Die Terranauten 083 - Chaos über Sarym
Rorqual.«
Ein weiteres Bild: ein gigantischer, wabernder Teppich. Ein Riß, der sich durch die Leere des Weltraums zog wie ein gewaltiger, alles verschlingender Rachen. Fremde, bösartige Stimmen – Wesenheiten aus dem zweiten Weltraum, lebensfremde Wesenheiten, die nun einen Weg in die Regionen des ersten Weltraums fanden. Verzerrte Raum-Zeit-Linien. Entropiebeschleunigung.
»Kaiserkraft-Konglomerate«, stöhnte Narda.
»Das Ausmaß der Gefahr«, fuhr Aura Damona fast sanft fort, »hat die vorprogrammierte Gefahrenschwelle überschritten. Die Waffe der Uralten ist nicht einsatzbereit. Die Lenker stehen vor einer Aufgabe, die sie nicht mehr bewältigen können. Die Kettenglieder der Langen Reihe – der Waffe der Uralten – müssen sich schützen: die Abschottung.«
»Auf Sarym leben fast sechzigtausend Menschen«, sagte Narda leise. »Und sie können nicht evakuiert werden, da im Raum die Kosmischen Sporen dahintreiben. Wir müssen etwas tun!«
David atmete schwer. Aura Damona horchte einige Sekunden lang in sich hinein. »Meine Mutter versucht, die PSI-Aura Saryms weiterhin zu kontrollieren. Es ist eine schwierige Aufgabe, und ich weiß nicht, ob es ihr gelingen wird, die Heranreifung Kosmischer Sporen in den Brutgewölben tief unter der maritimen Korallenstadt zu verhindern. Eine einzige ins Freie gelangende Spore würde genügen, um auf Sarym zu einer Katastrophe zu führen …«
»Habt ihr keine Möglichkeit, die Abschottung zu verhindern?« fragte Narda.
»Lyda und ich?« Sie lachte, sanft, weich. »Du überschätzt uns, Narda. Was sind wir gegen die geballte Kraft einer Modifikations-Submatrix? Was gegen die Energien von fünf intakten Auren? Ein Nichts. Das alte Programm ist wesentlich stärker. Nichts kann die Verwirklichung dieses Programms aufhalten.« Sie hielt kurz inne. »Es sei denn …«
David schlief. Es war ein fast bewußtlosigkeitsähnlicher Schlaf der Erschöpfung.
»Ja?« hakte Narda nach.
»Du bist stark. Du müßtest es auch spüren.« Und vor Nardas Augen verschwammen die Konturen des quasiintelligenten Steuerzentrums des Himmelsstürmers. Das All. Und ein fernes Wispern, das sickernde Rinnsal telepathischer Signale.
»Was ist das?«
»Als meine Mutter damals zusammen mit Onnegart Vangralen und Ennerk Prime von Sarym floh, schickte sich der letzte der sieben neuen Sammler an, das Norvo-System zu verlassen. Das Auftauchen eines Kaiserkraftschiffes, die dabei freiwerdenden Emissionen, haben in seinem Bewußtsein zu einem Schock geführt. Er konnte das System nicht verlassen. Sein quasiintelligentes Steuerzentrum schlief ein. So, wie das Bewußtsein Davids im PSI-Netz. Mit dem einen Unterschied, daß ein Sammler ein Teil der Auren und des alten Programms ist. Wir hingegen – selbst ich – sind nunmehr Fremdkörper für eine veränderte Modifikations-Submatrix. Der Sammler nicht. Wenn es uns gelänge, seine Informationsspeicher zu beeinflussen und auf diese Weise neue Daten in das PSI-Netz zu schleusen …«
»… könnten wir die Abschottung möglicherweise verhindern.« Narda wirkte aufgeregt.
Aura Damona nickte und schritt an die beiden Kuben heran. Sanft berührten ihre Hände das weiche Material des quasiintelligenten Steuerzentrums.
»Es klingt einfacher, als es ist«, bekannte sie. »Der Schlaf des Sammlers ist tief, wenn er auch keine Auflösung, wie es bei David der Fall gewesen wäre, mit sich bringt. Ich weiß nicht, ob ich ihn wecken kann.«
»Wir müssen es versuchen !«
»Ja. Aber der Sammler schwebt an den äußersten Grenzen des Norvo-Systems. Und im interplanetaren Raum warten die Kosmischen Sporen.« Sie drehte sich wieder um. »Es wird nicht leicht sein, Narda. Du weißt, ich kann das PSI-Netz kaum noch kontrollieren. Wenn eine der Sporen auf uns aufmerksam wird und ihrem genetischen Programm gemäß zu handeln beginnt …«
Narda nickte ernst.
*
Das den Ringo einhüllende, pfeifende Heulen ließ rasch nach, als die letzten Ausläufer der Atmosphäre Saryms hinter ihm zurückblieben. Llewellyn 709 verspürte einen kurzen, beißenden Schmerz, als das Kleinraumschiff den psionischen Schirm durchbrach, der ganz Sarym einhüllte. Der Riemenmann hoffte, daß es Lyda Mar gelang, mittels einer peripheren Kontrolle der PSI-Aura den Schirm aufrechtzuerhalten und so zu verhindern, daß Ableger der Kosmischen Sporen auf dem grünen Planeten niedergingen.
Die Generatoren des magnetohydrodynamischen Antriebs brummten dumpfer, als der Ringo Fahrt aufnahm und
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