Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Terranauten 088 - Der Exil-Planet

Die Terranauten 088 - Der Exil-Planet

Titel: Die Terranauten 088 - Der Exil-Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
Vom Netzwerk:
und sie mußten in den nächsten Stunden immer intensiver werden –, dann konnten die Höhlen zusammenstürzen und alles, was sich darin befand, unter sich begraben.
    Das Pochen und Mahlen kam näher. Sie verließen die zweite Höhle, betraten eine dritte, dann eine vierte. Dies war eine Welt unter der Welt. Eine Welt, der Ewigen Dämmerung. Eine Welt umhüllt von kühlem Fels.
    Aber nirgendwo fand sich ein Gang oder eine Spalte, die nach oben führte.
    Immer weiter. Durch Labyrinthe aus Tropfsteinvorhängen. Durch Irrgärten aus Felsblumen, die wie zerbrechliche Kunstwerke aus Kalkwasserseen aufragten.
    Und das Pochen kam näher.
    »Das ist kein Beben«, sagte Vangralen leise und blieb stehen. Es stank nach Schwefel. »Das hört sich eher an, wie …«
    In der Felswand vor ihnen entstand ein Spalt, der sich rasch verbreiterte. Ein monströses Etwas schob sich daraus hervor. Ein bizarres, unsymmetrisches Gebilde, das sich durch den Fels fraß. Es schaufelte die Felstrümmer in sich hinein, als seien es besonders delikate Leckerbissen. Und es kroch in ihre Richtung.
    David hob die Waffe.
    Aber das Gebilde schob sich unbeeindruckt an ihnen vorbei. Es beachtete sie nicht einmal. Und als sie es aus der Nähe betrachten konnten, stellten sie fest, daß es kein Lebewesen war. Die Flanken schimmerten hell und spiegelten das Licht des Schimmermooses.
    Kein organisches Geschöpf.
    Es war eine Maschine.
     
    *
     
    Trauer ist in uns.
    Denn wir haben versagt.
    Trauer ist in uns.
    Denn wir haben viele Fehler gemacht.
    Trauer ist in uns.
    Denn wir haben die Große Mutter, den einzigen Urbaum, verlassen. Wir haben das Erbe der Uralten verraten. Wir wollten ihre große Aufgabe weiterführen und vollenden. Wir wollten eine Synthese zwischen anderem und pflanzlichem Leben schaffen.
    Trauer ist in uns.
    Denn wir sind gescheitert.
    Wir bemerkten nicht, daß in unserem eigenen Volk der Keim der Zerstörung entstanden war. Wir bemerkten nicht, wie sich unsere Bruderschwestern veränderten. Wir bemerkten nicht, wie die Besessenheit von dem Wunsch, zur Großen Mutter zurückzukehren, alle Prinzipien in ihnen verdrängte.
    Trauer ist in uns.
    Denn wir selbst waren es – die Knospen des Baumes –, die eine weitere Destabilisierung der Langen Reihe verursachten. Wir selbst waren es, die die Aufgabe der Lenker noch schwieriger machten. Wir selbst waren es, die die Zweite Welt noch etwas näher an den Entropiekollaps heranführten.
    Trauer ist in uns.
    Denn jetzt gibt es keinen Rückweg mehr. Unsere Hoffnung ist dahingeschwunden. Wir haben die Große Mutter verloren. Wir mußten viele der Unsrigen opfern. Nur wenige sind übriggeblieben.
    Trauer ist in uns.
    Denn auch die Zweite Welt wird sterben, wenn es nicht gelingt, die Lange Reihe wieder zu stabilisieren und für den Einsatz vorzubereiten.
    Trauer ist in uns.
    Denn es gibt auch nur noch wenige Lenker, die ihrer Aufgabe fast hilflos gegenüberstehen. Die Katastrophe aber weitet sich aus …
    (Aus: Trauergesänge der Knospen des Baumes)
     
    *
     
    Behutsam schwebte das biomentale Engramm von Schön-Duft durch den zerschmetterten Körper der Nährkapselfähre. Deutlich vernahm sie die fernen Ausstrahlungen der Renegaten. Nur kurz gab sie sich dem Haß hin, dann rief sie sich wieder zur Ordnung. Haß war nicht harmonisch und daher ein weiterer Fehler. Sie durfte keinen Haß empfinden. Sie durfte nur an ihre Aufgabe denken.
    Schön-Duft schwebte aus dem Körper der Fähre hinaus. Sie verzögerte den Retransfer und sondierte. Nein, keine Hitze, kein Magma. Hell-Blüte hatte sich überraschen lassen. Ein Fehler, der ihr Leben gekostet hatte. Schön-Duft war vorsichtiger. Sie mußte vorsichtiger sein, denn nun lag es nur noch an ihr, ob die von den Renegaten ausgehende Gefahr gebannt werden konnte.
    Mit halbstabilem Körper driftete sie weiter.
    Die Nährkapselfähre war unter einem Berg aus Gesteinstrümmern begraben. Schön-Duft mußte diese Halbphase so rasch wie möglich beenden, denn sie kostete Kraft. Kraft, die sie bei der Konfrontation mit den Renegaten dringend benötigen würde.
    Sie ließ sich tiefer hinabsinken und suchte nach einem Hohlraum, in dem sie den Rücktransfer abschließen konnte. Kurz darauf hatte sie einen gefunden und löste die Reste des biomentalen Engramms auf.
    Ihr Zellularkörper materialisierte inmitten einer riesigen Höhle. Auf ihrem PSI-Kissen glitt Schön-Duft davon. Sie verdrängte die Gedanken an Hell-Blüte. Jetzt war nur noch die Aufgabe wichtig. Sie

Weitere Kostenlose Bücher