Die Teufelsbibel
Dienstboten in die Arme sank; sie fingen ihn auf, der Domestikenreflex war stärker als ihre Angst.
»Ihr geht da runter!«, brüllte Cyprian. Theresia wand sich in seinem Griff. Er schüttelte sie. »Wo ist dein Kind, du Rabenmutter?« Der rote Nebel schob sich vor Theresias Gesicht, und er spürte, wie er Niklas losließ und die Faust ballte. »Wo ist dein Kind? WO IST DEIN KIND!?«
Theresia fuhr ihm mit den Krallen durchs Gesicht. Er ohrfeigte sie. Ihr Kopf schnappte zurück, und als er wieder nach vorn kam, war das Weiße in ihren Augen verschwunden. Ihre Pupillen starrten ihn an, bevor sie glasig vor Hass wurden. Niklas sank mit einem Hustenanfall gegen die Wand und wäre die restlichen Treppenstufen hinuntergerollt, wenn Cyprian ihn nicht mit einem Fuß eingeklemmt hätte.
»Lass mich los, Untier!«, zischte Theresia.
»Bring die Leute hier raus, du Miststück!«, fluchte Cyprian. »Niklas und Sebastian sind außer Gefecht. Bring sie raus!«
Sie straffte sich. Cyprian wirbelte sie herum. Sie schrie auf. Stoff riss. Er drückte ihr einen Fetzen in die Hand, den er vom Rückenteil ihres Kleides abgerissen hatte. Dann schob er sich seinen eigenen Atemschutz über Mund und Nase. »So!«, schrie er grimmig. »So!« Ihre Blicke trafen sich. Sie nickte.
Dann fuhr sie herum und begann Befehle zu schreien. Zwei weitere Dienstboten stolperten herab und zerrten Niklas auf die Beine, der schwach mitzuhelfen versuchte. Cypriansprang zum Treppenabsatz hinunter und stellte sich in die Biegung der Treppe. Die Hitze prallte auf seinen Rücken. Seine Kleider waren fast abgetrocknet, und er spürte, dass sie schmerzhaft würden, wenn es noch länger dauerte. Der weitere Verlauf der Treppe war ein lichtloser Sack; der Rauch wie eine schwarz angepinselte Wand. Niklas und seine Helfer schraken zurück.
»Weiter, weiter!«
Sie stolperten voran, der Rauch verschluckte sie. Sebastian Wilfing kam als Nächster. Theresia Wiegant stand ein paar Treppenstufen weiter oben und stieß und zerrte alle Zögernden hinunter; Cyprian zwang sie weiterzugehen.
»Das Zimmer! Das Zimmer!«
Agnes’ Magd gestikulierte wie wild und wehrte sich gegen Theresia. Diejenigen hinter ihr schrien vor Angst. Theresia riss die Frau an den Haaren, damit sie sich bewegte.
»Das Zimmer, das Zimmer!«
Cyprian fuhr herum. In der wabernden Luft des Ganges erkannte er zwei Türen auf der rechten Seite. Eine stand halb offen, die andere war geschlossen. Er drehte sich zur Magd um. Sie deutete kreischend und weinend auf die geschlossene Tür.
Cyprian und Theresia wechselten einen Blick. Ihre Augen weiteten sich. Cyprian nickte ihr zu. Dann rannte er in den Gang hinein.
Die Hitze war brutal. Sie zwang ihn zu Boden, noch bevor er zehn Schritte gemacht hatte. Auch hier herrschte ein Zug, der die Hitze weitgehend vom Treppenhaus ferngehalten hatte, aber je weiter er in den Gang vordrang, desto mehr fiel sie über ihn her. Er kroch auf Händen und Knien weiter und versuchte das Gesicht zu schützen. Seine Ohren dröhnten unter dem Tosen des Feuers, seine Ohrläppchen glühten. Wie weit noch? Er hob den Kopf und dachte, ein Drache atme ihn an.
Die Tür war eine Mannslänge entfernt. Er dachte, die Hautschäle sich von seinen Wangen; er warf sich herum, bis seine Füße voran waren. Entsetzt sah er, dass das nasse Leder seiner Stiefel dampfte. Dann war er in Reichweite und trat gegen die Tür. Sie sprang holpernd auf, rutschte oben aus der Angel und blieb schräg im Türrahmen hängen. Cyprian raffte seine Kräfte zusammen und schaffte mit einem Aufschrei eine Rolle vorwärts. Er schoss förmlich in den total verrauchten Raum hinein und empfand ihn gegenüber dem Gang als kühl.
»Agnes?« Er brachte nicht mehr als ein Krächzen heraus. Keine Antwort. Er kniff die Augen zusammen und tastete sich auf allen vieren vorwärts. Ein Stuhl – umgefallen. Er tastete weiter und rammte mit dem Kopf gegen die Kante eines Tischs. Er fluchte erbittert. Dann ertastete er den Stoff eines Gewandes und fiel fast über einen nachgiebigen Körper, der in der Ecke lag.
»O Gott, Agnes, Agnes –« Cyprian fuhr mit fliegenden Fingern über ihren Körper, bis er das Gesicht fand. Er riss die Augen auf, obwohl der Rauch sie ihm herausätzen wollte. Nichts. Totale Schwärze. Unwillkürlich wandte er den Kopf. Das Türrechteck war ein ungewisses düsteres Leuchten. Der Rauch brauchte nur ein wenig dicker zu werden, und er würde nicht mehr hinausfinden. Keuchend vor Panik versuchte
Weitere Kostenlose Bücher