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Die Terranauten 014 - Im Reich der Geflügelten

Die Terranauten 014 - Im Reich der Geflügelten

Titel: Die Terranauten 014 - Im Reich der Geflügelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Quint
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erschien dem Riemenmann fremd, so fremd, wie noch kein Mensch zuvor. Es waren nicht allein ihr seltsames Verhalten und ihre Worte, was ihn irritierte, es war ihre Stimme, der Klang ihrer Stimme.
    Sie berührte etwas in ihm, etwas lang Vergessenes, Uraltes, das sich tief unten in der Finsternis seiner Archetypen regte.
    Schließlich schüttelte er die Gedanken ab und machte sich daran, das Schott weit genug zu öffnen, daß auch er sich hindurchzwängen konnte.
    Er mußte herausfinden, wer außer Cloud und Leande die Katastrophe überlebt hatte.
     
    *
     
    Der Morgen war hell und klar und kühl.
    Vom Himmel, zwischen den zerfaserten Wolkenfeldern hindurch, sickerte grünes, weiches Licht und legte sich wie eine Decke über die fruchtbare Ebene, die hinter dem Geflügelten Deschmarn-Drag lag. Fern am Horizont, dort, wo die letzten Schatten der Morgendämmerung allmählich verblaßten, hoben sich dunkle Punkte gegen das Strohgelb der Steppe ab.
    Finner!
    Deschmarn-Drag bewegte leicht seine großen, dunklen Schwingen, stieg ein wenig höher, dem Licht entgegen, dem Grün des Himmels und dem Violett der Wolken, und versuchte die Zahl der Finner zu schätzen.
    Der Ashra verzog das nasenlose, dunkle Gesicht zu einer Grimasse und stieß einen hohen, kurzen Pfiff aus.
    Genug Finner, um den Schwarm bis zum nächsten Weltenstillstand zu ernähren. Genug, um den Horst zu polstern, die Schlupflöcher gegen die Nacht zu verhängen, neue Spieße für alle Jäger zu liefern. Und mehr noch: genug für alle Ashras am Fuß der Küstenberge, für alle Schwärme bis hinunter zum Schwarzfluß.
    Deschmarn-Drag preßte die langen, dünnen Arme an den Körper, so daß sich die dünne Haut der Schwingen raschelnd zusammenfaltete.
    Pfeilschnell schoß er in die Tiefe.
    Er öffnete den Mund, entblößte zwei Reihen spitzer Zähne und stieß wieder einen Pfiff aus, diesmal schriller, länger, melodischer.
    Die Baumwipfel unter ihm waren eine dünne Linie aus Gelb und Orange, die Steppe und Berge voneinander trennte. Rasend schnell wurden sie größer, die wahren Ausmaße der Baumriesen wurden erkennbar. Jede Krone maß mehr als vierzig Meter im Durchmesser, und durch die hellen Farbtöne des Blattwerks schimmerten die Äste und Zweige wie die Gitter eines gewaltigen Gerüstes.
    Deschmarn-Drag pfiff zum drittenmal.
    Das Signal!
    Leben kam in das Laubdach. Schwarze Gestalten lösten sich von ihren Verstecken – Blüten, so groß wie Sonnenschirme – und stiegen in den Himmel, ihrem geflügelten Bruder entgegen.
    Acht, neun, zehn – ein Dutzend fledermausähnliche Gestalten glitten durch die Luft und gewannen mit jedem Flügelschlag weiter an Höhe. Deschmarn-Drag bremste seinen Sturz, faltete seine Schwingen wieder weit auf und schoß hinaus in die Ebene, die sich endlos erstreckte.
    Lautlos folgten ihm die Jäger des Schwarms.
    Sie wirkten wie Todesengel im Licht der grünen Sonne, die sich nun endgültig ihren Weg durch die Wolken gefressen hatte und die Welt mit ihren Strahlen überschüttete.
    Deschmarn-Drag schoß durch die Luft. Er fühlte den Wind, der kühl an seinem Körper entlangstrich, sich unter den leicht gewölbten Flügeln sammelte und ihn steigen ließ, immer höher, je näher sie der gewaltigen Tierherde kamen.
    Alles geschah in völliger Stille.
    Die Jäger wußten, was sie zu tun hatten. Jeder von ihnen kannte seine Aufgabe und jeder wußte, daß er sie erfüllen würde. Es gab keine Zweifel, keine Furcht, keine Eile. Es gab nur die Jagd, die so sein würde wie alle anderen in der Vergangenheit und Zukunft.
    Deschmarn-Drag kreiste am Himmel. Der Ashra äugte hinunter auf die zahllosen Leiber, die langsam über die Ebene trotteten, weiter nach Süden, die Küstenberge entlang, über den Schwarzfluß und weiter bis zur Wassergrenze, wo sie am Weltenstillstand umkehren und den Weg zurück wandern würden.
    So war es seit Äonen.
    So würde es immer sein.
    Ich bin der Jäger, dachte Deschmarn-Drag. Ich bin der Spieß, der die Beute schlägt. Ich bin die Hand, die den Schwarm ernährt. Ich kreise unter der Sonne, und sie sieht zu.
    Mit einer eleganten Drehung warf er sich herum, lag auf den Winden und blickte der Sonne in ihr grünes Strahlengesicht.
    »Ich bin Deschmarn-Drag!« rief er ihr zu. »Ich bin der Jäger der Oomp Ashra. Ich nehme, was mir zusteht, nicht mehr, nicht weniger. Aber niemals zuviel!«
    Der Ashra wartete, atemlos treibend, auf ein Zeichen.
    Die rituellen Worte waren gesprochen, der Brauch erfüllt, der

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