Die Templerverschwoerung
sie kommen. Conor und Mihret richteten ihre Waffen auf die Männer, die die beiden knienden Mönche festhielten. In der Vermutung, dass einige oder alle Tempelritter Englisch verstanden, sprach Conor in einem Ton, der keinen Zweifel ließ, dass es ihm ernst war: »Wenn jemand einem dieser Mönche auch nur ein Haar krümmt, schieße ich. Legen Sie die Messer nieder, drehen Sie sich um und nehmen Sie die Hände hoch.«
Niemand regte sich. Es wurde weiter gesungen. Die Messer lagen bereits an den Kehlen der Mönche.
»Ich habe Ihnen befohlen, damit aufzuhören und sich umzudrehen. Meine Geduld ist zu Ende. Sie haben zu viele Menschen getötet und alles getan, um mich und meine Begleiterin umzubringen. Wenn ich Sie erschießen muss, tue ich das ohne Zögern.«
Sie sangen weiter. Dann drehte sich einer der Gestalten langsam um und schaute Conor voll ins Gesicht.
»Mr. O’Davoren«, sagte er. »Ihre Stimme kenne ich.«
Conor musterte ihn aufmerksam. Auf den ersten Blick wusste er nicht, wer er war, doch als er genauer hinsah, kam der Mann ihm bekannt vor. Es war nicht Daniel Ferrys Freund Greg Oliver, aber jemand, den er schon einmal gesehen hatte. Jetzt fiel es ihm wieder ein. Während der Ermittlungen in Cambridge hatte Conor stundenlang CCTV-Kamera-Aufnahmen von den Straßen um die Rundkirche aus der Zeit vor und nach den Morden angesehen. Einige Personen waren ihm interessant erschienen, und man hatte Fotos von ihnen angefertigt. Dieser Mann war darunter gewesen.
»Ich sehe, dass Sie Freunde mitgebracht haben«, fuhr der Mann fort. »Das war klug von Ihnen. Jetzt aber rate ich Ihnen, diese Herren und die Dame aufzufordern, kehrtzumachen und dorthin zu gehen, wo sie hergekommen sind.«
Der Tempelritter wirkte genau so wie auf den unscharfen Fernsehbildern. Er mochte Anfang bis Mitte dreißig sein. Im Vergleich zu seinen Kumpanen war er groß und beinahe ein wenig schlaksig. Seine Haltung war sehr aufrecht, fast militärisch. Sicher hatte er eine entsprechende Ausbildung, dachte Conor bei sich. Der Akzent wies auf einen Franzosen oder Kanadier mit leicht englischem Einschlag hin. Seine harten Augen öffnete er nie ganz. Haltung und Gesichtsausdruck sprachen von einer Arroganz, die Conor noch nie bei einem Menschen erlebt hatte. Der Mann wirkte lässig und kampfbereit zugleich. Seine Worte hätte man als Geschwätz abtun können, wäre da nicht diese stramme Haltung gewesen. Er blickte fast amüsiert drein, aber dahinter spürte Conor tiefe Feindseligkeit.
»Sie wissen, dass ich das nicht tun kann«, sagte Conor. »Niemand vermag hier herauszugehen, der weiß, wer Sie sind und was Sie angerichtet haben. Ich zum Beispiel weiß genau, wer Sie sind und was Sie in Cambridge getan oder befohlen haben. Was ich nicht weiß ist Ihr Name. Wir werden ihn brauchen, um Sie vor Gericht zu stellen, wenn ich Sie erst einmal nach England gebracht habe.«
Jetzt lachte der Templer laut auf. Seine Kumpane hatten sich inzwischen alle umgedreht und standen Conor und seiner Mannschaft direkt gegenüber. Ihre Dreistigkeit erstaunte ihn. Sie waren gerade von einer Gruppe bewaffneter Männer und einer Frau dabei überrascht worden, zwei weitere Menschen zu opfern, und doch schienen sie völlig ruhig; sie hielten sich wohl für unantastbar. Vielleicht meinten sie auch, dasie Gottes höchstes Heiligtum nun in ihrer Gewalt hatten, erhebe sie dieses über alle Menschen. Es würde ein böses Erwachen für sie geben.
Der Mann richtete sich noch höher auf, lächelte und antwortete Conor mit leiser Stimme: »Mein Name? Den können Sie gern wissen. Die meisten meiner Freunde sind portugiesischer Herkunft, ich nicht. Mein Name ist Paul-Henri de Chevillon. Das sagt Ihnen wahrscheinlich nichts, aber vielleicht doch, da Sie uns ja schon so lange auf der Spur sind. Ich bin französischer Abstammung. Meine Familie geht auf Radix de Chevillon, einen französischen Großmeister aus dem 18. Jahrhundert zurück. Bestimmt haben Sie nie von ihm gehört.«
»Ich nehme das zur Kenntnis«, sagte Conor. »Jetzt aber verhafte ich Sie wegen des Verdachts des Mordes an neun Männern und Frauen in der Rundkirche von Cambridge am 6. Dezember letzten Jahres. Sie brauchen nichts zu sagen. Aber es kann Ihre Verteidigung schwächen, wenn Sie beim Verhör etwas nicht erwähnen, worauf Sie sich später vor Gericht berufen wollen. Was Sie sagen, wird zu Protokoll genommen.«
Nun erschien auf de Chevillons Gesicht ein höhnisches Grinsen. Conor hatte kaum geendet, da
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