Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Therapie: Psychothriller (German Edition)

Die Therapie: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Therapie: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
Vom Netzwerk:
Das ist die Besonderheit meiner angeblichen Schizophrenie.«
    Anna beugte sich nach vorne.
    »Und deshalb bin ich hier bei Ihnen. Also …?«
    Viktor sah sie an und sagte im ersten Moment gar nichts. Zu viele Gedanken wollten gleichzeitig gedacht werden. Zu viele Emotionen kämpften gegeneinander an.
    »Also, Dr. Larenz?«
    »Also was?«
    »Sind Sie interessiert? Werden Sie mich behandeln, nun, wo ich doch schon mal hier bin?«
    Viktor sah auf seine Uhr. Die fünf Minuten waren vorbei.

5. Kapitel
    R ückblickend war Viktor sich sicher. Hätte er bei der ersten Begegnung nur etwas aufmerksamer zugehört und die Zeichen richtig gedeutet, dann wäre ihm bereits viel früher die Erkenntnis gekommen, dass etwas nicht stimmte. Ganz und gar nicht stimmte. Aber wahrscheinlich wäre die Katastrophe dann nur viel schneller eingetreten.
    In jedem Fall hatte Anna ihr Ziel erreicht. Sie war in sein Haus eingedrungen und hatte ihn in mehrfacher Hinsicht überrumpelt. Ihre Geschichte interessierte ihn tatsächlich. Sie war so ungewöhnlich, dass er für fünf Minuten weder an sich selbst noch an seine eigenen Probleme hatte denken müssen. Doch obwohl er diesen fast sorgenfreien Zustand genoss, wollte er sie nicht behandeln. Nach kurzer, aber bestimmter Diskussion willigte sie widerstrebend ein, mit der nächsten Fähre morgen früh die Insel zu verlassen und erneut Professor van Druisen zu konsultieren.
    »Ich habe meine Gründe«, sagte er knapp, als sie ihn fragte, warum sie nicht bleiben dürfe. »Einer davon ist, dass mir über vier Jahre Praxis fehlen.«
    »Sie werden Ihr Handwerk ja nicht verlernt haben.«
    »Es ist nicht eine Frage des Könnens …«
    »Sie wollen also nicht …«
    Ja, dachte Viktor, aber irgendetwas hielt ihn davon ab, dieser Frau von Josy zu erzählen. Wenn Anna tatsächlich während ihres Aufenthaltes in der Klinik nichts von seiner Tragödie gehört hatte, so wollte nicht ausgerechnet er es sein, der das änderte.

    »Ich denke, es wäre höchst fahrlässig, in Ihrem komplexen Fall ohne gründliche Vorbereitung zu beginnen, zumal nicht in einer regulären Praxis.«
    »Vorbereitung? Ach, kommen Sie. Es ist doch Ihr Spezialgebiet. Wenn man mich zu Ihnen in die Friedrichstraße überwiesen hätte, was hätten Sie mich denn dann als Erstes gefragt?«
    Viktor lächelte über den plumpen Versuch, ihn zu übertölpeln.
    »Ich würde Sie fragen, wann Sie zum ersten Mal in Ihrem Leben halluziniert haben, aber …«
    »Lange vor dem besagten Vorfall im Hotel«, unterbrach sie ihn. »Im ›Vier Jahreszeiten‹ war mein schizophrener Schub allerdings so …«
    Sie suchte nach Worten.
    »… so realistisch. So deutlich. Noch nie hatte ich eine derart sinnliche und lebendige Wahrnehmung gehabt wie diese. Ich konnte die Frau sehen, ich hörte den Schuss und sah, wie sich ihr Gehirn über die Rezeption verteilte. Und zum ersten Mal handelte es sich um eine Figur aus einer selbst erfundenen Geschichte. Aber natürlich gab es auch bei mir, so wie bei den meisten Schizophrenen, einige Vorzeichen.«
    »Welche?«
    Viktor beschloss, ihr noch weitere fünf Minuten zu geben, bevor sie ihn endgültig verlassen musste.
    Für immer.
    »Nun, wo soll ich da anfangen? Ich denke, die Geschichte meiner Krankheit reicht bis in meine frühe Kindheit zurück.«
    Er wartete ab, bis sie von alleine weitersprach, und nahm noch einen Schluck des mittlerweile kalten und bitteren Assam-Tees.
    »Mein Vater war Berufssoldat, GI also. Er blieb als Alliierter in Berlin und arbeitete damals als Rundfunkmoderator beim American Forces Network, dem AFN. Er galt als eine lokale Berühmtheit, war ein Frauenheld erster Güte. Schließlich wurde eine seiner zahlreichen blonden Affären, die er im Hinterzimmer des Militärkasinos verführt hatte, schwanger. Sie hieß Laura, war eine waschechte Berlinerin und meine Mutter.«
    »Aha. Sie sprechen von Ihrem Vater in der Vergangenheitsform?«
    »Er starb, als ich acht war, bei einem tragischen Unfall. Professor Malzius sah hierin übrigens das erste traumatisierende Erlebnis in meinem Leben.«
    »Was war das für ein Unfall?«
    »Er wurde in einem Militärkrankenhaus am Blinddarm operiert, und man vergaß, ihm die Stützstrümpfe vor der Operation anzuziehen. Die Thrombose war tödlich.«
    »Das tut mir Leid.« Viktor ärgerte sich immer maßlos über das Unglück, das unfähige Ärzte durch Nachlässigkeit über ihre Patienten und deren Angehörige brachten.
    »Wie haben Sie die Nachricht vom Tod

Weitere Kostenlose Bücher