicht gewußt hätte, was er kurz zuvor getan hatte. »Das bist du doch, oder?«
    »Ja«, antwortete Robin. »Ich … ich sage die Wahrheit.«
    »Dann hast du auch nichts zu befürchten«, behauptete Gernot. »Aber du mußt verstehen, wie wichtig es für uns ist, zu entscheiden, ob wir dir glauben können oder nicht. Wenn du lügst, dann…«
    »Dann werdet ihr mich töten«, fugte Robin den begonnenen Satz zu Ende. »So wie Janna und die anderen.«
    Gernot schwieg, und nach einigen schweren Herzschlägen fügte Robin hinzu: »Warum habt ihr das gemacht? Sie hat niemandem etwas getan. Und die anderen auch nicht!«
    Gernot seufzte. Er wurde nicht zornig, wie sie im ersten Moment fast befürchtet hatte, sondern senkte für einen Augenblick den Kopf und sah zu Boden. Als er sie wieder anblickte, lächelte er traurig. »Das glaube ich dir sogar, Kind«, sagte er. »Aber so ist das nun einmal. Manchmal müssen Menschen sterben, obwohl sie unschuldig sind. Glaube nicht, daß es uns leichtgefallen ist. Ihr Tod lastet schwer auf unserem Gewissen.« Robin bezweifelte, daß Gernot so etwas wie ein Gewissen hatte. Aber sie hütete sich natürlich, das laut auszusprechen. Wider besseren Wissens hatte sie immer noch die verzweifelte Hoffnung, diesen Morgen vielleicht doch noch zu überleben: Wenn sie Gernot nur davon überzeugen konnte, ein naives kleines Kind zu sein.
    »Warum?« fragte sie.
    »Davon verstehst du nichts, Robin«, sagte er. »Das ist Politik.«
    »Politik?« Diesmal mußte sie nicht so tun, als verstünde sie nicht, was dieses Wort bedeutete.
    »Es ist kompliziert«, seufzte Gernot. »Selbst ich verstehe es nicht immer. Aber es ist nun einmal so.«
    »Und deshalb werdet ihr mich auch töten.«
    »Nicht, wenn du uns die Wahrheit sagst«, antwortete Gernot

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