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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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grober Wolle kam zum Vorschein. Pavel dachte an den unsichtbaren Schatz in seiner Truhe, gesichert mit Eisenketten, als der sich ihm die Teufelsbibel immer dargestellt hatte. Er empfand Cyprians Wüten als Sakrileg und wartete darauf, dass die vollständige Enthüllung des Buchs mit einem Donnerschlag geschehen würde. Doch nichts passierte. Cyprian zerrte die letzte Stoffbahn beiseite, bückte sich, hob ächzend und mit rotem Gesicht an und richtete ein Buch mit einem Ledereinband auf, das ihm bis über die Hüfte reichte. Am zweiten Wagen, der ins Kloster gefahren war und den niemand mehr beachtet hatte, öffnete sich die Tür.
    Der Dominikaner ließ zwar die Armbrüste nicht sinken, aber er beugte sich unwillkürlich nach vorn.
    Pavel hatte schon die halbe Strecke zu ihm zurückgelegt, bevor er es selbst merkte.
    24
    Pater Xavier fuhr herum. Bruder Pavel rannte auf ihn zu, sein linkes Knie schrecklich nach außen umknickend, aber es verlangsamte ihn nicht. Der Dominikaner riss eine der Armbrüste herum und legte sie auf den heranstürmenden Kustoden an. Von außerhalb des Klosters ertönte ein Schrei wie von einem durchdrehenden Stier. Die Soldaten zuckten zusammen.
    »Narr!«, sagte Pater Xavier und drückte ab.
    Der Treffer wirbelte den kleinen Mönch einmal um seine eigene Achse. Vorn beim Tor flogen ein paar der Soldaten auseinander, als hätte jemand eine Bombe unter sie geworfen. Pavel fiel in vollem Lauf auf den Boden und rutschte über das Pflaster. Sowie er gefallen war, musste er tot gewesen sein, bevor er den Boden berührte. Pater Xavier drehte sich wieder zu seinen Geiseln um …
    … und sah sich Cyprian gegenüber. Eine Faust traf ihn zwischen die Augen und erschütterte seinen gesamten Körper. Er fühlte, wie seine Füße sich vom Boden lösten, und der Ruck, mit dem er sich zwei Schritte weiter hinten hinsetzte, ließ seine Zähne aufeinanderschlagen, dass er Blut schmeckte. Halb blind und mit einem hallenden Geräusch in den Ohren hob er die Armbrust und zielte auf Cyprian – doch im letzten Moment schwenkte er die Waffe herum, sah über sie hinweg in die entsetzten Augen von Agnes Wiegant, verzog verächtlich den Mund und drückte ab.
    Dann war das hallende Geräusch plötzlich ganz nah, under erkannte es als das zornige Brüllen eines Menschen. Er wurde hochgehoben. Zwei Arme schlangen sich um ihn. Er fühlte, wie mehrere Rippen in seinem Brustkorb brachen, und schrie vor Überraschung und Schmerz auf. Er wollte die Fäuste heben und auf das grobe Gesicht einhämmern, das vor seinem eigenen hing und brüllte, aber seine Arme waren an seinen Seiten eingeklemmt. Er wurde davongetragen wie ein Kind in den Armen eines brutalen Vaters und schrie vor Schmerzen, als der Galopp stampfender Beine ihn schüttelte.
    Er flog durch die Luft und landete in etwas Zuckendem, Lebendigem, das auf harten Kanten tanzte, die harten Kanten verschoben sich und brachen über ihm zusammen, rote Glut war um ihn herum, und wenn er vorhin gedacht hatte, Schmerz und Entsetzen zu empfinden, dann erkannte er jetzt, dass es ein Entsetzen gab, das man nicht mehr beschreiben konnte, und Schmerzen, vor denen selbst das verzweifeltste Brüllen verstummte.
    »Nein!«, schrie Bischof Melchior, und die Soldaten ließen die Waffen sinken, mit denen sie den Riesen in der schwarzen Mönchskutte in Stücke hatten schießen wollen. Der Riese stand vor dem an einer Seite eingeknickten Scheiterhaufen und brüllte mit in den Nacken gelegtem Kopf. Melchior sah die Füße Pater Xaviers zappeln, der Rest war unter brennenden Holzscheiten begraben. Er hatte das Gefühl, dass er sich gleich übergeben würde. Beim Haupttor rappelten sich die Soldaten wieder auf, die der Amoklauf des Riesen beiseitegewirbelt hatte wie Puppen. Der zweite Wagen neigte sich ächzend zur Seite, als sein Insasse herauskletterte.
    Bischof Melchior sah auf den Boden, wo die Teufelsbibel in ihrem zerfetzten Kleid aus Leder und Stoff lag. Cyprian kauerte daneben. Er hielt die schluchzende Agnes in einem Arm, im anderen Andrej, der sich aufbäumte und zuckte. In seiner Brust steckte der Bolzen, den Pater Xavier abgefeuert hatte.Fassungslos erkannte der Bischof, dass Andrej sich vor Agnes geworfen und den Bolzen mit seinem Körper abgefangen hatte.
    Der Riese wandte sich vom Feuer ab und trottete zu der stillen Form des kleinen Mönchs hinüber, die einsam auf dem Pflaster in einer immer größer werdenden Blutlache lag.
    Und eine brennende Fackel, die einmal ein Mensch

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