Die Terranauten 095 - Treffpunkt Sternenstadt

Feuer streicheln, das sie nicht verbrennen konnte. Aber sie waren auch ausgeliefert. Sie waren passiv, nicht aktiv. Sie konnten existieren, nicht leben. Das Chaos der energetischen Schlieren verhinderte Organisation und Zusammenschluß.
    Aber nicht für alle Bestandteile dieser Überwelt.
    Es gab Zonen der Ruhe, Stille Inseln in einem aufgewühlten, seit Äonen sturmgepeitschten Ozean. Diese Zonen wanderten umher in der Unendlichkeit, auf der Suche nach einem Weg, der bisher noch verschlossen war. Manche dieser Stillen Inseln waren eher fest und massiv und überraschend stabil, andere waren wie schillernde Blasen, deren Oberflächen sich ständig veränderten und deren Innenzonen von Zeit zu Zeit einer von den Tachyonenstürmen induzierten Destabilisierung unterlagen.
    Dies waren die Traumreiche der Entitäten.
    Manche Banshees, jene, die die lange Zeit der Isolation mit vergleichsweise wachem Semiverstand überlebt hatten, versuchten immer wieder, aus der Zone der Stürme in die Bereiche der Ruhe zu wechseln. Sie scheiterten. Denn war der zweite Weltraum auch die Zweitheimat der Entitäten, vermochte das Energietosen diesen Lebenskonglomeraten auch nichts anzuhaben, so mußten sie sich doch vor den direkten Auswirkungen in diesem Medium schützen und ihre Traumreiche abschirmen.
    Ruhe. Stille. Und das leise Flüstern des Energieorkans, der bis ans Ende aller Zeiten andauern würde.
    Ky: Wir haben einen Fehler gemacht. (Schuldbewußt.) Es hat sich einwandfrei herausgestellt, daß die Fremdindividuen in unserem Archiv nicht zu den Entropieverbrechern zu zählen sind. Es handelt sich zwar um Angehörige desselben Volkes, aber ich wies schon nach, daß wir es bei dieser Primitivzivilisation mit keinem homogenen Volk zu tun haben. Der Einsatz des Dunklen sowie der Schlichter war somit nicht nur unnötig, sondern sogar falsch.
    Renan Mer: Geringe Informationen führen zu Fehleinschätzungen. (Gelinde Unruhe.) Das energetisch-strukturelle Gefüge der Sternenstadt befindet sich kurz vor dem entscheidenden Kollaps. Das Archiv ist ebenfalls unmittelbar bedroht. Abschirmungsmaßnahmen haben versagt. Der Archivverwalter bereitet einen Dimensionstransfer vor.
    Ky: Es ist die einzige Möglichkeit, einem Verlust des Archivs vorzubeugen. Die Aufgabe, Wissen zu vermitteln, Evolutionswege abzukürzen und somit Reife zu beschleunigen, ist zu bedeutsam. Das Archiv muß geschützt werden.
    Renan Mer: (Weiter steigende Unruhe.) Der Archivverwalter handelt einerseits richtig, macht aber auch einen folgenschweren Fehler. Wenn das Archiv in eine sichere Dimensionsfalte gleitet, haben wir keine Möglichkeit mehr, uns oder einen Ausführer durch den Sphärentunnel ins Innere des Archivs zu transferieren. Der Konnexkristall befindet sich immer noch dort.
    Ky: Der Dunkle hat versagt. Der Kristall hat sich als stärker erwiesen. Er wehrt sich einer Vergrößerung der räumlichen Entfernungen zu seinem Wahren Kontaktpartner. (Analyse, Skepsis.) Ist es richtig, den Kristall von diesem Kontaktindividuum entfernen zu wollen? Mir liegen Anhaltspunkte vor, die besagen, daß eine Verbindung von Kontaktperson und Konnexkristall von nahezu existentieller Bedeutung für die Eindämmung von weiteren Zonen entropiebeschleunigender Energie ist. Offenbar besteht ein weitaus längerfristiger Plan des präkosmischen Lebens, als wir bisher vermuteten. Ich bin mir nicht sicher, ob es richtig ist, in diese Langzeitplanung einzugreifen.
    Renan Mer: Wissen ist Leben und Erkenntnis. Ohne Erkenntnis ist eine Weiterentwicklung unmöglich. Das Alte Wissen kann uns auf unserem Weg rasch voranbringen, das bedenke wohl.
    Ky: Vielleicht gibt es noch eine andere Möglichkeit, Sternenstadt wie Archiv zu schützen. Ein Einsatz des Konnexkristalls vermag Entropiebeschleunigung zu absorbieren. Es ist zu einem solchen Einsatz gekommen, aber nicht infolge der Aktivität der autorisierten Person. Die Wahrscheinlichkeit, daß sich der Absorptionsfaktor durch einen Einsatz des Wahren Kontakters überproportional steigern läßt, ist sehr groß. Wir sollten nicht länger zu verhindern versuchen, daß der Kristall in die Verfügungsgewalt dieser Autoritätsperson fällt, Renan Mer. Vielmehr sollten wir versuchen, die Zeit bis zum Kontakt beider Absorptionselemente abzukürzen.
    Renan Mer: Ich verstehe deine Absichten. Es ist tatsächlich ein Weg, Schutzmaßnahmen zu vollziehen. (Überlegen.) Aber das Alte Wissen ist auch für uns ungeheuer wichtig. Vielleicht läßt sich beides