Die Teufelsbibel
waren alles Lügen und Zwang gewesen, aber sie hatte einen sanften Weg gewählt, mit ihm umzugehen. Und was auch immer er jetzt denken sollte oder fühlen durfte – »Was soll ich mein Herz fragen angesichts dieser Geschichte, Jarka?«, – eines war vollkommen klar: er liebte sie mit jeder Faser seiner Existenz. Er konnte sie von sichstoßen und in gerechtem Zorn brennen, aber ver brennen würde er aus unerfüllter Liebe zu ihr. »Was soll ich jetzt tun, Ja… Yolanta?«
»Nenn mich weiter Jarka«, sagte sie leise. »Es ist ja nur ein Kosename, und ich möchte von dir nicht anders genannt werden.«
»War denn alles eine Lüge?« Er hob hilflos die Hände.
Sie machte sich von ihm frei. Sie nickte. Es schoss ihm einen Stich durchs Herz. »Jedes einzelne Wort.«
Er konnte nicht antworten. Jemand in seinem Inneren fragte spöttisch: Na, was hast du denn gedacht? Deine Zeit, an Märchen zu glauben, war zu Ende, als der verrückte Mönch mit seiner Axt auf dich losging! Jemand anderer antwortete: Und doch geschah ein Wunder. Ich lebe noch. Er schüttelte den Kopf, um die Stimmen zum Schweigen zu bringen.
»Jedes einzelne Wort«, sagte sie. »Jedes Wort, das ich sagte, als ich dich vorhin anschrie: Ich liebe dich nicht. Ich habe dich nie geliebt. Alles war eine Lüge.«
Andrejs Gedanken verknoteten sich und kamen zum Stillstand.
»Ich habe für mein ganzes restliches Leben nur drei Wünsche«, sagte Yolanta. »Ich möchte meinen Sohn wiederhaben, ich möchte mit dir zusammen sein, und ich möchte Pater Xavier töten. Wenn ich die ersten beiden haben kann, verzichte ich auf den dritten.«
»Ich –«, sagte Andrej, aber es war nur eine Art Lautäußerung, die nicht mit seiner Gehirntätigkeit verbunden war. Sein Gehirn versuchte weiterhin, den Knoten zu lösen, zu dem sich all sein Denken verwickelt hatte, und kümmerte sich nicht darum, was der Rest seines Körpers tat. »Ich –«
»Ich liebe dich«, sagte sie. »Als ich dich auf dem Tisch in deiner Hütte kauern sah, verliebte ich mich. Als du aufgesprungen und mit dem Kopf an die Decke geknallt bist, liebte ich dich schon von ganzem Herzen. Und als wir im Wagensaßen und lachend durch die Nacht fuhren, wusste ich, dass ich nie mehr jemand anderen zum Gefährten würde haben wollen als dich.«
»Er hat dich auf mich angesetzt wegen meiner Geschichte –«
»Ja. Dies ist vermutlich die einzige gute Tat in seinem ganzen Leben. Dafür soll er leben dürfen, auch wenn er ein Ungeheuer ist. Gott hat gefügt, dass aus einer bösen Tat eine gute wurde.«
Der Knoten in Andrejs Hirn platzte auf einmal. Es war wie eine Offenbarung. Eine böse Tat, die zu einer guten geworden war? Er war nicht hilflos, ganz im Gegenteil.
»Wie geht es weiter mit dir und Pater Xavier?«
»Er hat noch einen Auftrag für mich. Ich glaube, es ist der letzte. Er hat so eine Andeutung gemacht.«
»Wohin wird er dich führen?«
»Ich soll hier in Prag eine Frau aushorchen. Die Frau, die Cyprian Khlesl liebt. Er will über sie an ihn herankommen.«
»Willst du das tun?«
»Was habe ich für eine Chance?«
»Wie lange soll das dauern?«
»Ich muss ihre Freundschaft gewinnen. Ich weiß auch nicht, wie. Aber Pater Xavier ist wie eine Spinne im Netz – er hat Zeit.«
»Wir haben keine Zeit. Schleich dich in das Haus. Brich ein, wenn es nötig ist. Stiehl etwas, was ihr gehört, etwas Wertvolles. Wir denken uns eine Geschichte aus, wie wir in seinen Besitz gekommen sind, und geben es ihr zurück. Dann hast du ihr Vertrauen gewonnen.«
»Und dann?«
»Dann kannst du sie warnen. Wenn du als vollkommen Fremde einfach in ihrem Haus vorsprichst, wird sie dir nicht zuhören, oder?«
»Ich kann sie nicht warnen! Wenn Pater Xavier dahinterkommt!«
»Hör zu. Wenn Pater Xavier über sie an Cyprian Khlesl herankommen will, dann viel Vergnügen. Der Mann ist niemand, den man zum Feind haben möchte – ich habe ihn erlebt. Er scheint vollkommen ruhig, aber ich bin sicher, wenn sich ihm jemand in den Weg stellt, dann walzt er ihn platt. Der lässt nicht mit sich spielen; schon gar nicht, wenn er weiß, was auf ihn zukommt.«
»Warum sollen wir das riskieren? Cyprian Khlesl ist nicht unser Freund.«
»Weil Pater Xavier, wenn er sich unter diesen Umständen mit ihm anlegt, entweder verliert oder alle Hände voll zu tun hat und sich nicht weiter um dich kümmern kann.«
»Aber …«
»Dann bist du ihn los. Dann sind wir ihn los! Ist das nicht jedes Risiko wert?«
»Und Wenzel? Ein Wort
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