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Die Titanic und Herr Berg

Die Titanic und Herr Berg

Titel: Die Titanic und Herr Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Fuchs
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ich mich nicht mal gewöhnen.
    «Was suchst du denn?»
    «Das Glück so wie jeder.»
    «Hier isses. Ich liege im Bett.»
    Sie liegt auf der Seite, den Kopf aufgestützt. Wenn sie so liegt, hat sie richtig Hüfte. Ich stecke mir eine Zigarette in den Mundwinkel und das fühlt sich doch auch schon mal gut an. Trockenrauchen ist wie Ficken ohne Orgasmus.
    Simsalabim ist Tanja angezogen und sagt, sie geht mir Feuer besorgen. Sie kann sich schnell an- und ausziehen. Und genauso schnell ist sie weg. Ich sitze auf ihrer Truhe, breitbeinig und nackt. Ich war noch nie allein in ihrer Wohnung. Ich könnte herumkramen, will aber nichts finden. Wenn ich einen Schrank bei ihr öffne, fällt mir eine Leiche entgegen, jede Wette. Thomas Gottschalk, mein Wetteinsatz ist meine Seele oder ich sing ein Lied. Ich will das alles nicht wissen, sonst hätte ich sie schon gefragt. Ich werde sie ganz andere Sachen fragen, wenn sie zurück ist. Wieso kommst du nicht? Ich bewege meine Hände haargenauso wie du. Das könnte sich doch gut anfühlen, du brüllst doch wie beim Sterben, dann stirb doch endlich mal.
    Sie ist wieder da, wirft den Schlüssel auf den Boden und sagt, es würde nach Rauch riechen. «Das fällt mir immer erst auf, wenn ich in die Wohnung zurückkomme», sagt sie und dass sie heute noch nicht draußen war. Das ist eine Verweigerung, meine Herrn, ich dachte, ich spiele nicht mit, aber sie spielt ja noch weniger mit, geht einmal am Tag raus, um Feuer zu kaufen und dann hat sie nicht mal Feuer gekauft, sie hat es aufgehoben. Sie hält mir das grüne ovale Feuerzeug hin, das auf der Straße lag. Hätte sie auch den Tampon mitbringen können und die vertrocknete Rose und Hundescheiße. Na mal sehn, isses tot oder nicht? Es geht! Heureka!
    Vielleicht lohnt sich bücken ja. Was ich von Tanja lerne: Bücken lohnt sich. Oder was ich über Tanja lerne: Sie bückt sich für mich. Ich rauche mich klar. Wie dieses Gespräch anfangen? So wie gestern? Gestern habe ich gefragt, warum sie nicht nur mit den anderen schläft, mit den Jungs, Schwänze wie Marmor, Potenz wie nix. Sie sagt, sie schläft mit mir, weil ich verdammt gut wäre.
    «Tanja?»
    «Ja!»
    «Kommst du, wenn du mit jemand anderem schläfst?» Ich schlage die Beine übereinander und klemme meinen Schwanz weg, da bleibt nur Muschiflaum. Das ist ein Frauengespräch, von Brust zu Brust, völlig Brigitte. Nicht dass es mich interessiert, ich werd nur irre.
    «Ich schlafe mit niemand anderem.»
    «Ach was?», sage ich zu dem Kaninchen von einer Frau, die kann Haken schlagen. «Wie hießen die doch noch alle? Torsten, Frank und Markus?»
    «Frank stimmt!», sagt sie.
    «Und?»
    «Ich hab Schluss gemacht.»
    Ich könnte mir gleich eine neue Zigarette anstecken. Erst mal muss ich aber die aktuelle ausdrücken, die ich wieder nur zur Hälfte aufgeraucht habe. Was das nun wieder soll? Passiert mir in letzter Zeit ständig. Ich habe gedacht, das hat irgendwas mit Lukas zu tun, dem ich in der Raucherecke weglaufe, bevor er fragt, wie es mir geht.
    «Und warum ist Schluss?», frage ich.
    «Weil wir mir reichen.»
    Wie aus der Pistole geschossen kommt die Antwort. Wo hat sie diese Sicherheit her, wenn es um mich geht? Ich weiß gar nichts, schon gar nicht, was ein «Wir» sein soll. Ist das vom Aussterben bedroht oder ist es gepunktet? Lebt es in Wassernähe oder auf einem Baum?
    «Und wieso kommst du dann nicht, wenn ich so gut bin und dir reiche?» Ich steck mir ’ne neue Zigarette an. Das Feuerzeug geht erst beim dritten Mal an, prima, nicht tot aber krank.
    «Weil ich nur bei Männern kommen kann, die ich liebe und die mich lieben.»
    Peng, wieder sone fixe Antwort. Denkt sie den ganzen Tag über so was nach?
    «Männer, die dich lieben», wiederhole ich. Dickes Ei, das! Wenn ich also will, dass sie kommt, muss ich sie lieben oder sie wenigstens anlügen, so einfach, so scheiße, einfach scheiße.
    «Und warum ist das so?»
    «Weil es Liebe machen heißt.»
    Ich kann darauf nur erwidern und das wenigstens auch schnell: «Ich weiß nicht», weil, es heißt ja auch schnackseln. «Und was machen wir dann?», frage ich und betone das hässliche Wort «machen».
    «Wir machen Sex», kommt ihre Schnellweisheit unter einer Sekunde.
    Ich drücke meine Zigarette wieder vor ihrem Ende aus. Warum tue ich das? Ich weiß nicht.
    «Warum rauche ich meine Zigaretten nicht auf?»
    «Weil du Sachen nicht zu Ende durchstehen kannst.»
    Aha. Ich weiß nicht. Ich spiele mit dem Feuerzeug. Klick –

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