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Die Terranauten 056 - Die Drachenhexen

Die Terranauten 056 - Die Drachenhexen

Titel: Die Terranauten 056 - Die Drachenhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conrad C. Steiner
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Vertreter ihrer Interessen anerkannten. Das Versiegelte Land war, wenn man so wollte, eine Enklave von Dissidenten innerhalb des Systems. Daß man nicht gegen sie vorging, lag ausschließlich daran, daß die Abtrünnigen über Kräfte verfügten, die niemand richtig einzuschätzen vermochte.
    Bildungsmäßig etwas zu kurz gekommene Küstenfischer und Inlandjäger schworen Stein und Bein, daß die Abtrünnigen sich magischer Kräfte bedienten; andere, nicht weniger unseriöse Quellen wollten wissen, daß sie blasphemischen Kulten und Ritualen huldigten und ihre schrecklichen Kräfte direkt aus den Händen kosmischer Dämonen empfingen.
    Tatsächlich aber – und das mußte jedem Menschen klar sein, der die Kunst des Lesens beherrschte – handelte es sich bei den Bewohnern des Versiegelten Landes fast ausnahmslos um die Nachkommen eines fehlgeschlagenen Kolonisationsprojekts, über das man in den Reihen des Konzils seit Generationen tunlichst schwieg.
    Vor zweihundertfünfzig Jahren, zur Zeit des Großen Exodus, war unter der Schirmherrschaft der Konzerne auf dem einzigen Kontinent dieser Welt der Versuch unternommen worden, eine ganz und gar auf PSI-Kräften basierende Kultur aufzubauen, die das Ziel verfolgte, unter den strengen Anleitungen eines eigens für diesen Zweck angefertigten Zuchtprogramms Treiber mit außergewöhnlichen Fähigkeiten zu produzieren.
    Man hatte mit besonders starken PSI-Kräften ausgestattete junge Leute aus dem ganzen Sternenreich nach Adzharis gebracht, sie hier angesiedelt und ihnen eine fünfzigjährige ungestörte Aufbauphase zugebilligt, die schließlich in ein genetisches Zuchtprogramm einmünden sollte.
    Während die erste Kolonistengeneration noch freiwillig zu diesem Experiment zur Verfügung gestanden hatte, sah sich das Konzil fünfzig Jahre später plötzlich einer neuen Generation gegenüber, die nicht bereit war, die mit ihren Eltern abgeschlossenen Verträge einzuhalten. Besonders die jungen Frauen weigerten sich strikt, einfach zum Faktor eines Zuchtprogramms herabgewürdigt zu werden. Nachdem sich die zweite Generation der Siedler ganz offen gegen die Pläne des Konzils ausgesprochen hatte, gelangte man schließlich zu der Ansicht, das Kolonisationsprojekt als gescheitert anzusehen. Man hatte den Versuch unternommen, die Kolonie aufzulösen, aber erfolglos: Die zweite Generation der Kolonisten sah Adzharis als Heimat an und wollte den Planeten nicht verlassen. Daß das Konzil schließlich den Versuch unternahm, die Kolonie mit Gewalt aufzulösen, resultierte lediglich aus der Tatsache, daß man nicht gewillt war, in seiner unmittelbaren Umgebung ein Nest oppositionell eingestellter Renegaten hinzunehmen, die außerdem noch über starke PSI-Kräfte verfügten. Es war zu harten Kämpfen gekommen, aber im Endeffekt hatte es sich als unmöglich erwiesen, die Kolonie zu vernichten. Seit zweihundert Jahren lebten die Nachkommen der ersten Kolonisten nun – abgeschlossen von der Außenwelt und den anderen Planeten – im Versiegelten Land. Nach Beendigung der Kämpfe hatte das Konzil eine zweite Kolonistenwelle nach Adzharis gebracht: in der Hauptsache einfache Menschen von der Erde, deren Einstellung sich mit dem Satz »Tust du mir nichts, dann tue ich dir auch nichts« am einfachsten umschreiben ließ. Man hatte zunächst gehofft, den Widerstand durch die neuen Siedler im Laufe mehrerer Generationen aufweichen zu können. Aber dieser Versuch mißlang, denn die Erstsiedler vermieden jeden Kontakt mit den Neuankömmlingen. So schloß man die Erstsiedler schließlich im Versiegelten Land ein, womit sie durchaus einverstanden waren.
    Als Nell Ohara durch das Seitenfenster nach unten schaute, gewahrte sie auf den ersten Blick nichts als einen dichten grünen Dschungel. Das Außenthermometer zeigte dreiundzwanzig Grad Celsius an; für Leute mit Gepäck würde es also ganz schön warm werden.
    Der Pilot schrie: »Festhalten!«
    Der Helikopter sank immer tiefer, flog einige hundert Meter über den Baumwipfeln dahin und steuerte dann eine fast kreisrunde Lichtung an. Ansgar deutete verwirrt auf das winzige, halbkugelförmige Protopgebäude, das sich an den Boden des freien Platzes schmiegte. Es war grün wie der Wald und in dieser Umgebung kaum deutlich zu erkennen.
    Nell winkte sorglos ab. »Das ist unser Anlaufpunkt«, schrie sie, um das Dröhnen der Rotoren zu übertönen. »Der Mann, der dort unten Wache schiebt, ist über alles im Bilde!«
    Der Pilot ließ die Maschine aufsetzen

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