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Die Tiere in meiner Arche

Die Tiere in meiner Arche

Titel: Die Tiere in meiner Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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Leute noch immer Zoo gleich Gitter und Gitter gleich Gefängnis. Es ist beinahe unmöglich, solchen Leuten beizubringen, daß Gitter nur für sie gleichbedeutend mit Gefängnis ist.
    Mit Vernunft angebrachte Gitterstangen, zum Beispiel in einem Primatenkäfig, sind dem Tier eine Wonne, denn an den Stangen kann man ja klettern und sich anhängen. In vielen Menschenaffenkäfigen, die für das Publikum entworfen wurden, bietet die reine Betonbehausung so wenig Gelegenheit zum Klettern, daß eine solide viktorianische Gitterfront von den Bewohnern mit Freuden begrüßt werden würde. Bei so aktiven Kletterern wie den Orang-Utans oder Gibbons kann man des Guten fast nicht zuviel tun. Eines der trostlosesten Bilder habe ich einmal in einem Zoo auf dem Kontinent gesehen. Da war ein prachtvoller, voll ausgewachsener Orang-Utan in einen Käfig von etwa fünf mal drei Metern eingesperrt, der nicht einmal ein Freigehege hatte. Licht drang nur durch ein winziges, sehr schmutziges Oberlicht weit oben im Dach in den Käfig. Draußen lachte die Sommersonne; drinnen im Käfig war es so düster, daß man die Augen anstrengen mußte, um das Tier sehen zu können. Nicht ein Möbelstück gab es darin, keine Stange, kein Seil, keine Schaukel, kein Sitzbrett. Der Käfig war ein Betonkasten mit Glasfront. Der Orang-Utan hockte in der Mitte und tat unaufhörlich das gleiche: er stülpte sich sehr bedächtig einen Fetzen Sackleinwand über den Kopf und zog ihn wieder herunter. Das war das einzige Spiel, mit dem dieses hochintelligente und wissensdurstige Tier sich beschäftigen konnte. In einem solchen Käfig wären Gitterstangen ein Segen gewesen. Als wir unsere Menschenaffenbehausungen planten, mußten wir dieses und viele andere Probleme berücksichtigen.
    Die Größe unserer Freigehege wurde bestimmt von der Länge und Höhe des bestehenden Gebäudes — einer alten, aus Granit erbauten Apfelweinkelter —, doch innerhalb dieser Grenzen konnten wir experimentieren soviel wir wollten. In erster Linie ging es uns um zwei Dinge: Die Menschenaffen sollten einander sehen, aber nicht berühren können, und sie sollten innerhalb des Käfigs die Möglichkeit haben, sich gründlich auszutoben. Der Grund dafür, weshalb Menschenaffen in der Lage sein sollten, einander zu sehen, ist einfach: auf diese Art sind sie beschäftigt. Langeweile des Tieres gehört in jedem Zoo zu den größten Problemen, und im Fall der großen Menschenaffen und anderer Primaten kann es äußerst kritisch werden. Menschenaffen sind ungemein neugierige Tiere; sie interessieren sich für das Tun und Treiben im nächsten Käfig mit dem gleichen Eifer wie die alte Jungfer, die den ganzen Tag hinter dem Vorhang steht und das Kommen und Gehen ihrer Nachbarn beobachtet.
    Wenn man mehrere Käfige in einer Reihe erbaut, kann man deren Bewohnern in der Regel nur dann Einblick in den Nachbarkäfig bieten, wenn man die Trennwand aus Gitterwerk oder Draht errichtet. Das aber wäre aus zweierlei Gründen ungeeignet: Durch die Lücken im Gitterwerk oder Maschendraht lassen sich Finger oder Zehen hindurchstecken, in die der Nachbar dann hineinbeißen kann; außerdem ist die Streßsituation, die durch die ständige, schulternahe Gegenwart eines potentiellen Rivalen geschaffen wird, für jeden Menschenaffen, ja, für jedes Tier, so gutmütig es auch veranlagt sei, eine harte Belastungsprobe. Unser Architekt kam schließlich auf einen brillanten Einfall. Die Käfige wurden vieleckigförmig konstruiert, so daß sie einander zwar berührten, jedoch keine gemeinsamen Gitterwände hatten. Auf diese Weise konnte jeder Menschenaffe zumindest teilweise in den Nachbarkäfig und in den übernächsten Käfig hineinsehen.
    Dann mußten wir überlegen, wie die Käfigfronten aussehen sollten. Da es mit unseren Finanzen nicht zum besten stand, war an Drahtglas, wie wir es später für das Gorillahaus verwendeten, nicht zu denken. Wir mußten Metallgitter nehmen, da sie allein stabil genug sind, einem ausgewachsenen Gorilla, Orang-Utan oder Schimpansen standzuhalten. Die geraden, senkrechten Eisenstangen, die bei der viktorianischen Menagerie so gräßlich wirkten, wollte ich aber nicht haben. Nach vielem Überlegen und Experimentieren einigten wir uns schließlich auf ein Maschengitter (Baustahlgewebe) ähnlich jenem, das zur Verstärkung von Beton eingesetzt wird. Jede Lücke war etwa zwölf Zentimeter hoch und zwanzig Zentimeter lang, so daß sie die Form von Backsteinen hatten. Wir stellten fest, daß

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