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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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freiließ, der selbst die Asseln, die es in ihrem selbst gewählten Verlies unter dem Kloster zu Tausenden gab,lieber vorsichtig beiseiteschubste, anstatt sie wie alle anderen mit einem Fingerschnippen in die nächste Ecke zu katapultieren, Buh, der jetzt gedankenverloren die Knöchel seiner rechten Faust rieb, wo sich die Haut schon wieder über den aufgeplatzten Stellen geschlossen hatte –. Ich habe gehofft, dich von allen Sünden fernhalten zu können, dachte Pavel. Ich habe versagt. Er hatte die schlimmste Sünde auf sich genommen, wie Abt Martin es ihm aufgetragen hatte, aber er hatte nicht vermocht, Buh rein zu halten.
    »Nicht noch mal«, bekräftigte er.
    »V… v… versp…prochen?«
    »Es wird diesmal keine Schwierigkeiten geben. Sie ist eine alte Frau. Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit. Den Leuten auf der Straße waren unsere schwarzen Kutten egal, aber sie wird sie sofort wiedererkennen, und sie wird sich nicht weigern.«
    »D… d… der … Kn… Kn…«
    »Ja, der Knecht hat sie natürlich auch erkannt und sich nicht beeindrucken lassen. Ich weiß.« Pavel seufzte. »Aber diesmal ist es anders. Ich verspreche es.«
    »V… v… viel… viel… leicht… gnnnnn… vielleicht … viel…«, Buh gab es auf. Pavel nickte. Wie immer wusste er, was der Riese sagen wollte. Vielleicht – vielleicht war die alte Frau nicht zu Hause? Vielleicht waren sie umsonst gekommen und würden somit umkehren? Er schnaubte. Sie würden nicht umkehren, weil sie nicht umkehren konnten. Der düstere Schatz, den sie hüteten, war in Gefahr, solange es auch nur die geringste Möglichkeit gab, dass die Welt wieder auf ihn aufmerksam wurde. Wenn er in Gefahr war, dann war das Kloster in Gefahr; war Abt Martin in Gefahr. Pavel verstand, dass es um mehr ging als nur um ihr Kloster oder den Vater Abt, aber in seiner Gefühlswelt war es die Bedrohung für diese beiden, die ihn antrieb.
    Er stand auf. Buh musterte ihn von der Seite.
    »Hör zu«, sagte Pavel deutlich. Buh war nicht schwer vonBegriff, er tat sich nur mit dem Reden hart, doch die Welt neigte dazu, einem Stotterer zu unterstellen, dass seine Gedanken ebenfalls langsam vorankamen. Pavel wusste es besser, und dennoch ertappte er sich manches Mal dabei, dass er mit Buh sprach, als könne dieser noch nicht mal zur Latrine finden, wenn nicht ein Vorgänger auf dem Donnerbalken versehentlich den Deckel offen gelassen hatte. »Es war schwieriger, den Knecht zu finden, weil wir seine damalige Reise mühsam nachvollziehen mussten. Das ist hier nicht der Fall.«
    Der Knecht war nicht weit gekommen, nachdem er und die Frau mit Bruder Tomáš’ Segen und dem Geld von Prior Martin Podlaschitz verlassen hatten – nur bis Kolin. Es war schwer genug gewesen, seine Spur bis dorthin zu verfolgen. Dass die Frau bis in die Nähe von Neuenburg geflohen war, war leichter herauszubekommen gewesen. Nein – es war nicht leichter gegangen, lediglich schneller, und auch das nur im Vergleich mit der tagelangen Suche, die seinem Aufstöbern vorausgegangen war. Es hatte zwei Stunden gedauert, und zwei Stunden mochten kurz erscheinen, waren es aber nicht, wenn sie mit den Geräuschen von Schlägen und von Schmerzensschreien begleitet vergingen. Es war erstaunlich, wie lange ein Mensch Folter ertragen konnte, um jemanden zu schützen, den er nicht einmal gut genug gekannt hatte, um sich mit ihm denselben Ort als neue Heimat auszusuchen. Buh rieb sich erneut die heilenden Knöchel an der rechten Hand, als habe er Pavels Gedanken verstanden; sein Gesicht war finster.
    »Andererseits ist Kolin größer als Neuenburg, und sie lebt auch noch außerhalb der Stadt auf diesem Weiler dort vorn. In Kolin konnten wir das Haus finden, einbrechen und den Burschen festhalten, ohne dass die Nachbarn etwas merkten; das geht hier nicht, schon weil wir gar nicht wissen, in welchem Haus sie lebt.«
    Buh nickte. Pavels Ortskenntnisse waren nicht überwältigend, aber dass beide Flüchtlinge sich in Richtung auf Prag zu bewegt hatten, war ihm klar. Hatten sie ursprünglich gehofft, in der großen Stadt untertauchen zu können? Oder war es nur um die größere Anonymität dort gegangen, die es leichter machte, die Spur eines kleinen Kindes zu verwischen? Sicher war nur, dass beide sich Orte als neue Bleibe gesucht hatten, die protestantisch beherrscht waren. Es schien, dass sie nicht nur Tagesreisen, sondern auch Konfessionsgrenzen zwischen sich und ihre frühere Heimat hatten bringen wollen.
    »Wir müssen sie

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