Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
von diesem Ungeheuer genügt, und – Ich kann nicht mehr, Andrej.« Sie weinte wieder. »Ich fühle mich so – ausgelaugt!«
    Andrej brannte wie in einem inneren Feuer. Er hörte ihr nicht zu. »Ich muss ein paar Vorbereitungen treffen. Es wird zwei, drei Tage dauern. Es kann gar nicht schiefgehen. Ich sage dir Bescheid, wenn ich alles organisiert habe.«
    Sie starrte ihn an. Bislang hatte er sich immer ihr unterlegen und hilflos gefühlt, doch dieser Abend war eine Katharsis gewesen. Er hatte einen Plan, und er war überzeugt, dass er funktionierte. Er beugte sich vor und küsste sie auf den Mund, mit einer Selbstsicherheit und einem Ungestüm, das ihm selbst fremd war. Dann sprang er auf.
    »Das ist der erste Tag in unserem neuen Leben«, rief er.
    In der Gasse draußen war er noch immer so aufgeregt, dass er mit langen Schritten durch die Nacht zum Hradschin hinauflief und sich nicht wie sonst bemühte, leise zu schleichen und die Nachtpatrouille nicht auf sich aufmerksam zu machen.
    Er bemerkte die zerlumpte Gestalt mit der fadenscheinigen Binde um die Stirn nicht, die aus einem Schatten kroch und ihm hinterhersah. »Das auch noch«, murmelte die Gestalt. »Warum fickst du sie nicht, bis du nicht mehr stehen kannst, du Vollidiot?« Die Gestalt setzte sich mit schmerzenden Füßen in Bewegung und hielt nach wenigen Metern wieder an. »Auch noch laufen, gottverdammt. Du kannst mich mal.« Der Mann starrte dem davoneilenden Andrej mit schmalen Augen hinterher. »Warum hast du’s bloß so eilig, du Trottel? Sonst bist du immer nach Hause gekrochen . Aber was soll’s! Du kennst deinen Auftrag, Abschaum? Jawohl, Pater, die Kleine beschatten! Vertrauen Sie ihr nicht mehr, Pater? Halt die Klappe und mach bloß keinen Fehler, Abschaum! Keine Sorge, Pater, ich halte mich an Ihre Anweisungen, bis der Herr Jesus vom Kreuz springt und mir was anderes sagt! Dein Glück, Abschaum, dein Glück!«
    Er wandte sich ab und schlich wieder in den Schatten neben Yolantas Haus, der ihn verborgen hatte.
    »Mach bloß keinen Fehler«, brummte er, »mach bloß keinen Fehler. Und vor allem: halt die Klappe. Äääh! Fahr zur Hölle, Pater-Scheiß-Xavier!«
    21
    »N… n… nich’ n… n… noch mal« , brachte Buh hervor.
    »Nein«, sagte Pavel und zerquetschte ein Moospolster zwischen den Fingern. Braunes Wasser lief heraus wie Blut. »Nicht noch mal.«
    Sie betrachteten den Weiler abseits der Straße aus ihrer Deckung heraus. Rauchsäulen standen über den Kaminen. Der Frühling hatte zwar inzwischen Tritt gefasst und würde sich nicht mehr vom Winter durcheinanderbringen lassen, aber im Inneren der Häuser herrschte immer noch die feuchteKälte des Tauwetters. Weit entfernt hinter den flachen Hügeln glaubte Pavel ein graues Flimmern in der Luft wahrzunehmen, eher aus dem Augenwinkel zu erkennen als bei direkter Betrachtung. Das würde Prag sein. Auch dort würden die Kamine rauchen.
    Ihre Reise hätte genüsslich verlaufen können: Seit ihrem Aufbruch war es warm gewesen, vor den sporadischen Frühlingsregengüssen hatten sie sich jedes Mal rechtzeitig in Sicherheit bringen können, und durch den Umstand, dass die Straßen voller Reisender waren, hatten sie stets gut gegessen – am Anfang der Reisesaison gab man wandernden Mönchen gern ein Almosen, um Gott und die Heiligen günstig für die eigenen Zwecke zu stimmen. Die Vögel sangen so laut in den Wäldern, dass Pavel und Buh, wenn sie ihr Lager im Freien aufgeschlagen hatten, regelmäßig in der Morgendämmerung geweckt worden waren, doch das war immer noch besser als vom Geläut der Primglocken aus dem Schlaf gerissen zu werden, das dünn und misstönend in die Höhlen unterhalb des Braunauer Klosters drang. Das Wasser in den Bächen war klar und frisch gewesen und hatte noch nach Schnee geschmeckt, was man schätzte, wenn die Frühlingssonne die Kutte wärmte und der Winter nur noch eine Erinnerung war. Und doch – und doch waren fünf von den sieben Tagen, die sie unterwegs waren, eine Strapaze gewesen.
    Die Ursache war Buh. Es war nicht seine Schuld, es war vielmehr Pavels Schuld, oder wenn man schon einen wirklich Schuldigen suchte, dann war es die Schuld des Teufels, der der Welt sein persönliches Testament hinterlassen hatte, damit sie sich selbst damit verdarb; aber da der Teufel nicht zu fassen war und Pavel dazu neigte, die Dinge persönlich zu nehmen, war es am Ende doch seine Schuld.
    Buh, der Fliegen in seinen großen Tatzen fing und sie an der frischen Luft

Weitere Kostenlose Bücher