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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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vergessen, aber wie gewöhnlich meldete sie sich dann wieder zurück, wenn man gerade ohne Gegenwehr war. Sie schluckte.
    »Sie haben mir gesagt, was Sie an meiner Stelle tun würden. Yolanta, was soll ich tun?«
    Yolanta drückte ihre Hand.
    »Das wissen Sie doch. Das, was Ihre Liebe zu Cyprian rettet. Was immer auch sonst an Bösem passiert, die Liebe wird es erträglich machen. Was immer auch an Gutem passiert, ohne die Liebe wird es wertlos sein.«
    27
    Pavel hatte erwartet , Buh direkt vor dem Eingang zum Findelhaus der Karmelitinnen zu finden. Er erschrak, als er ihn nirgends sah. Dann hörte er so etwas wie ein Brummen und folgte dem Geräusch um die Ecke des Gebäudes herum, das sich mit seiner Rückseite direkt an die Mauer lehnte. Ein paar Dutzend Schritte weiter waren zwei Männer damit beschäftigt, direkt am Fuß der Mauer zu graben. Buh kniete neben ihnen und wiegte den Oberkörper vor und zurück. Das Brummen war in Wahrheit sein unartikulierter Gesang. Die Männer beachteten ihn nicht.
    Pavel stolperte über die Flusskiesel und am Ufer entlang zu ihnen hinüber. Buh sah auf und blickte gleich wieder zu Boden. Um die Stelle, an der die Männer gruben, versuchte der ätzend-staubige Geruch von Kalk die Verwesungsschwaden zu überdecken und schaffte es nicht. Vor Buh lag ein Bündel auf dem Boden. Das Bündel war weiter oben offen. Man konnte ein kleines Kinn und blaue Lippen sehen; über den Rest war das Einschlagtuch gnädig gedeckt. Das Bündel war nicht viel länger als eine Elle.
    »O Herr, nimm dich dieser Seele an«, sagte Pavel unwillkürlich.
    Buhs Gesicht war ausdruckslos und sein Gesang monoton. Ich verliere ihn, dachte Pavel. Wenn diese Mission nicht bald beendet ist, verliere ich ihn. Er blickte zu den Männern hinüber, die sich Tücher vor Mund und Nase gebunden hatten und ab und zu husteten. Nach ein paar Augenblicken erkannte Pavel, dass sie nicht gruben, sondern den Inhalt der Grube umschichteten. Er fühlte sich nicht versucht, näher heranzutreten. Einer der Männer wurde auf ihn aufmerksam und nickte ihm zu. Pavel nickte mechanisch zurück.
    Schließlich traten die Männer beiseite, stellten ihre hölzernen Schippen auf den Boden, zogen sich die Tücher herab und sahen und hörten Buh zu, wie er sein wortloses Lied beendete. Als er fertig war, bekreuzigten sie sich. Buh beugte sich nach vorn und steckte das geöffnete Tuch wieder fest. Das Bündel war jetzt nur wieder ein Bündel, doch für Pavel, der nun wusste, was darin war, war dieser Anblick noch übler als zuvor. Sic transit gloria mundi , hatte er sich manchmal gedacht, wenn sie – noch als Novizen – zu einem Begräbnis in die Stadt geeilt waren und man an den prunkvollen Gewändern der trauernden Hinterbliebenen hatte erkennen können, dass das in Leichentücher eingewickelte Ding auf dem Boden im Leben ein einflussreicher, wohlhabender Mensch gewesen war. Hier hatte die Welt noch gar keine Chance gehabt, sich zu entfalten, ob ruhmvoll oder nicht; hier war einer Seele die Möglichkeit genommen worden, im Weinberg des Herrn zu arbeiten. Der Trost, dass die unschuldigen Seelen direkt zum Herrn auffuhren, verblasste angesichts eines so kleinen Bündels, das darauf wartete, in ein Massengrab gelegt zu werden.
    Buh stand auf und nahm das Bündel auf den Arm. Pavel gesellte sich zu ihm. Buh ließ es zu, dass er mit anpackte, obwohl das Gewicht nicht fühlbar war. Sie traten an die Grube, wo zwischen Kalk, Kies und Lehm viele andere Bündel lagen, unpersönlich, ihrer Menschlichkeit beraubt. Pavel musste unwillkürlich an Brotlaibe denken, die in weißem und grauem Mehl lagen. Sein Magen rebellierte. Er schluckte hinunter, was beinahe herausgekommen wäre.
    Als sie den Neuzugang sanft hineingelegt und ein Gebet gesprochen hatten, wandten sie sich ab. Zu Pavels Erstaunen schaufelten die Totengräber das Grab nicht zu, sondern trotteten zu einem Holzverschlag, der offenbar ihre Bleibe war.
    »Wollt ihr nicht zuschütten?«, rief er ihnen nach.
    Einer der Männer drehte sich um. »Wozu, Bruder? Um es morgen wieder aufzubuddeln?«
    Pavel führte Buh zurück zum Stadttor. Der Riese schwieg.
    »Ja«, sagte Pavel dennoch. »Ich habe die Spur gefunden. Ihre Spur.«
    »G… g… g…«, mühte sich Buh.
    »Gut?«
    Buh schüttelte verbissen den Kopf. »G… g… gnnnn! … g… gehen wir h… h… heim!«
    »Wir müssen unsere Aufgabe erfüllen.«
    Buh schnaubte verächtlich. Er sagte nichts, aber Pavel wusste auch so, was ein weniger

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