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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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stotternder Buh als Antwortgegeben hätte; er gab sie sich selbst: keiner von ihnen hatte seine Aufgabe so verstanden, dass gedroht, geschlagen und getötet werden musste.
    »Erinnerst du dich, dass Katka gesagt hat, sie habe mit dem Gedanken gespielt, das Kind Yolanta zu nennen?«
    Buh zuckte die Achseln.
    »Kinder, die dort abgegeben werden, erhalten nur dann einen Namen, wenn ihnen der Abgebende einen verleiht. Ansonsten werden sie nach dem Tag genannt, an dem sie ins Findelhaus kamen.«
    Buh sah ihn von der Seite an und verzog das Gesicht. Pavel nickte.
    »Als ich das hörte, war ich überzeugt, dass Katka ihrem Schützling letztlich doch noch den Namen ihrer Großmutter gegeben hatte. Ich bin sicher, es ist ihr schwergefallen, sich von dem Kind zu trennen.« Pavel verdrängte die Erinnerung, wie er die alte Frau im Versteck hinter dem Baumstamm erschlagen hatte.
    Buh grunzte etwas.
    »Genau. Also habe ich nach einem Mädchen namens Yolanta gesucht, das von einer jungen Frau Ende November oder Anfang Dezember 1572 abgegeben wurde. Ich habe nichts gefunden, auch nicht unter den Kindern, die ohne Namen angekommen waren oder einen anderen Namen bekommen haben.«
    Eine Reihe von Gefühlen huschte über Buhs wuchtiges Gesicht. Zu Pavels großer Beklommenheit blieb es schließlich bei einem Ausdruck der Erleichterung. Er hasste den Gedanken daran, was die Erleichterung bedeutete, und noch mehr den Umstand, dass er sie mit seinen nächsten Worten zunichtemachen würde.
    »Dann fiel mir ein, dass Katka erzählt hat, ab Neuenburg sei sie im Schutz des Warentrecks gereist. Tatsächlich wurde ein Kind von einem reisenden Kaufmann im Findelhaus untergebracht, genau am Andreastag. Er hat dabei dem Findelhaus eine großzügige Geldspende geschenkt.«
    Buh musterte ihn.
    »Am Nikolaustag hat er es wieder abgeholt, verbunden mit einer erneuten Geldspende.«
    Buh musterte ihn immer noch.
    »Der Mann war nicht von hier, sondern aus Wien.«
    Buhs Augen verengten sich. Er begann, den Kopf zu schütteln. Pavel wehrte ab.
    »Ja, ich weiß. Wie sollen wir es bis nach Wien schaffen? Und dort unsere Mission erfüllen? Aber der Herr hilft uns, Buh! Der Herr hilft uns.«
    Pavel sah die Zahlenkolonnen in der krakeligen Handschrift, die sich über zwanzig Jahre hinweg zu einer nicht exorbitanten, aber anständigen Summe kumuliert hatten. Vermutlich waren sie einer der Gründe dafür, warum das Findelhaus überhaupt existieren konnte, wenn schon nicht als Garant für das Überleben der Kinder.
    »Der Kaufmann hat immer wieder Geld gespendet. Nicht von Wien aus, sondern wenn er in Prag war. Buh – der Mann hat hier eine Handelsniederlassung! Und weißt du, was das Beste ist? Die letzte Spende wurde erst vor kurzem getätigt. Er ist zurzeit in Prag, und ich habe herausbekommen, wie wir ihn finden können! Wir müssen uns beeilen – diese Kaufleute fangen zu reisen an, sobald die Straßen es zulassen. Ich bin sicher, er wird die Stadt entweder noch vor oder gleich nach Ostern verlassen.«
    Pavel nahm Buh am Arm und zog ihn zum Stadttor. Ebenso gut hätte er an einem der Tortürme selbst ziehen können. Buh rührte sich nicht vom Fleck. Er schüttelte erneut den Kopf. Pavel wusste, was er ihm mitzuteilen versuchte.
    »Buh, wir können es nicht wissen. Wir wissen nicht einmal, wie viel der Kaufmann selbst weiß. Was hat Katka ihmalles verraten in der Zeit, in der sie zusammen nach Prag reisten? Wir können das Risiko nicht eingehen, ihn und das Kind zu ignorieren.«
    Buh rieb mit verzweifeltem Grunzen und Ächzen die Finger aneinander.
    »Er hat Geld, ja. Nicht viel, von seinen Spenden her zu schließen, aber er ist einigermaßen wohlhabend. Na und? Lass eines seiner Geschäfte schiefgehen, und er ist bankrott. Willst du, dass er dann plötzlich in Braunau vor der Klosterpforte steht und sagt: ›Ich weiß, was vor zwanzig Jahren in Podlaschitz geschehen ist, und ich weiß, was ihr da drinnen versteckt. In meinem Haus lebt der atmende Beweis dafür. Was ist euch mein Schweigen wert?‹«
    Buh kniff die Augen zusammen.
    »Oder noch schlimmer – er versucht, die Teufelsbibel in die Finger zu bekommen. Was haben Menschen nicht schon alles aus Geldgier getan? Alle Anstrengungen von Abt Martin wären vollkommen umsonst gewesen. Nein, wir können das Risiko nicht eingehen.«
    Buh ließ die Schultern sinken. Er seufzte deprimiert. Pavel zupfte ihn am Ärmel.
    »Lass uns das so schnell wie möglich hinter uns bringen. Ich weiß, wo der Mann wohnt.

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