Die Terranauten 069 - Die Bio-Invasion
Mensch. Es gibt nur einen Ort, der wirklich Schutz bietet, weil dort alle Anlagen und Gerätschaften vorhanden sind, um selbst eine ganze Armee abzuwehren: die verlassene Gardenbasis auf der Rotriese zugewandten Seite Maranyns. Wenn sie sich da verschanzt, genug Nahrungsmittel und Emotioblocker hat, kann sie in Ruhe abwarten, was aus Maranyn wird.«
»Kurier!« brüllte LeMaire.
Die Tür sprang auf, und ein junger, uniformierter Mann stürmte herein.
»Manag?«
»Dringlichkeitsbefehl an alle Einheiten der konzerneigenen Sicherheitsdienste von IWF, ASK und Kulturaimport/Maranyn: Bereitmachen zum Aufbruch in Panzerwagen. Alle verfügbaren Vorräte an Lebensmitteln sowie Waffen und Munition sind mitzunehmen. Sammelpunkt ist das Planquadrat 3 im Nordbezirk Doriamans. Vollzug sofort. Bestätigungsmeldung an mich.«
Der Uniformierte salutierte und eilte davon, um den Befehl weiterzugeben.
Gulager sah LeMaire an. »Was haben Sie vor?«
»Wie unsere liebe Freundin Vanessa sagen würde: ›Es liegt doch auf der Hand‹. Wir verschwinden, Leon. In Richtung der Rotriese zugewandten Hemisphäre. Wir knacken die Gardenbasis. Und wenn es das letzte ist, was ich tue. Wir knacken sie!«
*
Und so höret, ihr Viertnovizen, ihr, die ihr in die Einsgemeinschaft der Mirhyry aufgehen wollt: Der Lange Weg ist die letzte große Prüfung. Ihr werdet die Dorfgemeinschaft verlassen und hinauswandern, um andere Dinge zu sehen, die euch Verstehen und Einsicht verleihen. Diese letzte Prüfung besteht aus vier Teilen: Ihr werdet die Einsgemeinschaften der Andersbrüder sehen und erleben; ihr werdet die Niedersümpfe von Oth durchqueren, jene Zone, in der das Verbindungsgespinst vor Äonen zerbrach; ihr werdet die Hochländer von Miash erwandern, die Zone der kalten Winde und inneren Einsamkeit; und ihr werdet in den Blauen Fluoreszenzwüsten von Lham gleichzeitig schwitzen und frieren.
Jeder einzelne Prüfungsteil wird euren Reifeprozeß beschleunigen. Die neuen Erfahrungen werden euch sagen, was Weisheit wirklich ist und welche Last sie bedeutet. Und wenn ihr zurückkehrt zur angestammten Einsgemeinschaft, dann werdet ihr keine Viertnovizen mehr sein, sondern Ganzmirhyry.
Aber, oh, ihr Novizen, so bedenkt wohl: Ihr seid während des ganzen Langen Weges ganz auf euch allein gestellt. Es ist euch untersagt, Hilfe von eurer Einsgemeinschaft, einem Weisen oder einem anderen Ganzmirhyry anzufordern. Ihr müßt mit dem, was euch begegnet, allein fertig werden …
(Aus: Lehrsätze der Mirhyry)
*
Die Stadt war dunkel. Der Wind wehte kalt, und die Eispartikel, die er mit sich fortgewirbelt hatte, waren Schnee gewichen, der den Boden mit einer weichen, manchmal blau oder auch rot schimmernden Schicht bedeckte.
Der Lauffresser Reijonens nieste und hechelte dann. Deutlich vernahm Dihs seine steigende Unruhe. Er konsultierte den Partner, ließ sein Ich treiben und blickte in die Stadt hinein.
Dunkel. Dunkel und tot.
Sie Gebäude ragten wie Monumente einer einstigen, aber längst vergangenen Größe empor. Die Fenster waren nun finstere, leere Höhlen in einem leblosen Skelett.
»Ich habe ein ungutes Gefühl«, sagte Mahi Drahmen. »Auch hier ist das Gespinst dünner geworden. Und sieh nur! An manchen Stellen gar ist es ganz zerbrochen. Was mag das alles zu bedeuten haben?«
»Ich weiß es nicht«, gab Dihs ehrlich zurück und berührte den Zentralnervenpunkt seines Lauffressers. Der Läufer stürmte davon, auf die Ausläufer der Stadt Ashram zu – obwohl er seinem Widerwillen mit einem Wedeln der unterteilten Zunge deutlichen Ausdruck verlieh.
Müll türmte sich in den Straßen. Papierfetzen, Essensreste, verdorben, verkommen. Ratten huschten davon, als sich die beiden Lauffresser näherten. Ihre Augen glühten in der Finsternis. Es stank. Aber der Gestank, wußte Dihs, wäre noch stärker gewesen, wenn jetzt Langtag herrschte und die Kälte der Langnacht nicht den Verwesungsprozeß verlangsamte. Die Infrarotsicht offenbarte den beiden Viertnovizen erlöschende Wärmequellen in den Häusern, rote und gelbe Streifen, verblassend. Es ging weiter in die Stadt hinein. Die Unruhe der Lauffresser steigerte sich. Wiederholt streichelte Dihs Reijonen die Weitsinnerven seines Lauffressers, doch dessen Unruhe und Nervosität ließen kaum nach. In den schmalen, dunklen Gassen der Stadt hockten zusammengekauerte Gestalten, die sich sofort davonmachten, wenn sich Mahi oder Dihs ihnen näherten. Die von den Partnern der beiden
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