Die Terranauten TB 11 - Spektrum-Jagd
der sensible Pilot – damals kaum mehr als ein Kind – nahm das Wissen begierig in sich auf.
Die Bilder an den gewölbten Innenwänden der Genesungskammer veränderten sich nun in einem noch schnelleren Rhythmus. Die Zuweisung erster Raumschiffe, schließlich dann der Sucher.
Und der fremde Pilot, der sich in die Bordsysteme eingeschlichen und ihn verdrängt hatte.
Cascar schrie auf. Diesmal aber nicht vor Schmerz, sondern aus Zorn. Mit seinen dünnen Armen griff er nach den Haltestreben und zog sich auf den Ausgang zu.
»Sie sollten sich weiter ausruhen«, wandte sich ein Henschi mit knarrender Stimme an ihn. Der Arzt trug einen dicken Schutzmantel, und kleine Servomechanismen krochen ihm über die Haut und stimulierten die borkenartigen Nervenenden. An Bord des Suchers herrschte eine Temperatur, die Cascar als angenehm erachtete. Für den Henschi aber mußte das Klima im Innern des Moduls einer Eishölle gleichkommen. Der Arzt stammte von einem heißen Wüstenplaneten, und er vermißte die lodernde Sonne, den sengenden Sand, die trockene Luft. »Sie haben Ihren Schock keineswegs überwunden.«
Er gestikulierte mit seinen Triarmen. Die Fladenkörper einiger Paray krochen umher. Luben standen an der Tür. An den Wänden des Medozimmers glühten Anzeigen, und auf dem niedrigen Tisch erhoben sich die fast fragil aussehenden Geräteblöcke mehrerer Analyseinstrumente.
Cascar taumelte weiter, gestützt von einem Bordsoldaten. Der Hornpanzer des Luben war poliert und mit schillernden Farbkennungen versehen. Die Brustdrüsen sonderten einen Geruch ab, den Cascar nicht mochte. »Sind die … Eindringlinge … unschädlich gemacht?« krächzte er.
»Noch nicht«, erwiderte der Lube. »Aber es kann nicht mehr lange dauern.«
»Pilot«, wandte sich erneut der Henschi-Arzt an ihn, »Sie sind sehr geschwächt. Sie müssen in die Genesungskammer zurückkehren.«
»Wer steuert das Schiff?«
Der Lube an seiner Seite wirkte plötzlich sehr unsicher. Cascar hatte die Soldaten immer verabscheut. Sie dachten nur in einer Richtung – wenn sie überhaupt dachten. Sie waren unfähig, größere Zusammenhänge zu erkennen. »Wir haben keine Kontrolle mehr über die Systeme.«
»Er … er hat vor …«
Dicht vor der Tür, die aus dem Rekonvaleszenzzentrum hinausführte, erlitt Cascar einen Schwächeanfall. Das Bild vor seinen Augen verschwamm, und sein Herz pochte rasend schnell. »Eine Injektion«, stöhnte er. »Ich brauche eine Injektion.«
»Ich kann keine Verantwortung mehr übernehmen, wenn Sie …«
»Haben Sie nicht verstanden?« unterbrach ihn der sensible Pilot mit sich überschlagender Stimme. »Der Befehl über alle Module des Suchers obliegt allein mir. Sie haben sich meinen Anordnungen zu fügen.« Er dachte an den Plan des Fremden, und er erschauerte. Er beruhigte sich erst wieder, als ihm der Henschi die gewünschte Injektion verabreichte.
»Die Wirkung«, sagte der Arzt scharf, »hält nur kurze Zeit an. Danach kommt es zu einem völligen Zusammenbruch. Und wenn Sie dann nicht auf meinen Rat hören und sich in die Genesungskammer zurückziehen …«
Cascar achtete gar nicht auf diese Worte. Er gab dem Luben den Befehl, ihn in die Kommandozentrale zu begleiten. Auf dem Weg dorthin stieg seine Unruhe erneut an, aber er zwang sich dazu, sie nicht zu zeigen, während sich hinter seiner schmalen Stirn Gedanken zu chaotischen Wirbeln vereinten.
In der Zentrale war es still. Nur noch einige wenige Sensorpunkte und Kontrollen leuchteten, und in einem der nach wie vor aktivierten Projektionsfelder zeigten sich graue Schlieren.
»Wir sind in den Transfer gegangen«, stellte Cascar überrascht fest. Das bedeutete, daß der Fremde sein Ziel nahezu erreicht hatte. Ihm blieb nur noch wenig Zeit, die Pläne der eingedrungenen Emigranten zu vereiteln.
»Ja«, bestätigte der Lube. »Aber es handelt sich nicht um einen entropischen Transit, Pilot.«
Natürlich nicht, du Narr! dachte Cascar. Es sind Emigranten, keine Garawanen. Sie steuern das Schiff jetzt allein mit psionischen Kräften, nicht mit den Feldprojektoren, die ein Schwarzes Loch simulieren – und nicht mit den Aggregaten, die Transfers über lichtjahreweite Strecken ermöglichten.
Vorsichtig, von dem Luben gehalten, ließ er sich in die Bodenmulde mit der zähen und klebrigen Nährflüssigkeit sinken. »Helfen Sie mir dabei, die Anschlüsse herzustellen.« Und während der Soldat seiner Aufforderung nachkam, fiel dem sensiblen Piloten noch etwas ein.
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