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Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vorgestellt; schmerzhafter, schlimmer, vor allem aber schneller. Wieso dauerte es so lange? Sie fiel jetzt langsam nach vorne. Etwas in ihr klammerte sich noch immer mit verzweifelter Kraft an den erlöschenden Lebensfunken, denn sie löste die linke Hand vom Hals und fing den begonnenen Sturz auf. Immer verzweifelter versuchte sie zu atmen, und für einen winzigen Moment war es ihr fast, als füllten sich ihre Lungen mit kostbarer, unendlich süßer Luft.
    Aber es war nur ein verzweifelter Wunsch, nichts als kindlicher Trotz, der sich selbst gegen das Unausweichliche noch auflehnte.
    Sie konnte nicht atmen.
    Ihr Arm gab unter dem Gewicht ihres Körpers nach, und sie fiel endgültig nach vorne.
    Alles wurde warm. Eine große Dunkelheit begann von ihren Gedanken Besitz zu ergreifen. Robin rollte auf die Seite. Ihr letzter, fast absurder Gedanke war, daß sie wenigstens noch einmal den Himmel über sich sehen wollte, ehe sie starb. Aber über ihr war kein Himmel, nur das lichte Blätterdach der Ulme.
    Die Welt rings um sie herum erlosch.
    Es begann eine Zeit der Pein. Es war kein körperlicher Schmerz - das auch, aber er war, obgleich schlimm, seltsam unwirklich, als wäre es gar nicht wirklich sie, die ihn fühlte -, sondern etwas viel, viel Schlimmeres, eine Qual, die ihre Seele heimsuchte und die entsetzlicher war als alles, was sie sich jemals hatte vorstellen können. In den wenigen Augenblicken, in denen sie nicht mehr als ein bloßer Lebensfunke war, der in einem Ozean reiner Qual trieb, wurde ihr plötzlich erschreckend klar, daß sie sich wohl im Fegefeuer befinden mußte, jenem Vorhof der Hölle, von dem die alte Janna so oft gesprochen und mit dem ihre Mutter ihr manchmal (aber nicht im Ernst) gedroht hatte. Dieser schreckliche Ort konnte nicht der Himmel sein, und sie hatte in ihrem kurzen Leben nichts getan, was schlimm genug gewesen wäre, sie zu ewiger Verdammnis in der Hölle zu verurteilen. Aber sie war tot. Otto hatte ihr die Kehle durchgeschnitten, und wenn dieser Ort weder der Himmel noch die Hölle war, dann mußte es zwangsläufig das Fegefeuer sein.
    Trotz aller Schrecken und allen Leids hatte der Gedanke etwas Beruhigendes. Jede Sekunde, die sie existierte, war pure Qual, aber sie wußte nun, daß es nicht für die Ewigkeit war.
    Zumindest schien es sich jedoch um einen Gutteil der Ewigkeit zu handeln, denn die Qual nahm kein Ende. Sie wurde von Fieber und Krämpfen geschüttelt, und manchmal wachte sie mit dem grauenhaften Gefühl auf, ersticken zu müssen - was vollkommen absurd war, denn sie war schließlich schon tot. Nur manchmal, ganz selten, und in Abständen von Jahren oder auch Jahrhunderten, glaubte sie ein Gesicht zu sehen, das nicht in diesen Vorhof der Hölle zu passen schien. Es war ein junges, fremdartiges Gesicht mit hohen Wangenknochen, kupferfarbener Haut und Augen, in denen sich das Wissen um uralte Geheimnisse mit großer Sanftmut, aber auch mindestens ebenso großer Stärke paarte; ein sehr schönes, aber trotzdem auch sehr männliches Gesicht. Wahrscheinlich das Antlitz eines Engels, der von Zeit zu Zeit vorbeikam, um nachzusehen, ob ihre Seele schon weit genug geläutert war, damit man sie aus dem Fegefeuer entlassen könnte.
    Und irgendwann war es dann schließlich soweit. Ihr Bewußtsein klärte sich wieder, aber diesmal fand sie sich nicht am Grunde eines Ozeans aus rotem Schmerz und erstickender Qual wieder, sondern an einem ihr vollkommen unbekannten Ort. Allerdings bezweifelte sie, daß es sich um den Himmel handelte.
    Wenn dies das Paradies war, dann war es vollkommen anders, als irgendein Mensch auf der Welt es sich je vorgestellt hatte.
    Sie lag auf einem schmalen, nicht besonders bequemen Bett. Aus irgendeinem Grund war sie nicht in der Lage, auch nur einen Muskel zu rühren, geschweige denn den Kopf zu drehen, so daß alles, was sie sah, die Decke über ihr war. Irgendwann einmal mußte sie wohl weiß getüncht gewesen sein, aber viele Jahre hatten sie in ein unansehnliches Durcheinander aus Schmutz- und Wasserflecken verwandelt. Es war sehr warm, und ein unangenehmer, strenger Geruch lag in der Luft, der Geruch nach Krankheit und menschlichen Ausscheidungen, aber auch nach bitterer Medizin und Kräutern.
    Sie hörte Geräusche: Ein Klappern und Hantieren, Schritte und das Rascheln von grobem Stoff. Dann eine Stimme: »Ich habe Euch doch gesagt, daß sie heute morgen wach wird, Bruder. Sie ist erwacht. Aber bitte strengt sie noch nicht zu sehr an. Sie ist noch

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