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Die Tiefen deines Herzens

Die Tiefen deines Herzens

Titel: Die Tiefen deines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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Decke sehr bald ziemlich dick sein würde.
    »Wenn es in diesem Tempo weiterschneit, dann können wir nachher im Garten eine Schneeballschlacht machen.« Sie zwinkerte mir zu.
    Jetzt war ich wirklich sprachlos. Doch dann sah ich das Grinsen in ihrem Gesicht.
    »Um Himmels willen«, amüsierte sie sich, mehr über sich selbst als über mich. »Kannst du dir vorstellen, dass ich so etwas tun würde?«
    Ich schüttelte lachend den Kopf.
    Dann stürmte ich an ihr vorbei in den Flur, hüpfte Stufe für Stufe die Treppe hinunter und zerrte meine dicke Jacke, Mütze und Handschuhe aus dem Garderobenschrank.
    Als ich in die Stiefel schlüpfte, legte sich auf einmal eine Hand auf meine Schulter.
    Ich fuhr leicht erschrocken herum, weil ich gar nicht bemerkt hatte, dass meine Mutter mir hinterhergegangen war. Hatte sie vor der großen Fensterfront vermutet, in den Garten hinausblickend.
    So wie früher, wenn Felix und ich uns mit Schneebällen beschossen hatten und sie uns mit besorgtem Gesichtsausdruck dabei beobachtete. Immer auf der Lauer, dass ihrer kleinen Leni ja nichts passierte.
    Felix, achte darauf, dass Leni keinen Ball ins Auge bekommt. – Felix, nicht dass Leni hinfällt und sich den Arm bricht. – Felix, nicht so stürmisch, am Ende reißt du Leni noch um …
    Sie hatte immer Angst um mich gehabt. War immer in Sorge gewesen, mich zu verlieren. Heute wusste ich, warum. Früher hatte ich sie manchmal dafür gehasst.
    »Huch, hast du mich erschreckt!«, rief ich leicht vorwurfsvoll aus.
    Sofort zog sie ihre Hand zurück. »Das wollte ich nicht.«
    Ich winkte ab. »Schon gut. Was ist denn?«
    Sie zögerte kurz, bevor sie sagte: »Felix ist gestern Abend nach Hause gekommen. Sein Vater hat mir erzählt, dass er bis zum dritten Januar dableibt. So lange hat er wohl trainingsfrei.«
    Ich hielt in der Bewegung inne. Sah sie einen Moment schweigend an und dachte nach. Was löste diese Nachricht in mir aus? Ein Bild schoss mir in den Kopf. Felix, der vielleicht auf der anderen Seite der Hecke stand, die Arme zur Seite ausgestreckt, den Kopf in den Nacken gelegt, den Mund weit aufgerissen, um mit der Zunge Schneeflocken einzufangen. So wie wir es früher immer gemacht hatten. Seite an Seite. Lachend. Glücklich.
    Ich straffte meine Schultern. »Bald wird es dunkel«, sagte ich so beiläufig wie möglich.
    Mehr nicht. Aber ich hatte das Gefühl, dass meine Mutter mich verstand. Vielleicht zum ersten Mal so richtig verstand.
    Eisige Kälte schlug mir entgegen, als ich das Haus verließ. Ich sog die Luft tief ein, fühlte mich wie beschwingt.
    Im Haus nebenan öffnete sich die Tür.
    »Hallo, Leni!«, rief mir Felix’ Vater zu. Er hatte sich die Wollmütze in die Stirn gezogen und einen dicken Schal fest um den Hals gewickelt. Eine Jacke trug er nicht. Auch keine Handschuhe. Seine Füße steckten in Badelatschen.
    Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Felix’ Vater war ein Chaot. Ein liebenswerter Chaot. Schon immer gewesen.
    »Ist Ihnen nicht kalt?«, rief ich lachend zurück.
    Er schüttelte den Kopf. »Warum? Ich hab doch einen Schal um den Hals.«
    »Ich meine ja nur, weil Sie Badelatschen tragen. Und keine Jacke.«
    Er schaute an sich hinunter und schlug sich dann klatschend die Hand vor die Stirn.
    »Du entschuldigst mich«, grinste er mich an und war auch schon wieder im Haus verschwunden.
    Ich blickte ihm nach, und plötzlich dachte ich, dass es verdammt schade war, dass ich ihn jetzt nur noch so selten sah. Mal vor der Tür, ein schneller Gruß, ein paar Worte gewechselt. Nie über Felix. Das war ein unausgesprochenes Gesetz zwischen uns.
    Ich vermisste nicht nur die schöne Zeit mit Felix, wurde mir klar, sondern auch die lustigen Momente mit seinem Vater. Die Nachmittage auf dem Fußballplatz. Das sommerliche Grillen inklusive anschließender Pizzalieferung, weil Felix’ Vater sämtliche Würstchen hatte verkohlen lassen. Den Ausflug aufs Land, bei dem ihm mal wieder das Benzin im Tank ausgegangen war und Felix und ich, bewaffnet mit dem Benzinkanister, zur Tankstelle zurückmussten, an der wir vor drei Kilometern vorbeigefahren waren …
    All das fehlte mir schrecklich.
    Seufzend ging ich ums Haus herum in den Garten. Doch die Vorfreude, die ich eben noch empfunden hatte, war wie weggeblasen.
    Es kam mir sinnlos vor, allein im Garten zu stehen, in den Himmel zu blicken, Schneeflocken mit der Zunge zu fangen – und außerdem fühlte ich mich auf einmal zu alt dafür.
    Das war früher einmal gewesen. Das

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